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Jugend musizierte, feierte und ließ sich feiern

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Musikzweig der Latina August Hermann Francke in Halle glänzte mit Preisträgern
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Eine der renommiertesten Ausbildungsstätten für Musik in Deutschland beging ihren 40. Geburtstag. Der Musikzweig der Latina August Hermann Francke in Halle an der Saale glänzt im Jubiläumsjahr 2005 mit 23 Preisträgern auf Bundesebene des Wettbewerbes ”Jugend musiziert“. Und es gab noch einen Grund zum Feiern: Im vierten Jahrzehnt wurden neue Gebäude bezogen, Schul-Musik- und Internatsräume befinden sich nunmehr in den Franckeschen Stiftungen, einem außerordentlich schönen Fachwerkbau.

Gegründet wurde die Schule 1965 unter der damaligen Bezeichnung Spezialschule der Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ Leipzig. An allen vier Musikhochschulen der DDR wurden zu dieser Zeit Spezialschulen eingerichtet, weil es an gut vorbereitetem Nachwuchs mangelte. Die Ausbildung konnte ab der sechsten Klasse, also mit circa zwölf Jahren, nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung begonnen werden. Sie umfasste neben den allgemeinbildenden Fächern den Instrumentalunterricht mit zahlreichen Zusatzfächern. Die Bewerber kamen aus allen Bezirken der DDR, was einen Internatsbetrieb erforderlich machte. Unterrichtet wurden die Schüler von Lehrkräften der Hochschule. Ein wöchentliches Pensum von 62 Stunden (Unterricht in den vorgegebenen Fächern plus instrumentaler Übezeit) war keine Seltenheit, obwohl eine „Dehnung“ des Unterrichtsstoffes in der Allgemeinbildung bereits erfolgt war. Trotzdem gingen die Klassen meist „geschlossen“ zum Studium; nur in Ausnahmefällen wurde ein anderer beruflicher Weg eingeschlagen. Nach der „Wende“ kamen auch die Spezialschulen auf den Prüfstand. Als Orte des Drills in Verruf, weil unbesehen beurteilt, durch die Länderreform, die Veränderung der Zuständigkeiten und nach der Frage der Finanzierbarkeit sah man ihre Existenz bedroht. Zudem mussten die Häuser aus verschiedenen Gründen geräumt werden. Weiterhin musste überlegt werden, wie eine Einbindung in das neue bundesdeutsche Schulsystem erfolgen soll, arbeitsrechtliche Fragen standen zur Debatte. Zähen Kämpfernaturen aus dem Schulamt ist es zu verdanken, dass letztendlich durch die Errichtung eines Musikzweiges an der Latina eine Lösung gefunden wurde, mit der man leben kann. Jedes Konzept erleidet Einbußen in der Praxis. Da die Ausbildung nun innerhalb eines gymnasialen Zweiges erfolgt, mussten minimale Abstriche im musikalischen Bereich hingenommen werden. Die neu restaurierten Gebäude der Franckeschen Stiftungen bieten ein ideales künstlerisches Umfeld. Die Regierung von Sachsen-Anhalt und auch die Stadt Halle sind sich der Hochkarätigkeit des Musikzweiges mit derzeit 127 Schülern bewusst. Bei dem Sparzwang allerorten verdient es besonderes Lob, dass der Wert einer musikalischen Ausbildung, die ja sehr kostenintensiv ist, dort erkannt wurde. Zudem hält ein 1991 gegründeter Förderverein Instrumentalausbildung die Fäden mit in der Hand und übernimmt die Aufgaben, „die die Schule auf Grund fehlender gesetzlicher Sonderregelungen für die Spezialausbildung Musik nicht mehr leisten konnte“ (Helga Seidel). Der Verein organisiert Proben- und Orchesterlager, Orchesterreisen, Konzerte und engagierte sich bei den umfangreichen Vorbereitungen des Festes.

Der Jubilar überraschte die vielen Gäste (ehemalige Schulleiter, Lehrer und mehrere hundert Schüler) mit einem opulenten Festprogramm, welches mit der Aufführung von Orffs „Carmina burana“ in der Konzerthalle Ulrichskirche einen ergreifenden Höhepunkt erreichte. Die zahlreichen Ansprachen der Persönlichkeiten aus Politik und Kultur, an der Spitze Kultusminister Prof. Dr. Jan-Hendrik Olberts, zeugten von Kompetenz und dem Wissen um die Notwendigkeit einer solch intensiven Ausbildung. Von all den Schwierigkeiten, die die Schule in den letzten Jahren zu bewältigen hatte, war kaum etwas zu spüren. Und dass das hohe Niveau gehalten werden konnte, bezeugen letztendlich die überragenden Wettbewerbsergebnisse. Bleibt zu hoffen, dass die politisch Verantwortlichen angesichts der drohenden Schieflage durch die Verkürzung der gymnasialen Ausbildungszeit von neun auf acht Jahre durch angemessene Maßnahmen einer weiteren Reduzierung des musikalischen Ausbildungsrahmens entgegenwirken.

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