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Hochschule für Franken, Schwaben und die Welt

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nmz-Gespräch mit dem Gründungs-Präsidenten Franz Müller-Heuser über Pläne und Projekte
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Was hat Sie persönlich bewegt, sich aus dem verdienten Ruhestand als emeritierter Rektor der Kölner Musikhochschule in den Unruhestand des Gründungsrektors der neuen Musikhochschule Nürnberg-Augsburg zu begeben?

Ein anachronistischer Akt – oder ein typischer Fall von: In Bayern gehen die Uhren anders – und im Zweifelsfall richtig? Während bei der Konferenz der Musikhochschul-Direktoren laut über Studentenzahl-Begrenzung und gar Institutsschließungen nachgedacht wird, gründet der Freistaat in Zeiten knapper Kassen eine neue Musikhochschule. Theo Geißler sprach mit dem Gründungspräsidenten Franz Müller-Heuser über die Planung. nmz: Was hat Sie persönlich bewegt, sich aus dem verdienten Ruhestand als emeritierter Rektor der Kölner Musikhochschule in den Unruhestand des Gründungsrektors der neuen Musikhochschule Nürnberg-Augsburg zu begeben? Franz Müller-Heuser: Ich war gerade ein Jahr in dem von Ihnen als verdient bezeichneten Ruhestand, als ich gefragt wurde, ob ich bereit sei, Gründungspräsident der neu zu errichtenden Hochschule für Musik Nürnberg- Augsburg zu werden. Nach kurzer Bedenkzeit habe ich gerne ja gesagt, da es mich reizte, meine 27-jährige Erfahrung, die ich in der Leitung der Musikhochschule Köln gewonnen habe, noch einmal fruchtbringend einzusetzen. Neugründungen habe ich zeit meines Lebens immer als notwendig, spannend und belebend empfunden. Ihre Rektorenkollegen jammern seit Jahren über zu viele Musikstudenten – und auch über zu viele Musikhochschulen. Arbeitslosigkeit für Musiker sei programmiert. Weshalb trotzdem Nürnberg-Augsburg?

Müller-Heuser: Sowohl in Nürnberg als auch in Augsburg gab es Fachakademien, die ausschließlich Berufsstudierende, allerdings auf sogenanntem „mittlerem Niveau“ ausbildeten. Schon 1994 habe ich als Vorsitzender des damals von der bayerischen Landesregierung eingesetzten Strukturbeirates darauf hingewiesen, dass die Anforderungen der Gesellschaft an die verschiedenen musikalischen Berufsfelder erheblich gestiegen sind, so dass nur noch Musiker und Musikpädagogen benötigt werden, die an Hochschulen studiert haben. Nur dort sind die notwendigen Komponenten der künstlerischen Ausbildung gewährleistet. Solisten wie Orchestermusiker, Dirigenten wie Komponisten konkurrieren auf dem Markt mit den bestausgebildeten Musikern der ganzen Welt. Eine mittlere Qualifikation hat heute keine Chance mehr. Im Zusammenhang mit der Diskussion über die notwendige Anzahl der Hochschulen in Deutschland und die Höhe der Studentenzahlen bin ich darüber hinaus der entschiedenen Meinung, dass im Vergleich mit anderen Flächenstaaten drei Musikhochschulen in Bayern ebenso maßvoll wie angemessen sind.

Neue Anforderungsprofile

Sie haben – zumindest für Bayern – neue Studiengänge konzipiert und eingerichtet. Was tut sich für welche neuen Fächer, welche Abschlüsse kann man erreichen?

Müller-Heuser: Wir haben verstärkt darüber nachgedacht, wie die Absolventen der Musikhochschulen für ihre Berufschancen bessere und neue berufliche Möglichkeiten erhalten können und haben unsere Studiengänge auf neue Anforderungsprofile hin konzipiert:

  • die Angebote für die Monokultur der Instrumental- und Gesangsausbildung werden erweitert um Ensemblespiel, Aufführungspraxis, Interpretation und Improvisation;
  • die einzelnen Studiengänge sind eng und einsichtig aufeinander bezogen, um vielfältige und veränderliche Berufskompetenz durch Wahlmöglichkeiten erwerben zu können und Studienwechsel oder Zweitstudiengänge einfacher zu ermöglichen;
  • der Zusammenhang von Musizieren, Musikverstehen und Musikpädagogik wird in einen kulturgeschichtlichen und kulturanthropologischen Kontext gestellt;
  • die Musikhochschule wird als eine Werkstatt des Musiklebens und des Musizierens durch Veranstaltungen aus allen Bereichen aktiv in die Öffentlichkeit hineinwirken.

