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Isabel Mundry. Foto: Martina Pipprich
Isabel Mundry. Foto: Martina Pipprich
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Personalia 2014/10

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Christoph und Stephan Kaske-Preis an Isabel Mundry – JukeBoxx NewMusic Award der Kaske-Stiftung an Péter Köszeghy +++ Zum Tod des Trompeters und Komponisten Kenny Wheeler +++ Zum Tod des britischen Dirigenten und Musikwissenschaftlers Christopher Hogwood +++ Belmont-Preis 2015 für die serbische Komponistin Milica Djordjevic

Preisträgerkonzert mit geladenen und Überraschungsgästen – Christoph und Stephan Kaske-Preis an Isabel Mundry – JukeBoxx NewMusic Award der Kaske-Stiftung an Péter Köszeghy

Preisvergaben sind beliebte und gefürchtete Rituale des Konzertbetriebs. Geliebt bei den Ausgezeichneten, denn ein Preis öffnet Türen und ist der weiteren Karriere in der Regel nicht abträglich. Gefürchtet, weil man für das Ritual des Preisens in der Regel Ausdauer, Geduld und Langmut braucht: Es besteht aus stundenlangem Sitzen, mehrfachen Lobreden sowie oft willkürlich eingestreut erscheinenden Musiksprengseln, die den Blumenschmuck auf dem Podium rechtfertigen sollen.

Nicht so am 23. September im Südlichen Schlossrondell in München: Der Stiftungsrat und Stiftungsbeirat der Christoph und Stephan Kaske-Stiftung hatten zur Verleihung des mit 10.000 Euro dotierten Stiftungspreises an die Komponistin Isabel Mundry und zur Vergabe des mit 3.500 Euro dotierten JukeBoxx New-Music Award an den Komponisten Péter Köszeghy eingeladen. Die Reden waren knapp gehalten und konzis, im Vordergrund stand die Musik und nicht die Preisgeber oder Laudatoren. Siegfried Mauser begrüßte in seiner Funktion als Juror und Stiftungsbeiratsratmitglied die Gäste und laudierte als Künstler gemeinsam mit Salome Kammer mit Isabel Mundrys „Wenn“, einem Lied für Sopran und Klavier mit und ohne Worte, nach dem Gedicht „Belsazar“ von Heinrich Heine. Überraschungsgäste des Abends waren das Arditti Quartett, das gerade an der Musikhochschule München einen Kurs gab, und spontan mit einer Aufführung von Mundrys Streichquartett „Linien, Zeichnungen“ (2006) gratulierte. Abgerundet wurde der Konzertteil durch das Stück „Le Corps des Cordes“ (2013) für Cello solo, gespielt von Charles-Antoine Duflot. Drei Werke Mundrys, ein veritables Konzert also und gleichzeitig eine kleine  Werkschau, die beinahe alle Facetten von Mundrys Klangsprache beleuchtete. Eine Musik im Spannungsfeld klangsinnlicher Entdeckerfreude bei gleichzeitig großer Formstrenge. So avanciert Mundrys Musik auch ist, so bleibt sie für die Instrumentalisten stets „spielbar“, lebt sie doch in der Tradition der jeweiligen Instrumente, aber auch in der großen Musiktradition der europäischen Kunstmusik (siehe Seite 1). Einen weltweiten Aspekt brachte dagegen die zweite Preisverleihung des Abends. Joachim Kaske überreichte den erstmals ausgeschriebenen JukeBoxx NewMusic Award an den ungarischen Komponisten Péter Köszeghy. 28 Komponisten aus 12 Ländern hatten ihre Werke „world wide“ via Facebook eingereicht und eine Jury ermittelte gemeinsam mit einem Facebook-Voting den Sieger. Eingereicht hatte Köszhegy das Stück „NOIRE (aus dem Zyklus „colors from the othe side“). Pianist Moritz Ernst, dem das Werk zugewidmet ist, zog das Publikum mit einer überzeugenden  Interpretation in Bann. Neo-atonales changierte in tonale Klangwelten und zurück, fein ausgehörte Klänge wechselten sich ab mit hämmernden Barbarismen bis zum Punk. Viel Beifall.

Händel und Purcell als Fixpunkte eines großen Musikerlebens – Zum Tod des britischen Dirigenten und Musikwissenschaftlers Christopher Hogwood

Wenn man nun aus traurigem Anlass wieder in die Aufnahmen, etwa der Mozart-Symphonien hineinhört, die einen in den 1980ern so elektrisierten, so stellt es sich sofort wieder ein, dieses Hogwood-Gefühl. Natürlich hat sich in Sachen Intonationssicherheit und Klangkultur auf historischen Instrumenten seither einiges getan, aber die Frische, die Unmittelbarkeit des Zugriffs und die Aufbruchstimmung ist immer noch mit Händen zu greifen.

Christopher Hogwood, 1941 in Nottingham geboren, studierte unter anderem bei Raymond Leppard und Gustav Leonhardt, wobei er mit letzterem die Begeisterung für den zerbrechlichen Klang des Clavichords teilte. Nachdem er 1967 zusammen mit David Munrow das Early Music Consort aus der Taufe gehoben hatte, folgte sechs Jahre später die Gründung der Academy of Ancient Music, mit der er eine beinahe enzyklopädische Aufnahmetätigkeit absolvierte. Mit „seinem“ Orchester war er auch einer der ersten, die mit der historischen Aufführungspraxis die Schwelle zum 19. Jahrhundert überschritten und sich den Symphonien und Klavierkonzerten Beethovens widmeten. Doch war sein musikalisches Spektrum keineswegs auf diesen erweiterten Alte-Musik-Begriff beschränkt. Als Chefdirigent des Saint Paul Chamber Orchestra oder als Gast an Opernhäusern drang er bis zur klassischen Moderne vor.

