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„Für die Musik gebrannt“

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Zum Tod des Chordirigenten Wolfgang Helbich
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Noch im März war er mit dem Bremer RathsChor und Bachs „Johannespassion“ auf Frankreich-Tournee. Am 8. April, genau an seinem 70. Geburtstag, wurde der Bremer Domkantor i. R. Wolfgang Helbich mitten aus dem Leben gerissen. Er starb an den Folgen eines schweren Schlaganfalls, den er kurz vor seinem Geburtstag erlitten hatte.

Helbich hat unzählige Menschen für die geistliche Chormusik begeistert. 1971 gründete er als Kantor in Hessen das Alsfelder Vokalensemble (AV). Bis zuletzt dirigierte er diesen anspruchsvollen Chor mit Mitgliedern aus ganz Deutschland, die sporadisch Konzerte geben und CDs einspielen.

1972 bis 1976 leitete Helbich an seinem Geburtsort Berlin die Kantorei der Grunewaldkirche, danach 32 Jahre lang den Bremer Domchor. Mit ihm unternahm er Tourneen in Europa, USA und Israel. Seine Aufnahme des Brahmsschen „Deutschen Requiems“ wurde mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Auch im Pensionsalter wäre Helbich gerne im Amt geblieben, doch die Domgemeindeleitung lehnte dies ab und setzte sich bei der Auswahl des Nachfolgers über den Wunsch der Chormehrheit hinweg. Daraufhin wechselten viele Domsänger in den eigens für Helbich gegründeten Raths­Chor, mit dem er seine angesehene Arbeit fortsetzte. Daneben dirigierte der rastlose Nachtmensch, der Raubbau an seinem Körper trieb, auch noch den Chor des Musikvereins der Stadt Bielefeld und bekleidete Professuren für Chorleitung in Bremen und Saarbrücken.

Wie sehr er geschätzt und von vielen geradezu verehrt wurde, zeigte die Trauerfeier: 800 Menschen versammelten sich im Bremer Dom. AV, Dom- und RathsChor sangen dabei erstmals gemeinsam. Altbürgermeister Henning Scherf, zugleich Präsident des Deutschen Chorverbands und RathsChor-Vorstand, nannte Helbich einen „sehr frommen Mann“, der „für die Musik gebrannt“ habe. Nacht für Nacht habe er alte Notenhandschriften studiert und dabei Entdeckungen gemacht, etwa das „Abendlied“ von Josef Gabriel Rheinberger aufgespürt. Helbich, so Scherf, habe „uns gelehrt, dass Bach der fünfte Evangelist ist“.

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