Als besondere Studiengänge mit Diplomabschluss haben wir eingerichtet: Alte Musik, Musiktheater, Blasorchesterleitung sowie Jazz und (noch in Planung) Musiktherapie. Darüber hinaus soll ein besonderer Schwerpunkt gelegt werden auf den Umgang mit den vielfältigen Medien, die unser Leben heutzutage mitbestimmen.

Neue und bekannte Namen

Es ist Ihnen gelungen, eine Reihe namhafter Dozenten und Professoren zu verpflichten. Einige Namen zum Beispiel.

Müller-Heuser: Wir haben Uwe Kleindienst (Trompete), Prof. Julius Berger (Kammermusik), Daniel Gaede (Violine), Maurice Hamers (Blasorchesterleitung), Siegfried Jerusalem (Gesang), Prof. Hansjörg Angerer (Horn), Dr. Ines Mainz (Musikpädagogik), Wolfgang Manz (Klavier), Prof. Edith Wiens (Gesang) verpflichtet.

Was geschieht mit dem bisherigen Lehrkörper der beiden „alten“ Konservatorien?

Müller-Heuser: Die Kolleginnen und Kollegen der ehemaligen Konservatorien, die Studierenden und die Verwaltung wurden an die neue Hochschule überführt. In einem besonderen Evaluationsverfahren wird vom bestehenden Berufungsausschuss in Abstimmung mit einem vorgegebenen Stellenplan die Professorabilität der vorhandenen Lehrer und Lehrerinnen festgestellt. Diejenigen, die nicht zum Professor berufen werden, stellen dann den sogenannten Mittelbau der Hochschule.

Zahlen Sie besser als andere? Was macht Nürnberg-Augsburg so attraktiv?

Müller-Heuser: Nein, leider nicht. Wir sind, da der bayerische Freistaat beim Personaltitel mit 60 Prozent beteiligt ist, an die allgemeinen Vergütungssätze gebunden. Aber für viele ist eben nicht das Gehalt das Wichtigste sondern die Chance, an einer neu gegründeten Hochschule ausgetretene Pfade zu verlassen, Visionen zu entwickeln und in die Realität umzusetzen. Dazu kommt sicher auch, dass beide Standorte alte geschichtsträchtige, glanzvolle Reichsstädte von besonderer Schönheit sind, die ihre kulturelle Ausstrahlung erhalten und ausbauen konnten.

Wie wollen Sie um Studenten werben, wo setzen Sie im harten Konkurrenzkampf der Hochschulen die Schwerpunkte?

Müller-Heuser: Studenten kommen zu den Lehrern ihrer Wahl, von denen Sie sich die Entwicklung ihrer späteren Berufsfähigkeit erwarten. Mit anderen Worten, die Konkurrenzfähigkeit einer Hochschule hängt ganz wesentlich von der künstlerischen Kompetenz ihrer Professoren ab, die möglichst auf internationalen Podien erworben sein sollte und von ihrer ausgereiften pädagogischen Erfahrung und Eignung.

Eine ganz persönlich gemeinte Frage: Wie lange werden Sie Rektor der neuen Hochschule bleiben – was sind Ihre persönlichen Wunschvorstellungen für das neue Institut?

Müller-Heuser: Sobald eine genügende Anzahl Professoren ernannt worden ist, wird ein Senat gewählt, der seinerseits den Rektor und die Prorektoren bestimmt. Das genau ist dann das Ende meiner Amtszeit als Gründungspräsident. Dann wünsche ich der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg mit der Bass-Arie aus Johann Sebastian Bachs Bauernkantate, die ich so oft gesungen habe: „Dein Wachstum sei feste und lache vor Lust“.

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