Wie viele Protagonisten der Szene war Hogwood selbst wissenschaftlich aktiv. Einerseits, indem er sich auf der Basis von Quellenstudien selbst um das Aufführungsmaterial für die Konzerte und Einspielungen der Academy kümmerte, andererseits als Herausgeber textkritischer Editionen, unter anderem für den Bärenreiter Verlag, und als Autor, etwa einer viel beachteten Händel-Monografie. Händel und Purcell blieben zeitlebens Fixpunkte von Hogwoods musikalischem Wirken und mit deren Musik gelangen ihm seine beiden vielleicht zwingendsten Einspielungen: „Messiah“ und „Dido and Aeneas“. Catherine Bott mag ihm ein letztes „When I am laid“ nachrufen. [jmk]

Poet auf der Trompete – Zum Tod des Trompeters und Komponisten Kenny Wheeler

Der kanadisch-britische Trompeter Kenny Wheeler (* 14. Januar 1930 in Toronto, Ontario; † 18. September 2014 in London) galt nicht nur als Trompetenvirtuose mit unverkennbar eigenem, ätherischen Ton, sondern als einer der produktivsten Komponisten des Jazz: Um die 200 Stücke hat er geschrieben, die auf gut 30 Alben veröffentlich wurden, die meisten bei dem deutschen Label ECM Records in München. Kenny Wheeler war schon seit längerer Zeit krank und bettlägerig. Musikerkollegen hatten mit Benefizkonzerten Geld gesammelt, um die Krankheitskosten tragen zu helfen. Nun ist er 84-jährig in London gestorben.

Kenny Wheelers Vater war Amateurposaunist und drückte dem Jungen eines Tages ein Kornett in die Hand. Es war die Zeit der Armstrongs und Gillespies, eine aufregende Ära des musikalischen Wechsels, dessen Ausläufer via Radio auch Kanada erreichten. Wheeler reiste Mitte der Fünfziger nach England, fühlte sich dort wohl und beschloss zu bleiben. Wheeler kam in Kontakt mit der lebhaften Londoner Experimentalszene, spielte zunächst mit John Stevens Spontaneous Music Ensemble, bald auch mit Alexander von Schlippenbachs Globe Unity Orchestra und dem Kreis um den Schlagzeuger Tony Oxley.

Avantgardistischer Sound war angesagt, zumindest bei intellektuellen Hörerschichten und den Musikern selbst, und so konnte Wheeler sich konsequent in die erste Liga der Modernisten emporspielen. Dabei halfen ihm sein ausgeprägtes Soundbewusstsein, sein klar identifizierbarer Ton mit ausgewogener Balance zwischen strahlender Solistik und lyrisch samtener Intonation. Wheeler wurde zu einem beliebten Partner im kammerjazzig experimentellen Klangumfeld, sein Album „Gnu High“ (1975) an der Seite von Keith Jarrett gehört zu den Klassikern der Siebziger Jahre. Projekte unter eigenem Namen wechselten mit Combos wie etwa Dave Taylors Trio Azimuth, gemeinsam mit Norma Winstone, das aus heutiger Sicht zu den wichtigen Statements des sich emanzipierenden britisch-europäischen Jazz gehört.

Neben der Arbeit in und mit unzähligen kleinen Besetzungen fand man Wheeler auch in zahlreichen Großformationen wieder. Er gehörte von 1979 an zum Team des United Jazz & Rock Ensemble, Ian Carr hatte ihn vorgeschlagen, als man Anfang der 80er einen dritten Trompeter suchte. Wheeler spielte fünf Jahre im Dave Holland Quintett und wurde regelmäßig vom European Jazz Ensemble verpflichtet. Wheelers Schaffen ist  im Wesentlichen bei dem Label ECM und seit einigen Jahren bei Camjazz Records dokumentiert.

Exemplarisch sei hier sein zentrales Werk für eine größere Besetzung genannt, das ganz schlicht „Music For Large & Small Ensemble“ heißt. In diesem Stück stellt er auch seine Fähigkeiten als Orches-trator unter Beweis. [ak]

Belgrad, Strasbourg, Paris, Berlin – Belmont-Preis 2015 für die serbische Komponistin Milica Djordjevic

Die Komponistin Milica Djordjevic erhält den mit 20.000 Euro dotierten Belmont-Preis 2015 für zeitgenössische Musik der Forberg-Schneider-Stiftung. Mit ihr wird eine junge Komponistin ausgezeichnet, deren künstlerische Entwicklung und Karriere die Stiftung seit nunmehr drei Jahren maßgeblich fördert. Die Verleihung des Preises findet am 26. Juli 2015 im Rahmen der 70. Sommerlichen Musiktage Hitzacker statt.

Milica Djordjevic, 1984 in Belgrad  geboren, studierte Komposition, Klangregie und elektronische Musik an der Fakultät für Musik in Belgrad und bei Ivan Fedele am Conservatoire National de Région de Strasbourg, und setzte ihre Studien am Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (IRCAM) in Paris sowie bei Hanspeter Kyburz  an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort. Es folgten verschiedene Meisterkurse, etwa an der Akademie für Neue Musik in München. Die Forberg-Schneider- Stiftung fördert ihre künstlerische Entwicklung und Karriere unter anderem durch ein Graduiertenstipendium und die Finanzierung der Teilnahme am Meisterkurs bei Wolfgang Rihm. Inzwischen gilt Milica Djordjevic als eine der interessantesten Komponistinnen der jüngeren Generation – davon zeugen aktuell etwa die Auftragsarbeiten für das Münchener Kammerorchester und für die musica viva-Konzertreihe des Bayerischen Rundfunks 2015.

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