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Kräfte zehrende Mammuttouren

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Ein Blick hinter die Festival-Kulisse: Irisch, keltisch & Co.
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Noch bis zum 17. November unterwegs ist das „Irish Folk Festival“ (IFF), eine Traditionsveranstaltung, die für musikalische Qualität bürgt, seit der südniedersächsische Lehrer und Folk-Freak Carsten Linde 1974 das reisende Musikfest mit jeweils drei bis vier Gruppen und/oder Solisten erfand. Der Publikumserfolg war regelrecht gigantisch, bis sich Linde ab 1982 eine Kunstpause gönnte, hatte er doch das Ganze bisher praktisch vom Wohnzimmer aus organisiert. 1988 ging es dann wie gewohnt im Herbst weiter, und der alte Erfolg blieb nicht aus. Wieder im Boot saß der Irland-Fan Axel Schuldes, und der nebenberufliche Tournee-Veranstalter Peter Wennerhold sorgte jetzt für die Logistik.

Noch bis zum 17. November unterwegs ist das „Irish Folk Festival“ (IFF), eine Traditionsveranstaltung, die für musikalische Qualität bürgt, seit der südniedersächsische Lehrer und Folk-Freak Carsten Linde 1974 das reisende Musikfest mit jeweils drei bis vier Gruppen und/oder Solisten erfand. Der Publikumserfolg war regelrecht gigantisch, bis sich Linde ab 1982 eine Kunstpause gönnte, hatte er doch das Ganze bisher praktisch vom Wohnzimmer aus organisiert. 1988 ging es dann wie gewohnt im Herbst weiter, und der alte Erfolg blieb nicht aus. Wieder im Boot saß der Irland-Fan Axel Schuldes, und der nebenberufliche Tournee-Veranstalter Peter Wennerhold sorgte jetzt für die Logistik. Inzwischen war mit Petr Pandula ein keinesfalls konfliktscheuer Exil-Tscheche in der Szene aufgetaucht und hatte mit seiner Agentur „Magnetic Music“ überwiegend keltische Musik in die Clubs gebracht. Ab 1990 schickte er mit dem „St. Patrick’s Day Celebration Festival“ jährlich im März eine Konkurrenz-Veranstaltung auf die Reise, allerdings mit einem anderen Konzept, das Linde nicht zu Unrecht als „Party-Brimborium“ bezeichnete, war doch das „IFF“ eher etwas zum Zuhören. Die Party allerdings funktionierte; ab 1992 schickte Pandula gar zwei parallele Festivaltrupps zeitgleich durch die Lande. Und 1991 hatte sich Pandula mit seinem ähnlich angelegten „Celtic Halloween Festival“ gar zeitlich in die Nähe von Lindes Marktführer gewagt.
1992 kam noch eine weitere Konkurrenz auf den Markt, das „Scottish Folk Festival“ – Wennerhold hatte sich nämlich mit Linde und Schuldes aus finanziellen Gründen überworfen und kurzerhand eine modifizierte Kopie aufgezogen, zunächst mit schottischen Partnern, ab 1998 mit der Hamburger Konzertagentur Karsten Jahnke.

Das Projekt „Pure Irish Drops“ des Berliners Florian Fürst zielte ab 1993 im Gegensatz zu den anderen mehr auf die Club-Szene und wurde daher von den Hallen-Veranstaltern eher als kleine Ergänzung gesehen. Aufmerksamen Beobachtern war inzwischen klar, dass es in dem ganzen Bereich auch um viel Geld ging.

Trotzdem verlief der Konkurrenzkampf relativ friedlich, bis kurz nach dem 25. Geburtstag des „IFF“ (1999) eine kleine Bombe platzte: Carsten Linde wollte sein Festival verkaufen, vor allem natürlich das Warenzeichen. Nachdem sein langjähriger Partner Axel Schuldes abwinkte, bekam ausgerechnet Hauptkonkurrent Pandula den Zuschlag; es soll um mehr als 100.000 Mark gegangen sein.

Die Szene war irritiert; Pandula sollte ein Quasi-Monopol besitzen? Mit aggressiver Geschäftspolitik hatte er sich keinesfalls nur Freunde gemacht.

Er baute indes das „IFF“ aus; in diesem Jahr spielen vier durchaus interessante „Acts“ insgesamt 36 Auftritte – mit nur fünf freien Tagen. Axel Schuldes war immer schon gegen eine solche kräftezehrende Mammut-Tour gewesen und tat sich mit dem Tübinger „Music Contact“-Veranstalter Rainer „Yogi“ Zellner zusammen, der früher einmal mit Pandula musiziert hatte, aber längst zu dessen Erzrivalen geworden war. Schuldes und Zellner konzipierten das „Irish Spring Festival“ mit jüngeren und weniger bekannten Bands, um damit die Linie des „alten IFF“ fort zu führen. Als dieses neue Festival vom Mai auf den März vorgezogen wurde, kam „Platzhirsch Pandula“ (so die Zeitschrift „Folker!“) ins Schäumen, gingen doch seine Besucherzahlen zurück.

Er verweigerte die Zusammenarbeit mit örtlichen Veranstaltern, die auch mit Zellner im Geschäft sind. Der allerdings sieht diese Verdrängungstaktik relativ gelassen. Zellner, der von Manchen für den „Gentleman der Veranstalter-Szene“ gehalten wird, schickt im März 2003 wieder ein hochkarätig besetztes „Irish Spring Festival“ auf Reisen. Wer bis dahin nicht warten mag, muss jetzt noch schnell die möglicherweise etwas ermattete zweite Hälfte der aktuellen IFF-Tour besuchen. Wer allerdings meint, auch im örtlichen „Irish Pub“ musikalisch korrekt bedient zu werden, sollte wissen, dass den dort auftretenden irischen Musikern meist eine Deutschland-Tournee versprochen wurde. Durch die verräucherten Filialen einer irgendwie warenzeichenmäßig geschützten Kette.

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