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Für knapp 3 Millionen Euro wurde am 22. Mai 2003 das Druckmanuskript der neunten Sinfonie von Ludwig van Beethoven bei Sotheby‘s versteigert. Den telefonischen Bieter kennt man nicht, den Anbieter wohl: Es ist die Strecker-Stiftung Mainz, die den erzielten Wert angeblich in die Förderung der Musikerziehung und des Musiklebens fließen lassen möchte.

Tolle Sache für die Musikerziehung, prima fürs Musikleben. Dann geht’s ja aufwärts. Für welchen Preis und unter welchen Bedingungen nun das Manuskript vom Schott-Verlag, dessen Vorsitzender der Geschäftsführung Dr. Peter Hanser-Strecker ist, zur Strecker-Stiftung, mit ihrem Vorstandsvorsitzendem Dr. Peter Hanser-Strecker, wechselte, bleibt ein offenes Geheimnis. Dass das Bonner Beethovenhaus, unterstützt von der Kulturstiftung der Länder, das Manuskript hätte erwerben wollen, und bis zur Summe von etwas mehr als zwei Millionen Euro mitbot, ist der Strecker-Stiftung offensichtlich ziemlich schnuppe. So eine Institution zählt wohl eher nicht zu dem Musikleben, welches man zu fördern gedenkt. Ebenfalls aus der Schott‘schen Reste-Rampe kamen letztes Jahr schon ein paar Wagner-Manuskripte unter den Hammer, was bei den Wagnerforschern in Bayreuth Verärgerung auslöste.

„Ich war jung und brauchte das Geld,” sagen jene, die sich für ihre Jugendsünden entschuldigen. Und hier: Alles im Dienste der Musikerziehung und des Musiklebens? Wann dürfen wir angesichts der Not mit den Erlösen aus den Manuskripten der Orff’schen „Carmina Burana” rechnen? Tja, Schott-Verlag, die hauseigenen Komponisten werden sicher aus diesem verlegerischen Engagement ihre Konsequenzen ziehen und – zum Ansparen ihres Stichbild-Wertes – bald nur noch Kopien oder Kopien von Kopien abliefern.

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