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Thomas Pfiffner. Foto: Heidi Mühlemann
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Eine Empfehlung gibt es nur für die Vielversprechenden

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25 Jahre Orpheum Stiftung in Zürich: Thomas Pfiffner erläutert das exklusive Förderkonzept für junge Solisten
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Baiba Skride, Renaud und Gautier Capuçon, Alice Sara Ott, Nicolas Altstaedt oder auch Martin Grubinger sind nur einige der vielen prominenten Namen aus der Liste der Solisten, die in den vergangenen 25 Jahren von der Schweizer Orpheum Stiftung gefördert wurden. 1990 von kulturbegeisterten Unternehmern unter der Führung des Verlegers Hans Heinrich Coninx gegründet, begeht die Stiftung Anfang September ihr 25. Jubiläum mit vier Konzerten in der Tonhalle Zürich. Andreas Kolb unterhielt sich mit dem Geschäftsführer der Stiftung, Thomas Pfiffner, über das außergewöhnliche Konzept der Künstlerförderung durch Orpheum.

neue musikzeitung: Wie werden Sie das Jubiläum feiern?

Thomas Pfiffner: Wir machen das mit einer Konzertreihe in der Tonhalle Zürich mit vier großen Orchestern und vier internationalen Dirigenten und einer Auswahl unserer aktuellen Stipendiaten als Solisten. Unter anderem werden die Wiener Symphoniker mit Philippe Jordan und das Baltic Sea Youth Orchestra mit Kristjan Järvi ihr Debüt in Zürich geben. Dies repräsentiert unseren eigentlichen Stiftungszweck ganz ideal. Die Stiftung initiiert so Begegnungen der jungen Solisten zwischen den großen Maestri unserer Tage und berühmten Orchestern.

nmz: Wie sehen Ihre Zukunftspläne für die Förderarbeit der Stiftung aus?

Pfiffner: Was sicher bleibt, ist die Begegnung, die künstlerische Auseinandersetzung, das Suchen von renommierten Musikerpersönlichkeiten, die auch ein Interesse daran haben, etwas von ihrer Erfahrung weiterzugeben. Man muss jedoch auch pragmatisch fragen: Was ist rein vom Förderinstrument her nützlich für die jungen Talente? Daher haben wir seit letztem Jahr begonnen, Videofilme zu drehen, die auch die Social Media bedienen können. Wir werden künftig jedem Solisten ein Videoportrait zur Verfügung stellen, die Rechte dafür eingeschlossen. Wir haben weiter vor, ein kleineres Konzertformat auszuprobieren, bei dem sich ein junger Künstler zusätzlich mit einem Interview vorstellen kann. Da haben wir das Glück, dass der Schweizer Moderator und bekannte TV-Macher Kurt Aeschbacher sich für dieses Format zur Verfügung stellt. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir in München die erste Aufnahme mit dem Münchener Kammerorchester gemacht: Das ist der Auftakt zu einer im Dezember startenden CD-Reihe, die wir für Sony planen.

nmz: Kann man heute überhaupt auf dem gesättigten CD-Markt noch etwas für junge Solisten ausrichten?

Pfiffner: Im Konzertwesen sind wir der Ansicht, dass Standardwerke das Richtige sind. Daran werden Solisten gemessen und da können sie auch am meisten vom Austausch mit den erfahrenen Maestri profitieren. Auf der CD-Schiene haben wir entschieden, dass wir Raritäten und Ersteinspielungen von Werken aus dem 18. Jahrhundert produzieren – da arbeiten wir auch mit Musikwissenschaftlern zusammen. Wir haben mit Sony und neu zusätzlich mit dem Bayerischen Rundfunk zwei Partner, die Interesse haben, diese Förderschiene in Kooperation zu fahren.

nmz: Spielt Neue Musik in der Förderung eine Rolle?

