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Komponist der Ringstraßenzeit

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Eine aufschlussreiche Biografie erinnert an Carl Goldmark
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Im vergangenen Jahr beging die Musikwelt den 100. Todestag des im ungarischen Keszthely als Sohn eines jüdischen Kantors geborenen, österreichisch-ungarischen Komponisten Carl Goldmark. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er im burgenländischen Deutschkreutz, wo es heute ein Goldmark-Museum und einen Carl Goldmark Verein gibt. Später erhob Goldmark die österreichische Metropole zum Lebensmittelpunkt seiner Karriere. Als Klavierlehrer und Orchestergeiger an verschiedenen Theatern sammelte er jene Erfahrungen, die sich bald in ersten Kompositionen niederschlugen. Ersten internationalen Erfolg erntete seine Ouvertüre „Sakuntala“, und sein Violinkonzert in a-Moll war bald aus den Konzertsälen nicht mehr wegzudenken.

Wie Alexander von Zemlinsky, so war auch der gut eine Generation ältere Komponist Carl Goldmark mit seinen Opernbeiträgen zwar nicht seiner Zeit voraus, aber jeweils auf der Höhe der Zeit. So erlebte die „Königin von Saba“ 1871 an der Hofoper in Wien ihre Uraufführung und verbreitete sich rasch an internatonalen Bühnen. Bereits zu Lebzeiten des Komponisten wurde sein erstes, besonders erfolgreiches Bühnenwerk als „jüdische Nationaloper“ rezipiert. Bis heute wurden von keinem anderen Komponisten so viele Opern in Wien uraufgeführt wie von Goldmark. Der letzte Repräsentant eines musikalischen Zeitalters brachte 1886, vier Jahre nach der Uraufführung von Wagners „Parsifal“, seine Oper „Merlin“ heraus.  Der Blüte der Märchenoper am Ende des 19. Jahrhunderts, die durch Humperdincks „Hänsel und Gretel“ ausgelöst wurde, folgte Goldmark mit einer Opernversion von Dickens’ „Das Heimchen am Herd“, die 1896 uraufgeführt wurde. Die Strömung des Verismo nahm Goldmark 1897 mit „Der Fremdling“ und 1899 mit „Die Kriegsgefangene“ auf und gipfelte in der Nachfolge von Verdis „Falstaff“ und parallel zu Strauss’ „Salome“ und „Elektra“ in den Literaturopern „Götz von Berlichingen“ und „Ein Wintermärchen“.

Unvollendet geblieben sind die im Jahre 1922 als Fragment erschienenen Memoiren des Komponisten. Darin berichtet der Mitbegründer des Wiener Wagner-Vereins zahlreiche Anekdoten über Wagner und Brahms. Er erzählt, dass er einem Kapellmeister mit eigenwilligen Änderungen von Tempo und Agogik argumentiert habe: „Und was glauben Sie, wenn Sie mit ihrer ‚eigenen‘ Auffassung nach Bayreuth kämen – wie man Ihnen da heimleuchten würde.“ Bald nach Goldmarks Tod geriet sein Schaffen immer stärker in Vergessenheit, nicht zuletzt durch das Aufführungsverbot jüdischer Komponisten im Zuge des Dritten Reichs.

So gesehen wurde es höchste Zeit, dem einst überaus populären Komponisten eine eigene Biografie zu widmen. Dieser Aufgabe hat sich der 1956 in Deutschkreutz geborene Komponist und Musikpädagoge Johann Hofer tiefschürfend unterzogen. Seine Recherchen über den Komponisten der Ringstraßenzeit stützen sich auf weltweit verstreute Quellen und Dokumente. Leider musste Hofer für die Drucklegung seiner Forschungen im Wiener Verlag Edition Steinbauer seinen Textteil deutlich reduzieren und sich auf eine kleine Auswahl der von ihm gesammelten Dokumente reduzieren.

Hofers vielfältig aufschlussreiches Buch liest sich kurzweilig. Es umfasst auch die Goldmark-Rezeption im 20. und 21. Jahrhundert sowie im Anhang sowohl ein Werkverzeichnis und eine Diskografie wie auch Goldmarks Stammbaum und ein Verzeichnis seiner Zeitgenossen. Mit umfangreichem Quellen- und Literaturverzeichnis, sowie Personenregister erweist sich diese Publikation als ein unverzichtbarer Beitrag zur Schwelle der Musik zwischen Fin de Siècle und Moderne.

  • Johann Hofer: Carl Goldmark. Komponist der Ringstraßenzeit, Verlag Edition Steinbauer, Wien 2015, 288 S., Abb, E 22,50, ISBN: 978-3-902494-72-6

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