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Echtzeit-Kompositionen – im Hier und Jetzt

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Kompositionen und Improvisationen von in Niedersachsen ansässigen Komponierenden
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Lüneburg. Im Rahmen des 48. Festivals NEUE MUSIK, das im Herbst 2022 in Hamburg und Lüneburg stattfand, war Ende Oktober unter dem Motto „Echtzeit-Kompositionen – im hier und jetzt“ ein in mancher Hinsicht einmaliges Komponistenkonzert des DTKV zu erleben. Austragungsort war der ausgezeichnete, moderne Konzertsaal der Musikschule der Hansestadt Lüneburg. Auf dem Programm standen Kompositionen beziehungsweise Improvisationen der in Niedersachsen ansässigen Komponistinnen Julia Habiger-Prause, Sigrid Heidemann und Wiebke Schröder sowie der Komponisten Christoph J. Keller, Hans-Christian Kossow und Ronald Poelmann.

Bei seiner Begrüßung wies Prof. H.W. Erdmann auf die Bandbreite des kompositorischen Schaffens im Landesverband Niedersachsen hin. Die Vorsitzende des Landesverbandes Niedersachsen Julia Habiger-Prause wiederum bedankte sich mit einem Blumenstrauß bei Prof. H.W. Erdmann für jahrelange Vorstandsarbeit.

Als erster Programmpunkt erklangen Improvisationen über Gedichte von Else Lasker-Schüler und Gisela Breidenstein. Sehr gut miteinander korrespondierend interpretierten Sigrid Heidemann (Sopran) und Julia Habiger-Prause (Klavier) das Gedicht „Der Abend“. Zarte Glockentöne des Klaviers sowie zarte, lyrische Melismen beim Gesang kennzeichneten diesen Vortrag. „Mein Tanzlied“ wurde als resoluter Tango eingeleitet und von der Sängerin in Brecht-Weillscher Manier dargeboten. Burlesk hingegen erklang die Kantate der Evolution in K-dur: von Kaskaden über Katzen und Kartoffeln zur Katastrophe.

Das Monodram für Akkordeon mit Sprechstimme von Christoph J. Keller wurde von Ute Pukropski (Akkordeon) mit nachdenklichen Worten eingeleitet. Ein Gedicht eines französischen Zwangsarbeiters wurde mit Clustern in tiefer Lage und atonaler Melodik kommentiert. Das Notturno des selben Komponisten ließ durch Einfallsreichtum, Kontraste und interessante klangliche Effekte aufhorchen.

Improvisationen über Oblivion von Astor Piazzolla brachten Wiebke Schröder (Klavier) und Sophia Grest (Cello) zu Gehör. Tango und klangschöner Jazz wurden hier zu einer Synthese gebracht. Die Cellistin konnte hier die Bass- und Tenorbereiche ihres Instrumentes gut ausleuchten. Zwei weitere für diese Besetzung geschriebene Stücke von Wiebke Schröder, Passacaglia plus und „Angst“ verwendeten Aleatorik, ebenfalls verbunden mit wohlklingendem Jazz.

Hans-Christian Kossow war der Komponist der folgenden beiden Violin-Duos, einfühlsam interpretiert von Mareike Strootmann und Jan Lehmann.  Im freitonalen ersten Duo „Im Schattenreich“ mit meditativem bis expressivem Charakter ließen die beiden Ausführenden den Geigenton zum Erlebnis werden. Das zweite Duo nach Versen aus dem Brief des Paulus an die Hebräer entwickelte sich aus einem aufstrebenden Dreiklang mit schroffen Einwürfen. Auch hier meisterten Mareike Strootmann und Jan Lehmann die technischen Herausforderungen so, dass sie in den Dienst der Sache gestellt wurden.

Den Abschluss dieses abwechslungsreichen Konzertabends bildeten drei Stücke aus dem Klavieralbum Zodiaque (Tierkreis) von Ronald Poelmann, der selbst als Interpret am Klavier zu hören war. Das erste Stück „Krebs“ verlief romantisch bewegt und endete wie auch die beiden weiteren Stücke in einem unaufgelösten Schlussakkord. Für das zweite Stück „Skorpion“ verwendete der Komponist Oktavgänge, die linke Hand führte dann brausend zur Reprise hin. Das dritte Stück „Fische“ wurde seinem Titel durch strömenden Legato-Fluss gerecht.

Ein besonderes Konzert hinterließ ein angeregtes Publikum, das sich anschließend noch gerne weiter im Konzertsaal und im Foyer aufhielt, um sich über das Erlebte auszutauschen.

 

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