Pfiffner: Unser Förderschwerpunkt liegt bei Solisten-Förderung, aber die Orpheum Stiftung hat in den letzten Jahren bereits fünf Auftragswerke an zeitgenössische Komponisten vergeben und im Jubiläumsjahr ist jetzt ein weiterer Kompositionsauftrag an den jungen litauischen Komponisten, Dirigenten und Performer Gediminas Gelgotas erteilt worden, um neue musikalische Ausdrucksformen zu erproben. Die Uraufführung wird im Rahmen des Abschlusskonzerts am 12. September mit dem Baltic Sea Youth Orchestra unter der Leitung von Kristjan Järvi in der Tonhalle Zürich stattfinden. Eine Uraufführung steht nicht nur am Ende der Konzertreihe, sondern auch zu Beginn am 30. August. Beim Auftaktkonzert zum Stiftungs-Jubiläum in der Zürcher Tonhalle mit dem Tschaikowsky Sinfonieorchester Moskau unter der Leitung von Vladimir Fedoseyev kommt das jüngste Werk des ukrainischen Komponisten Valery Kikta zur Aufführung.

nmz:  Wie hat sich der Konzertbetrieb beziehungsweise der Markt für Künstler in den letzten 25 Jahren verändert?

Pfiffner: Es braucht noch mehr, um sich durchzusetzen, der Wettbewerb für junge Musiker ist noch härter geworden. Denn der Markt ist stärker segmentiert als vor 25 Jahren, angefangen beim Geographischen. Nehmen wir Beatrice Rana, die wir letztes Jahr mit einem Konzert mit einem italienischen Orches-ter und Zubin Mehta förderten: Sie hatte 2013 in Amerika beim „Van Cliburn“-Klavierwettbewerb mit einer Silbermedaille großen Erfolg. Beatrice Rana war wahnsinnig glücklich über unser Engagement, zumal sie im deutschsprachigen Raum trotz des Erfolgs in Amerika noch nicht bekannt war. Das Konzert in der Tonhalle hat ihr wirklich viel gebracht, im deutschsprachigen Raum insgesamt und auch in Italien. Es ist aber unrealistisch anzunehmen, dass man mit einem Auftritt die ganze Welt für einen jungen Künstler einnehmen kann.

Wir wollen unsere jungen Solisten aber auch in den Medien vorstellen, daher arbeiten wir anlässlich des 25. Stiftungs-Jubiläums erstmals mit externer Kommunikations-Verstärkung. Dies ist ein zusätzlicher Service, von dem die jungen Musiker profitieren.

nmz: Wie unterscheidet sich Ihr Förderkonzept von dem großer Wettbewerbe?

Pfiffner: Bei uns gibt es keinen Wettbewerb, sondern bei Orpheum werden junge Musiker vorgeschlagen. Diese Empfehlungen kommen von den Mitgliedern unseres Kuratoriums, das sind in erster Linie bekannte Dirigenten. Wenn uns ein Zubin Mehta oder ein Mariss Jansons ein junges Talent empfiehlt, dann hat er dieses in der Regel mehrfach, mit unterschiedlichem Repertoire, auch im persönlichen Gespräch, bei Konzerten, bei Vorspielen erlebt. Deshalb bin ich überzeugt, dass diese Empfehlungen ziemlich treffsicher sind. Die Liste unserer bisherigen Solisten zeigt dies auch.

nmz: Die Heimat der Orpheum Stiftung ist Zürich. Wo treten Sie mit Ihren Aktivitäten sonst noch in Erscheinung?

Pfiffner: Grundsätzlich gab es immer wieder Abstecher: etwa zu den Salzburger Festspielen, oder nach Basel, wo wir über Jahre regelmäßig Konzerte veranstaltet haben. Jetzt kommt durch das Münchener Kammerorchester und den Bayerischen Rundfunk wieder München mehr in den Fokus. Die eingeladenen Orchester kommen von überall her: aus Moskau, aus Florenz, aus Wien, auch die Bamberger waren regelmäßig in früheren Jahren dabei. Da bemühen wir uns um Internationalität. Es gibt auch eine weitere neue Idee, das ist das Förderrezital, wo wir statt mit berühmten Orchestern und Dirigenten eben mit erfahrenen Pianisten zusammenarbeiten. Diese Idee möchten wir künftig auch vermehrt exportieren.

nmz: Sie machen für die Tonhalle ein Programm und vermarkten das dann?

