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Workshop II befasste sich mit Kultursponsoring und Medien (v.l.n.r.): Emilio Galli-Zugaro (Allianz-Kulturstiftung), Theo Geißler (neue musikzeitung), Felicitas von Brevern (kfw Bankengruppe), Hans Werner Kilz (Süddeutsche Zeitung), Manuela Rousseau (Moder
Workshop II befasste sich mit Kultursponsoring und Medien (v.l.n.r.): Emilio Galli-Zugaro (Allianz-Kulturstiftung), Theo Geißler (neue musikzeitung), Felicitas von Brevern (kfw Bankengruppe), Hans Werner Kilz (Süddeutsche Zeitung), Manuela Rousseau (Moder
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Kultursponsoring und Unternehmensstrategie
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„Kultursponsoring zwischen gesellschaftlichem Engagement und Marketingstrategie“ war das Thema des zweiten Kongresses des Arbeitskreis Kultursponsoring (AKS) in Berlin. Die Einladung dazu hatte großen Widerhall gefunden: Der Franz-von-Mendelssohn-Saal im Haus der Deutschen Wirtschaft platzte aus allen Nähten. Einige Dutzend Besucher fanden keinen Sitzplatz mehr. Ein Kommentar eines Kongressteilnehmers ohne Sitz: „Vier Kulturschaffende auf einen potentiellen Sponsor“. Ein Blick auf die Teilnehmerliste relativierte den ersten Eindruck: Auch bei den Geldgebern aus der Wirtschaft bestand großes Interesse daran, mehr darüber zu erfahren, welche Sponsoring-Konzepte heute erfolgreich sind und welchen Nutzen Firmen aus ihrem kulturellen Engagement ziehen können.

Karin Heyl, Geschäftsführerin des AKS berichtete: „Während die Werbeetats sinken, nehmen die Ausgaben für Kultur zu“. Zwei Studien, die auf dem Kongress vorgestellt wurden, sollten unternehmerisches Mäzenatentum und Sponsoring legitimieren. Im Auftrag des AKS hatte Professor Manfred Schwaiger von der Ludwig-Maximilians-Universität München „Chancen und Wirkungen des Kultursponsoring aus Unternehmenssicht“ untersucht. Martin C. Wittig von der Unternehmungsberatung Roland Berger stellte die Ergebnisse einer Studie über Kultur förderdernde Unternehmen vor, die seine Firma gemeinsam mit dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft durchgeführt hatte.

Die Münchner Studie stellte die Wirkung des Sponsoring auf die Öffentlichkeit, die Mitarbeiter und die Kunden ins Zentrum. Schwaiger konnte eine hohe Akzeptanz und Aufmerksamkeitswirkung des Kultursponsoring nachweisen, sowie eine Wirkung von Sponsoringaktivitäten auf Kunden in den Bereichen Vertrauen und Kundenbindung. Zwar werde nur ein Teil der Firmenmitarbeiter durch Sponsoring-Aktivitäten erreicht, von diesen aber besonders die engagierten Mitarbeiter und Führungskräfte. In der Rangfolge kommt das Kultursponsoring nach dem Sozio-Sponsoring und vor dem Sportsponsoring.

Während unter der Gesamtbelegschaft das Kultursponsoring neben Wissenschaftlichem Sponsoring und Sportsponsoring zu den Kürzungs- und Sparmöglichkeiten gezählt wurde, rangierte es bei Führungskräften weiter oben. Noch stärker als die Wissenschaftler von der Ludwig-Maximilians Universität zielten die Untersuchungen von Roland Berger und dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft auf den Nutzen der Betriebsausgabe Kultur. „Auf welchen unternehmerischen Zielen und Motiven basieren die Kulturaktivitäten der Wirtschaft?“ war hier die Fragestellung. Wittig hielt fest, dass kulturengagierte Unternehmen ihre Aktivitäten vor allem „auf Grund ihres gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins durchführen.“ Aber letztlich ließe sich der Bogen von der gesellschaftlichen Verantwortung wiederum zum gesellschaftlichen Nutzen für das Unternehmen spannen. „Entscheidend für die Entstehung eines solchen betriebswirtschaftlichen Vorteils ist“, sagte Wittig – und damit kam er zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Münchner, – „dass es den Unternehmen durch ein strategisch abgestimmtes Kulturengagement und eine zielgruppenspezifische Kommunikation gelingt, ein differenziertes Profil in den Augen ihrer Kunden, ihrer Mitarbeiter und der Öffentlichkeit zu gewinnen.“ Der Kuchen, auf dessen Stücke die Kulturschaffenden hoffen, ist gar nicht so groß, wie einen der Andrang zum Kongress vermuten lassen könnte. 400 Millionen Euro werden pro Jahr von der deutschen Wirtschaft für Sponsoring aufgebracht, darin eingerechnet das weniger praktizierte Mäzenatentum. Dem stehen rund sechs Milliarden staatlicher Kulturausgaben gegenüber, oder auch ein Posten von 30 Milliarden Euro, den die Wirtschaft für Produktwerbung ausgibt.

