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Musik zwischen Kunst und Alltag

Untertitel
Essays über die Psychologie der Musik
Publikationsdatum
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Rosemarie Tüpker/Armin Schulte (Hrsg.): Tonwelten: Musik zwischen Kunst und Alltag. Zur Psycho-Logik musikalischer Ereignisse (Reihe Imago, „Zwischenschritte“. Beiträge zu einer morphologischen Psychologie 05/06), Psychosozial-Verlag, Gießen 2006,
286 S., € 29,90, ISBN 3-89806-466-2

Dieses Buch ist kein Handbuch der Musiktherapie. Es ist auch keine Improvisationsschule. Weder wird der Leser zum Hobbypsychologen, noch erhält er Tipps zur professionelleren Handhabung (s)eines Instrumentes. Hier geht es weder um die Definition von musikalischer Leistungsfähigkeit, noch um musikalische Begabung oder gar die zur Musikrezeption notwendigen physiologischen Grundlagen des Individuums. Trotzdem: die vielen Essays dieses Bandes sind lesenswert, vermitteln Einblicke aus diversen Perspektiven in die Psychologie der Musik, schildern konkrete therapeutische Situationen in der Behandlung Erkrankter und unspektakuläre musikalische Alltagserfahrungen nicht erkrankter Menschen gleichermaßen. Wissenschaftliche Überlegungen und reichhaltige Literaturlisten zu jedem Essay ergänzen das Buch. Das Improvisieren nimmt einen breiten Raum in diesem Buch ein.

Genrell wird hier versucht, Musik selbst in ihrer psychologischen Struktur zu erfassen. Musik wird aber auch als Medium zur Ausdeutung psychischer Zustände, als Transmitter in der Therapie sozusagen, verwendet. Alle Autoren sind in ihren Arbeitsbereichen seit Jahren auch lehrend und publizierend tätig.

Nicht alle Essays sind sprachlich griffig. Aber als Anreiz für eventuell ermüdete Leserhirne streifen sie inhaltlich ein weites Feld und betreten es in verschiedenster Art. Von den Autoren mit eigenen Studien gestützt, erlangt der Leser informative und lesenswerte Einblicke in besondere Aspekte der Musik und der Musiktherapie.

Die Essays sind vielschichtig: Rosemarie Tüpker nähert sich in ihrem einleitenden Essay der Psychologie des Musikhörens und untermauert mit vielen Alltagsbeispielen ihre Erkenntnisse. Dadurch gewinnt der Text an Lebendigkeit. Autor Tilman Weber bemüht die Harmonielehre, um Parallelen zwischen Therapie und Modulation aufzuweisen – tatsächlich, derer gibt es einige und es ist interessant, die Perspektive des Autors kennenzulernen. Allerdings bezieht er sich sehr auf die Harmonielehre Dieter de la Mottes, zwängt sie ein wenig in seinen individuellen Erkenntnisrahmen und steuert keine eigenen harmonischen Analysen bei. Ulrich West berichtet von seinen Erfahrungen in der Musiktherapie mit Suchtkranken: informativ, klar formuliert. Ganz pragmatisch analysiert er später in einer Studie die Psyche des Musikers beim Fagottüben. Josef Dantlgraber berichtet vom innerlichen, fiktiven musikalischen Hören des (musikliebenden und musikalisch aktiven) Analytikers in einer sehr speziellen Analysestunde. Im Sinne der Psychoästhetik untersucht Wolfram Domke das Phänomen des großen Erfolgs von Radiosendern wie WDR 4.

Ein Geiger, dessen Lebensprobleme sich in der Angst, während des Konzerts den Bogen zu verlieren, manifestierten, ist Hauptperson in Gisela Raschers Beitrag. Ganz alltäglich und hier einmal genau unter die Lupe genommen: Rosemarie Tüpker untersuchte in ihrem zweiten Essay sogenannte Alltagsimprovisationen. Vielschichtig auch im weiteren Verlauf: Heinrich von Kleists „Die heilige Cäcilie“ untersucht Benedikt Geulen knapp auf die psychologische Wirkung der Musik, Frank G. Grootaer berichtet Details und Abläufe aus einer Woche Gruppenmusiktherapie in einer Klinik und Wilhelm Salber untersucht die musikalische Metamorphose.

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