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Musik, die kreuz und quer durch die Welt streift

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Die Weihnachtsgeschenk-Tipps der nmz-Redaktion 2010
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Die Redaktion hat gewählt

Wenzel: Kamille und Mohn, matrosenblau/Indigo CD 952552

Hans-Eckardt Wenzels sage und schreibe 28. CD erinnert an seine ersten Werke als nachdenklicher und bezaubernder musikalischer Poet: Gedanken und Gefühle zu Themen wie Einsamkeit, Liebe natürlich, Tod, Trinken und Hoffnung innerhalb sehnsüchtiger Hoffnungslosigkeit. Besonders anrührend: seine gesungene Ballade über Joseph Roth in Paris und das Titelstück „Kamille und Mohn“ – ein Lied zwischen Vernunft (Kamille) und Rausch (Mohn). Ein Muss für alle Wenzel-Fans und solche, denen man es wünscht, es zu werden.
Ursula Gaisa

Hansard/Irglová/Carney: „Once“, DVD, Arthaus

Der Streifen ist schon etwas älter, wurde 2006 in Irland produziert und kam 2008 als DVD in den Handel: ein ganz großer „kleiner“ Musik-Spielfilm, völlig frei von Hollywood-Brimborium und sonstigem Pop-Star-Geschnörkel, deshalb zu Unrecht ein wenig im Schatten. Sehr feine Songs, eine unspektakuläre Love-Story und ganz nebenbei ein kluges Lehrstück, wie man mit sogenannten Integrations-Problematiken ideologiefrei und zwanglos filmisch umgehen kann. Ein familientaugliches Be-Rührstück. Wenn auch nicht leicht vergleichbar: „Once“ hat „Rhythm“, braucht kein „is it“.
Theo Geißler

Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem op. 45 in der Fassung für  Klavier zu vier Händen von Johannes Brahms, bearbeitet für Chor, Soli  und Klavierduo von Phillip Moll, Coviello Classics COV 41006 (SACD)

In der Fassung für Klavier zu vier Händen mit Chor und Solisten gewinnt  das Requiem eine ganz neue Art von Intensität: Filigran und fast kammermusikalisch singen der Rundfunkchor Berlin mit Marlis Petersen (Sopran) und Konrad Jarnot (Bariton) unter der Leitung von Simon Halsey. Ein Hörerlebnis!
Barbara Haack

Edmund Nick, Erich Kästner: Leben in dieser Zeit, Edition Radiomusiken Vol. 1, Chor und Orchester der Staatsoperette Dresden, Dirigent: Ernst Theis, cpo 777541-2

„Die Welt ist rund. Denn dazu ist sie da. Ein Vorn und Hinten gibt es nicht. Und wer die Welt von hinten sah, der sah ihr ins Gesicht!“ Mit solchen und anderen Versen hatte Kästner 1929 seine Mitwelt gezeichnet. Diese Radiomusik gehört mit zu denpfiffigsten Werken für dieses Genre, als die Welt noch ohne Internet auskommen musste, als der Angestellte noch das Zentrum des glamourös-verdorbenen Lebensnervs, genannt Großstadt, darstellte und als Doppelmoral noch wirklich greifbar war. Die Musik streift kreuz und quer durch die Musikwelt, macht Anleihen bei Schlager, Chanson, Operette, Oper und Sinfonie. Reichhaltig wird die Edition ergänzt um die gesprochene Lebensgeschichte von Edmund Nick und mit Originalklängen das ganze ergänzt. Liebevoll. „Ja, wenn die Welt vielleicht quadratisch wär! Und alle Dummen fielen ins Klosett! Dann gäb es keine Menschen mehr. Dann wär das Leben nett.“
Martin Hufner

Ernst Burger: Franz Liszt. Die Jahre in Rom und Tivoli. Mainz (Schott) 2010, 232 Seiten, mit Audio-CD, ISBN 978-3-7957-0715-6

Nach seinen legendären Bänden zum Leben und Werk Schumanns, Chopins und Liszts (die beiden letzteren sind vergriffen) stellt Ernst Burger, der Spezialist für akribisch recherchierte und luxuriös bebilderte Komponisten-Chroniken, seinem Fotoband (Hirmer) ein weiteres Liszt-Buch zur Seite, das sich diesmal ganz auf dessen Aufenthalte in Rom und Tivoli konzentriert. Die Bildauswahl ist wie stets aufs engste und sinnfälligste auf Burgers Texte und seine Zusammenstellung von Dokumenten bezogen; zusammen mit der Werkauswahl auf CD, von Alfred Brendel gespielt und im Buch kommentiert, schwingt uns diese Publikation auf wunderbare Weise ins kommende Liszt-Jahr ein.
Juan Martin Koch