Vier kompetent besetzte Workshops beschäftigten sich mit Themen wie: „Unternehmen als Partner von Kulturinstitutionen“, „Kultursponsoring und Medien“ „Kultursponsoring und kommunale Kooperation“ und „Erfolgreiches Kultursponsoring“.

An dieser Stelle einige Anmerkungen zum Workshop Medien. Schnell hatte sich hier herauskristallisiert, dass Vorurteile gegen Sponsoring noch immer bei allen Beteiligten bestehen: Von Seiten der Medien, der Unternehmen und der Künstler. Darf man den Namen des Sponsors in der Kritik nennen? Will sich der Sponsor gar ins Werk einmischen? Und: „Als Sponsor fällt man hinten runter“, fasste Felicitas von Breveren, Leiterin Kultursponsoring der KFB-Bankengruppe, ihre Erfahrungen zusammen.

Ein Debatte übers Feuilleton entspannte sich: Ernst Elitz, Intendant Deutschlandradio, nannte das deutsche Feuilleton „vorsintflutlich“. Heute müsste die Hälfte der Feuilletonstrecke der Kulturpolitik und der Musikwirtschaft gewidmet sein. Werner Kilz, Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, befürchtete, dass wenn dem so sei, ihm seine „letzten Feuilletonleser“ weglaufen würden. Auf der anderen Seite habe er kein Problem damit, wenn ein Rezensent auch den Namen des Sponsors erwähne. Welches Konfliktpotenzial in Verlags- und Redaktionstätigkeit liegen, machte er mit einer Anekdote um die russische Sopranistin Anne Netrebko deutlich. Auf einer Redaktionskonferenz bat er seine Feuilletonmitarbeiter um eine kritische Würdigung des kometenhaften Aufstiegs und der Vermarktung des jungen Gesangswunders anlässlich des Open-Air-Konzertes am Königsplatz in München. Und er erhielt die Antwort, der SZ-Verlag sei Mitveranstalter dieses Events. „Dennoch“, so Kilz, „wird dieser Artikel eines Tages erscheinen“.

Auch Theo Geißler konstatierte Bewegung im Musikjournalismus. „Er habe in den vergangenen 15 Jahren viele journalistische Berührungsängste gegenüber Sponsoren abgebaut.“ Heute bestehe ein unerfülltes Bedürfnis, nicht nur das künstlerische Resultat zu rezensieren, sondern auch die Entstehung von Veranstaltung inklusive Sponsoring zu kommunizieren. Leider fehle den Journalisten häufig das Handwerkszeug, um die Bedingungen der Entstehung, also das „wie“ eines Konzertabends, einer Opernuraufführung angemessen darzustellen.

Wie unsicher und althergebracht die Redaktionen aus der Sicht der Industrie noch heute mit dem Thema Sponsoring umgehen, zeigten Zitate aus einer Umfrage, die Emilio Gall-Zugaro, Mitglied im Stiftungsrat der Allianz Kulturstiftung, unter Journalisten hatte machen lassen. Als eine seiner zentralen Aufgabe nennt der AKS „den Dialog zwischen allen Beteiligten in Gang bringen“. Im Workshop Medien war dieser Dialog tatsächlich in Gang gekommen – und mit diesem zweiten Kongress des AKS ist dieser Anspruch auch im größeren Rahmen eingelöst worden.

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