Pfiffner: Genau. Fazil Say wird diese Idee erstmals umsetzen. Er wird mit zwei jungen Solisten ein Duo-Repertoire erarbeiten. Meine Hoffnung ist, dass wir dieses Programm dann mit vergleichbar geringem Aufwand Veranstaltern in anderen Städten offerieren können.

nmz: Wie stelle ich mich als Künstler der Stiftung Orpheum am besten vor?

Pfiffner: Die beste Möglichkeit ist, wenn Sie Mitglieder unseres Kuratoriums kontaktieren und diese um eine Empfehlung bitten. Die werden natürlich nur eine Empfehlung schreiben, wenn sie entsprechende Erfahrungen und Austausch mit einem jungen Talent hatten. Ansons-ten gibt es auch ein Bewerbungsverfahren. Zudem können uns auch Agenturen Solisten vorschlagen. Der künstlerische Leiter Howard Griffiths hat die Aufgabe, sich diese Vorschläge anzusehen. Es kommt regelmäßig vor, dass wir Bewerbungen berücksichtigen.

nmz: Agenturen sind also ein wichtiges Bindeglied zur Stiftung?

Pfiffner: Durchaus. Häufig etabliert sich ein Dreieck, etwa mit der Tonhalle-Gesellschaft und ihrer „Série jeunes“. Da gibt es Momente, wo gemeinsam strategische Überlegungen angestellt werden: Wenn die Tonhalle etwa einen Solisten im Rezital in der Série jeunes präsentiert und dieser dann mit Orpheum ein Orchesterkonzert machen kann, ziehen wir am selben Strang. Bei Kian Soltani war das so, bei Aaron Pilsan auch.

nmz: Seit wann ist Howard Griffiths der künstlerische Leiter?

Pfiffner: Howard Griffiths ist seit 2001 in dieser Funktion. Er ist ein äußerst vielseitiger Musiker und hat natürlich in seinem langen Dirigierleben schon mit sehr vielen Solisten zusammengearbeitet. Er tritt bei uns aber grundsätzlich selten als Dirigent auf, außer im Rahmen der CD-Reihe mit dem Münchener Kammerorchester. Gerade im Bereich Kammerorchester ist er ja besonders erfahren, sehr renommiert und auch äußerst inspirierend bei der Studioarbeit.

nmz: Griffiths ist der Musik-Profi. Der Gründer der Orpheum-Stiftung, der Verleger Hans Heinrich Coninx, dagegen ein Liebhaber?

Pfiffner: Hans Heinrich Coninx ist durch seine Leidenschaft für Musik auf dieses Feld gestoßen. Sein Engagement ist eine wunderschöne Mischung aus Liebhaberei, Spontaneität und Hartnäckigkeit – und in erster Linie natürlich Großzügigkeit! Sehr zur Freude von jungen Solis-tinnen und Solisten.

nmz: Wie finanziert sich die Stiftung?

Pfiffner: Es ist ein rein privates Modell mit verschiedenen Säulen. Orpheum bietet interessierten Unternehmen maßgeschneiderte Sponsoring-Angebote in einem elitären Umfeld. Mindererträge, wie sie sich am Sponsoringmarkt, der ein Teil unserer Einnahmen ist, ergeben können, werden durch Zuwendungen von privaten Gönnern ausgeglichen. Deshalb können wir von einer stabilen Basis ausgehen. 

www.orpheum.ch

  • Sonntag, 30. August, Tschaikowsky Sinfonieorchester mit Vladimir Fedoseyev, Uraufführung eines Werks von Valery Kikta
  • Freitag, 4. September, Wiener Symphoniker mit Philippe Jordan
  • Sonntag, 6. September, Tonhalle-Orchester Zürich mit Sir Neville Marriner
  • Samstag, 12. September, Baltic Sea Youth Philharmonic mit Kristjan Järvi, Uraufführung eines Werks von Gediminas Gelgotas
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