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„Stadtkultur oder Leuchtturm?“ (v.li.): Juan Martin Koch, Stefan Blunier, Ilona Schmiel, Jürgen Nimptsch, Gerald Mertens, Ralph Bollmann und Theo Geißler. Foto: Arnulf Marquardt-Kuron
„Stadtkultur oder Leuchtturm?“ (v.li.): Juan Martin Koch, Stefan Blunier, Ilona Schmiel, Jürgen Nimptsch, Gerald Mertens, Ralph Bollmann und Theo Geißler. Foto: Arnulf Marquardt-Kuron
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Schülermanager, Klangkünstler und ein Festspielhaus

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Musikmesse Frankfurt 2012: Bonn und sein Beethovenfest zu Gast auf der nmz-TV-Bühne
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„Bonn zu Gast“ hieß es am zweiten Tag der Musikmesse Frankfurt am Stand des ConBrio Verlages. Die Intendantin des Beethovenfestes, Ilona Schmiel, war angereist und mit ihr ein ganzer Tross von Mitarbeitern, Künstlern und Politikern – darunter Jürgen Nimptsch, Bonns Oberbürgermeister, die Beethovenstiftung Bonn mit dem Projekt „bonn hoeren“, Stefan Blunier, Chef des Beethovenorchesters Bonn, Gero Schließ von der Deutschen Welle und Sigrid Limprecht von den Bonner Stummfilmtagen.

Eröffnet wurde der Bonner Tag in Frankfurt mit einer Aufführung von John Cages MUSICIRCUS, quasi einer Generalprobe für das Projekt „In the Bird Cage“ am 15. September, mit dem das Beethovenfest dem amerikanischen Komponisten zum 100. Geburtstag gratulieren will. Cage hatte eine besondere Beziehung zur damaligen Bundeshauptstadt: Zwischen 1972 und 1985 nahm er regelmäßig an den Tagen für Neue Musik in Bonn teil und im Sommer 1979 gab es ebendort ein John-Cage-Festival, wo er auf Einladung von Josef Anton Riedl mit über 2.000 Mitwirkenden den MUSICIRCUS aufführte. 

„Der MUSICIRCUS“, so Cage in seiner Spielanleitung, „ist ein schwierig durchzuführendes Ereignis, weil zum Beispiel ein Clavichord-Spieler geneigt ist, aufzuhören, sobald eine Rock’n’Roll-Band zu spielen beginnt. Aber wenn sich Leute finden, die da weiterspielen, hat man es geschafft. Was man braucht, ist Hingabe. Dann wird jemand, der mitmacht, nicht den Druck eines einzelnen Egos spüren ... und diese Erfahrung ist euphorisch.“ Etwa 30 Mitspieler sorgten dann tatsächlich für einen euphorisierenden Start in den Messetag, die Anspielung auf die tatsächliche Klangwelt der Messehalle, der alle Beteiligten ausgesetzt waren und die sozusagen eine Fortführung des MUSICIRCUS darstellt, war damit gelungen. Was das Beethovenfest im Jahr 2012 zu bieten hat, lesen Sie auf Seite 7 dieser Ausgabe. Auf der zentralen Gesprächsrunde des Bonner Tages dachte man schon viel weiter in die Zukunft: Im Jahr 2020 begeht die Musikwelt das 350. Geburtsjahr Ludwig van Beethovens und zu diesen Feierlichkeiten will die Beethovenstadt Bonn Maßgebliches beitragen. Im Zentrum soll die Eröffnung des neuen Festspielhauses stehen, ein Großprojekt mit 100 Millionen Euro Baukosten. Oberbürgermeister Nimptsch hob hervor, im Bewusstsein der Stadträte sei tief verankert, dass Bonn „die“ Beethovenstadt sei und sich die Bonner heute fragen lassen müssten, wie man sich für das nächste halbe Jahrhundert aufstellen will. Der Bau eines Festspielhauses sei deshalb sowohl städtische als auch nationale Aufgabe. 

Die Finanzierung des Baus soll von Privat erfolgen, die Post als Hauptsponsor hat dafür bereits 30 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die Stadt Bonn stellt den Baugrund, Land und Bund übernehmen zusammen mit weiteren privaten Sponsoren im Wesentlichen die Unterhaltskosten. „Stadtkultur oder Leuchtturm?“, das war die zentrale Frage des Moderators Theo Geißler an die Bonner Gäste. Für Festspielintendantin Schmiel keine Frage: „Nur wenn die Leuchttürme funktionieren, gibt es auch die breite Stadtkultur – das eine bedingt das andere.“ Für Schmiel ist klar, dass 2020 dieses neue Festspielhaus stehen muss, denn Verzögerungen gefährden derartige Großprojekte immens.

Mit ihrer „Marke Beethovenfest“ denkt sie aber nicht an Salzburg als Modell, sondern an ein Haus für alle, das gleichzeitig akustisch und architektonisch den Ansprüchen aller – Musiker wie Publikum – gerecht wird. 

„Im Hinblick auf die Preisgestaltung möchte ich nie Salzburg werden. Wir brauchen daher die besten Förderer, um nicht die Salzburger Preise für unser Publikum beanspruchen zu müssen. 1. und 2. Kategorie so teuer wie möglich, aber jeder muss im 21. Jahrhundert auch für acht oder zehn Euro ins Konzert kommen.“ Dass Bonns Generalmusikdirektor Stefan Blunier erst vergangenen Dezember seinen Vertrag bis 2016 verlängert hat, ist ein Bekenntnis sowohl von ihm zu seinem Orchester, als auch umgekehrt ein Bekenntnis der Bonner zu ihm. Er fühle sich von der Politik getragen: „Die Stadt ist interessiert an unserem Unternehmen und gibt uns breite Unterstützung.“ Das Alleinstellungsmerkmal Beethoven und Bonn, darin war sich Blunier mit seinen Gesprächspartnern einig, ist letztlich eine ganz große Chance für die ehemalige Bundeshauptstadt. Das Fazit dieser Runde zog Ilona Schmiel: „Das Potenzial Beethovenstadt Bonn wird noch nicht von allen erkannt. Man muss nach vorne schauen, das Neue wagen, architektonisch und akustisch etwas schaffen, was einzigartig ist und dem revolutionären Geist Beethovens nahe kommt.“

Musikkultur in der Bundesstadt Bonn setzt jedoch nicht allein auf Leuchttürme mit bundesweiter Ausstrahlung, sondern explizit auch auf eine entwickelte Stadtkultur. Dies machte insbesondere das Panel mit den beiden Stadtklangkünstlern Erwin Stache und Sam Auinger sowie dem Kurator von „bonn hoeren“, Carsten Seiffarth, deutlich: Klangkunst ist eine Kunstform, die sich explizit in den öffentlichen Raum begibt und die Menschen dort mit Zeitgenössischem konfrontiert. 

Die oben skizzierten Gespräche, darunter auch mit den Bonner Schülermanagern oder dem Preisträger des adhoc-Preises des Bonner Stummfilmfestivals, Christian Roderburg, sind als Stream abrufbar unter www.nmzmedia.de 

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