Lizz Wright: Fellowship, Verve CD 0602527470900

Die zentralen Quellen des Jazz sind seit jeher Soul- und Gospelmusik. Wie lebendig diese Quellen noch heute sprudeln, zeigt uns die afroamerikanische Sängerin Lizz Wright mit ihrer neuen CD „Fellowship“. Im CD-Regal sollte die Stimme Wrights ihren Platz finden neben Künstlerinnen wie Aretha Franklin, Cassandra Wilson und Diana Krall. Auf „Fellowship“ interpretiert sie Songs von Jimi Hendrix, Eric Clapton, Gladys Knight,  Meshell Ndeogecello, Angélique Kidjo und anderen. Wrights Songs bewegen sich magisch zwischen Spiritualität, Sinnlichkeit und sozialem Bewusstsein: Easy Listening mit einem Touch Transzendenz.
Andreas Kolb

Anne Sofie von Otter/Brad Mehldau: Love Songs, Doppel-CD, NAIVE (www.naive.fr)

Genau das richtige für den langen romantischen Winterabend: Anne Sofie von Otter singt Jazz-Songs von Brad Mehldau. Mit dem Pianisten geht die Sopranistin andere Wege als die auf ihren Streifzügen zwischen Barock, Pop und Romantik. Auf CD 1 der „Love Songs“ komponierte Mehldau für von Otter nach Gedichten von Sarah Teasdale, E.E. Cummings und Philip Larkin. Er hat diese sieben „Love Songs“ für Klavier und Stimme in der Tradition von Schubertliedern gesetzt. Die zweite CD adaptiert elf Songs unter anderem von John Lennon, Jacques Brel, Joni Mitchell und Michel Legrand. Bemerkenswert ist, dass von Otter mit dem Album ihrem Exklusiv-Label Deutsche Grammophon den Rücken kehrt und sich dem französischen Independentlabel „NAIVE“ anvertraut.
Barbara Lieberwirth

Lang Lang mit David Ritz: Musik ist meine Sprache. Die Geschichte meines Lebens. Aus dem Amerikanischen von Michael Schmidt. Ullstein Taschenbuch 37311 (2010), 280 S., ISBN 978-3-548-37311-9

Schon seltsam, wie ein kaum 25-jähriger „die Geschichte seines Lebens“  schreibt oder schreiben lässt, wo wir doch ihn, den just dem Teenager-Alter Entwachsenen, gerade erst musikalisch kennengelernt haben, gelähmt von seinem faszinierenden Spiel. Langs halbe Kindheit, all die Bezugspersonen, die ihm was bedeuteten, zwölfjährig 1994, wie er seinen internationalen Erfolg beim Ettlinger Klavierwettbewerb erkämpfte, mit welchen Gefühlen er das magische Land von Beethoven, Bach und Brahms betritt, wie er in der eigenen Heimat mit Enttäuschungen und Machtkämpfen haderte, aber wie ihn seine Selbstsicherheit den Weg auf die Weltbühne finden half, das ist wie erzählte Gegenwart. Sympathisch sein Blick, seine Verantwortung als Künstler über Musik hinaus, seine Träume, Brücken zu bauen zwischen den Kulturen.
Eckart Rohlfs

Rolf Stemmle: Rigoletto – La Traviata – Aida. Giuseppe Verdis große Opern eingängig erzählt, Königshausen & Neumann, Würzburg 2010, 109 S., ISBN 978-3-8260-4419-9

Große Geschichten, die im Theatersessel unter dem Eindruck des packenden musikalischen und szenischen Geschehens (schon aufgrund der notwendigen dramaturgischen Reduzierungen) gar nicht in ihrer vollen Tiefe erfasst werden können. Stemmle vermittelt in seinen Nacherzählungen – wie schon in den vier vorangegangenen Wagner-Bänden – Charaktere und Hintergründe in einer ebenso erhellenden wie spannenden Lektüre. 
Michael Wackerbauer

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