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Konsequente Anerkennung der Musikschulen

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Öffentliche Musikschulen sind Teil des deutschen Bildungssystems
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Die Aufsätze des VBSM-Präsidenten Hanns Dorfner zum Bildungsauftrag der Sing- und Musikschulen in Bayern unter dem Thema „Das habe ich in der Musikschule gelernt“ (nmz 3/07) und von Wolfhagen Sobirey, Leiter der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg und Mitglied des Bundesvorstandes des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), zum Unterrichtsnotstand an Schulen mit der Frage: „Ist das Musikland Deutschland noch zu retten?“ (Musikforum des DMR 1/2007) regen zum Nachdenken an und fordern zur Neubesinnung und zu einer neuen Ausrichtung der bisherigen Strukturen und Inhalte in den allgemein bildenden Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten.

Dabei reichen quantitative Lösungen, um die es ja vorrangig in der Politik geht, nicht aus. Es geht vor allem vielmehr um die praktische Umsetzung solcher durchaus notwendigen Vorgaben sowie um die Bewältigung der damit verbundenen inhaltlichen und finanziellen Fragen; um letztere drücken sich Bund und Länder, die aber die gesetzgeberischen Maßnahmen dazu treffen. Den Schwächsten im staatlichen Gesamtgefüge trifft es dann am meisten und das sind die Kommunen, die Träger der öffentlichen Musikschulen.

Es entsteht der Eindruck, dass in der Bildungspolitik einiges nicht stimmt und schlichtweg Fakten nicht erkannt oder wider besseres Wissen einfach negiert werden. Die öffentlichen Musikschulen nehmen auf ihrem breit gefächerten Gebiet beim praktischen Musikunterricht einen wesentlich größeren Unterrichtsumfang ein als z. B. die Grundschulen und übertreffen hier auch die Arbeit der Kindergärten. Dies und ihre Qualitätsarbeit sind den Eltern der Kinder nicht verborgen geblieben. Von politischer Seite wird das einfach als gegeben hingenommen. Die Musikschulen werden aber in strategischer Hinsicht – abgesehen von Kooperationen – nicht hinreichend in die aktuelle Bildungsdiskussion einbezogen, und hier liegt der beklagenswerte Mangel, der beseitigt werden muss, wenn wir im Vergleich mit anderen europäischen Staaten künftig besser da stehen wollen.

Wir beobachten die Entwicklung der Kooperation des VdM mit dem Verband Deutscher Schulmusiker. Das Zusammenrücken und die praktische Hilfestellung durch die Musikschulen haben dem (bisher vielfach fehlenden) Musikunterricht der Grundschulen gut getan. Wir sehen auch die zunehmende Öffnung der Kindergärten/Kindertagesstätten für die Musikschulen, auch wenn es sich dabei oftmals um (befristete) Projekte handelt. Auch hier wird die Unterstützung durch die Lehrkräfte der Musikschule sehr begrüßt. Ein Skandal ist es allerdings, dass bei den zu regelnden Finanzierungsfragen stets gekniffen wird, mit der Begründung, dafür sei kein oder zu wenig Geld vorhanden. Die Musikschulen fühlen sich daher auch ausgenutzt, um Löcher anderer Stellen zu stopfen und das zu Mini-Preisen für hohe Leistungen. Lehrkräfte mit gering dotierten Honorarverträgen sind eine Konsequenz. Wer die notwendigen Bildungsanstrengungen allerdings ernst nimmt, muss politisch alles unternehmen, um in die bestehenden Bildungssysteme – also auch in die öffentlichen Musikschulen – stärkere öffentliche Investitionen als bisher zu leisten. Das ist vornehmlich die Aufgabe von Bund und Ländern und nicht die der Kommunen.

Neue Gefahren lauern im aktuell diskutierten Bereich der erheblichen Ausweitung der Kindertagesplätze, deren Kostenbeteiligungen unter Bund, Länder und Kommunen noch auszuhandeln sind. Zu befürchten ist, dass dort wieder einmal die Kommunen den Rest übernehmen müssen, denen dafür aber das Geld fehlt. Zu befürchten ist ferner, dass dann so manchen Kommunen – sicher aus Not – der Gedanke kommt, dafür die freiwilligen Leistungen weiter zu kürzen und rechtlich gesehen sind die Investitionen für die Musikschulen eben eine so genannte freiwillige Leistung.

Dass öffentliche Gelder vorhanden sind, zeigt die aktuelle Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ für das Ruhrgebiet: ein mehrjähriges, großartiges Projekt, das später auf ganz NRW ausgedehnt werden soll. Von dem vorgesehenen Gesamtetat von 50 Millionen Euro übernehmen die Kulturstiftung des Bundes, das Land NRW und private Förderer je 10 Millionen Euro; der Rest soll aus Elternbeiträgen (15 Millionen Euro) sowie von den Kommunen und diversen Stipendienfonds (5 Millionen Euro) finanziert werden. So weit so gut. Es zeigt aber wieder einmal, dass es wohl eher auf ein zündendes, medienwirksames Schlagwort ankommt, um an die vorhandenen Landeshaushaltsreserven heranzukommen. Vorsicht ist bei zeitlich befristeten Projekten nach aller Erfahrung dennoch geboten. Die Umsetzung solch riesiger Vorhaben in so kurzer Zeit bedarf enormer Anstrengungen auf allen Ebenen, besonders aber durch die Musikschulen selbst, durch wen denn sonst? Warum haben wir aber nicht endlich den Mut, die Wahrheit zu sagen?

Die Bundes-Eltern-Vertretung der Musikschulen des VdM mit ihren angeschlossenen Landes-Eltern-Verbänden fordert daher die stärkere Einbindung und Verzahnung der öffentlichen Musikschulen in das allgemeine Schulsystem. Zu diesem Zweck sollten auch die bestehenden Musikschulgesetze einzelner Bundesländer angepasst werden und fehlende gesetzliche Vorgaben in anderen Bundesländern nachgeholt werden, denn die musikalische Ausbildung der Kinder und Jugendlichen bedarf keiner freiwilligen Vereinbarung sondern endlich einer gesetzlichen Verankerung der öffentlichen Musikschulen als Teil des deutschen Bildungssystems. Vor allem kommt es künftig darauf an, die mangelhaften Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu zu regeln, um auch die Basis des Staatsgefüges – nämlich die Kommunen – so zu stärken, dass sie die auf sie zukommenden neuen Aufgaben auch bewältigen kann.

Dieter Fröhling ist stellvertretender Vorsitzender der Bundes-Eltern-Vertretung der Musikschulen des VdM.

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