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Ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang

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Zentralisierung der Theater-Werkstätten als Sparpotenzial einer neuen Service-GmbH
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Die Strukturreform der Berliner Opern-häuser soll zur Gründung einer hauptstädtischen Opernstiftung führen. Werkstatt- und andere Leistungen will man bei einer privatwirtschaftlich organisierten Bühnenservicegesellschaft zentralisieren. Die Firma ICG culturplan aus Krefeld, die schon die Gründung der Werkstatt-Holding in Wien begleitete, schlägt in einem vom Kultursenat teuer bezahlten Gutachten fünf Modelle für die künftige Strukturierung der Theater-Dekorationswerkstätten vor. Von der Beibehaltung des Status Quo bis zum Neubau reichen die Varianten.

Anfangs sollte die Service-GmbH noch mehr Querschnittbereiche „nichtkünstlerischer Art“ umfassen. Doch alles, was mit Finanzen zu tun hat, wollten sich die Intendanten nicht entziehen lassen. Auch das Marketing wird inzwischen als „strategische Aufgabe der Stiftung“ selbst gesehen. Übrig bleiben Werkstatt- und Transportleistungen sowie EDV. Ein wirtschaftliches Abenteuer mit ungewissem Ausgang? Dafür sprechen zumindest Indizien. Die Gutachter gehen nach den Wiener Erfahrungen davon aus, dass „die Nachfrage nach Werkstattleistungen... abnehmen wird“ und dass der jetzige Personalstand „gemessen am Bedarf der beteiligten Häuser“ – den man aber nicht genau bestimmen kann – „noch zu hoch liegt“. Nach Berechnung aller Varianten „empfiehlt“ man „den Neubau von Dekorationswerkstätten“. Praktiker fürchten Schlimmes. „Der künstlerische Arbeitsprozess muss als Ganzes gesehen werden, wir sind nicht abzulösen vom Rest“, empört sich Frank Mittmann. Der Leiter der „Volksbühne“-Werkstätten in der Thulestraße sieht sich als Chef manufaktuell arbeitender Gewerke, die ganz der Spezifik ihres Theaters dienen.“

Die Volksbühne lebt von Spontaneität, reagiert oft schnell auf aktuelle Ereignisse. Dann müssen auch wir uns ändern, sozusagen als mobile Einheit. Unser Chefbühnenbildner hat uns kürzlich als seine ‚Familie‘ bezeichnet. So sehen wir uns auch.“ Hinter allen Konzepten zu Zentralisierung und „Verschlankung“ sieht Mittmann viel Unehrlichkeit und wenig Sachkunde.
Dass es möglich, aber nicht einfach ist, für mehre Bühnen zu arbeiten, hat die Staatsopernwerkstatt über Jahrzehnte bewiesen. Auf dem 1.500-Quadratmeter-Komplex an der Chausseestraße in Berlin-Mitte wurden sowohl die Deutsche Staatsoper als auch das Deutsche Theater und das Berliner Ensemble bedient.

Opernarbeit hat lange Vorlaufzeiten. Die Sprechtheater, zuletzt nur noch das DT, benötigen flexibleres Reagieren, fühlten sich wohl auch ein wenig zurückgesetzt. Baulich ist man hier jedoch auf mehrere Kunden eingerichtet. Malsaal-Chef Thomas Feig betont weitere Standortvorzüge: „Die ideale Lage, sehr gut ausgebildetes Personal und ein sehr guter Maschinenpark.“ Die Variante, die Staatsopernwerkstätten zu Zentralwerkstätten auszubauen, verwerfen die Gutachter mit dem Verweis auf vermeintliche 60 Millionen Euro Umbaukosten.

Eine zentrale Werkstatt als GmbH an einem Neubaustandort – 38 Millionen veranschlagen hierfür die Befürworter – hält Feig für die schlechteste Lösung: „Wenn man die Werkstätten von den Häusern löst, sie privatwirtschaftlich abrechnen lässt, bindet das Zeit und Arbeitskräfte, die nicht kreativ sind. Der Verwaltungsaufwand wird wachsen.“

„Eine Ausgliederung der Werkstätten als GmbH macht keinen Sinn“, bringt es Klaus Grunow, ver.di-Fachgruppenvorsitzender im Landesbezirk, auf den Punkt. Künstlerisch sei sie kontraproduktiv. Doch die Theater würden auch nicht preiswerter kommen, wenn ihnen künftig vom Strom bis zum letzen Nagel volle Preise in Rechnung gestellt würden. Die Wiener Holding und ihre Auslastungsprobleme belegten das. Synergien seien schließlich auch über verstärkte Kooperation bei Einkauf, Lagerhaltung, Transporten denkbar – „es sei denn, man will nur in diesen Größenordnungen Personal abbauen und an der Tarifschraube drehen“.

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