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Gefummel im Probenkeller

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Dozent für Popmusik erteilt neue Lektionen
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Markus Lonardoni: Popularmusiklehre. Pop, Rock, Jazz, Reclam Wissen UB 9604, Stuttgart 1996. Philipp Reclam jun., 352 Seiten mit Begleit-CD im Schuber.Vor einigen Jahren wurde Frank Zappa gefragt, was sich denn gegenüber der Rockmusik in den 70er Jahren positiv geändert habe. Seine überraschende Antwort lautete, die Musiker könnten endlich Noten lesen, so daß nun einiges mehr gemacht werden könne als früher. So ähnlich ist auch die Meinung von Markus Lonardoni, der an diversen Hochschulen Popmusik doziert, zahlreiche Musiken zu Filmen von Doris Dörrie, Robert van Ackeren und ARD-„Tatort“-Produktionen komponierte und just eine Popularmusiklehre veröffentlicht hat. Das als autodidaktische Lehrbuch konzipierte Reclam-Bändchen soll die Grundzüge der Harmonielehre, der Komposition und des Arrangements vermitteln, wie sie im Umgang mit Pop, Rock und Jazz nötig sind. Denn wer diese fundamentalen Dinge nicht kennt, das heißt: wer sie nicht benennen und mit ihnen auch rational arbeiten kann, wird „aller Erfahrung nach nie wirklich erfolgreich“ (S. 15). Das mag stimmen oder nicht. Für Arrangements im Bereich größerer Formationen, für das Arbeiten mit Studiomusikern etc., überall da also, wo Notenschrift erforderlich ist, stimmt das zweifellos. Ob Crunchies oder Techno-Freaks und Ambient-Bastler - Sven Väth kann keine Noten lesen und sein Erfolg steht außer Frage - das auch zwingend benötigen, sei dahingestellt. Sie reüssieren, und das sei ihnen auch ohne Notenkenntnis herzlichst gegönnt. Trotzdem gibt es sicher viele Leute, die sich schon seit langem wünschen, in die Geheimnisse musikalischer Gestaltung tiefere Einblicke nehmen zu dürfen und das harmonische wie rhythmische Rumgefummel im Probekeller ein wenig besser in den Griff zu bekommen, damit es beim nächsten Probeact noch in etwa wiederzuerkennen ist. Für solche Menschen ist Markus Lonardonis Musiklehre vom Popularen sicherlich eine große Hilfe. Übrigens nicht nur den jüngeren Musikmachern, auch älteren kann das leicht zu lesende Lehrbuch gut unter die Arme greifen. Alles wird man natürlich nicht auf Anhieb verstehen können; es ist schon gut, jemand in der Nähe zu wissen, der bei dem ein oder anderen Fachwort und den komplexeren musikalischen Zusammenhängen Näheres zu erläutern und zu veranschaulichen weiß. Darüber hilft auch die Begleit-CD (77 Tracks), die die im Text besprochenen Beispiele hörbar macht, nicht völlig hinweg. Auch die pädagogischen Aufgaben zur freiwilligen Selbstkontrolle, die die einzelnen Kapitel beschließen (die Lösungen befinden sich im Anhang), dürften also nicht für einmütig restloses Verständnis sorgen. Ohne Zorn und mit viel Eifrigkeit mag man sich aber auch einen Weg durch das Buch bahnen und manches anschließend besser, sicher aber bewußter auf dem Klavier oder der Gitarre spielen können. Dabei muß niemand ein Freund der traditionellen oder modernen E-Musik sein; denn E-Musikalisches streift Lonardoni nur dort, wo es sich nicht vermeiden läßt, nämlich bei den musikalischen Notationsgrundlagen, die sich einige Jahrhunderte zuvor die E-Musik, als sie eine solche Rubrizierung noch nicht kannte, zugeeignet hat und die heut- zutage als globales Musik-Esperanto Geltung hat. Und Notenlesen an sich kann ja wohl sowieso nicht schaden, auch wenn sich beim Selbstmusikmachen herausstellt, das man und frau auch ohne das Selbststudium einer Popularmusiklehre ganz schöne Erfolge einheimsen können. Aber warum es nicht mal mit der Lonardoni-Methode probieren, das finanzielle Risiko ist gering.

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