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Über die Grenze blicken

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MCMG im „Studio für Neue Musik“
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München. Im Februar 2020 traten zwei Abgesandte der „Munich Contemporary Music Group“ (kurz MCMG) im „Studio für Neue Musik“ auf. Die Flötistin Karina Erhard und die Pianistin Eka Kuparadze ließen Werke von Chris Paul Harman, Nikolaus Brass, Eva Sindichakis, Ron Ford, Michael Emanuel Bauer und Sumire Nukina erklingen und boten so ein breites Spektrum an jüngerer musikalischer Literatur für Flöte und Klavier dar.

Unter dem Motto „Über die Grenze blicken“ kamen mehrerlei Widmungswerke an die Flötistin Erhard zur Aufführung, die im Rahmen ihrer musikalischen Ausbildung in Amsterdam und Utrecht grenzübergreifende Kontakte knüpfte und der seitdem ein ums andere Werk gewidmet wird. Aber auch einige der Werke selbst blickten innermusikalisch gesprochen über Grenzen, egal ob in spieltechnischer oder performativer Hinsicht. Dass hier eigentlich differierende, musikalische Genres ineinander verschwammen, versteht sich geradezu wie von selbst.

Bestens ersichtlich wurde dies gleich beim ersten gespielten Werk, „Aeras“ für Flöte und Klavier von 2018, das Eva Sindichakis – die an dem Abend im Übrigen selbst anwesend war – Karina Erhard widmete. Der Titel war hier freilich Programm, und so speiste sich das Stück aus Klängen, die mit flirrenden Trillern mal Äolsharfen ähnlich oder anlehnend an Panflötenklänge zwischen griechischer Mythologie und traditioneller westlicher Kunstmusik mäanderten, wobei das Klavier entweder als melodischer Hintergrund fungierte und mit der Flöte in eine der zahlreichen Dialoge trat.

Besonders hervorzuheben ist die Uraufführung des Werks „Brainf*ck“, das Michael Emanuel Bauer 2019 fertigstellte und eines von drei gespielten Widmungswerken an diesem Abend war. Neben komplexen Spielanweisungen, die Erhard beinahe in ihre Flöte beatboxen ließen, war es formal dank wiederkehrender Episoden und rhythmischer Spannungsbögen nicht nur gut verständlich, sondern überzeugte auch mit parodierten Einwürfen von Beethovens „Für Elise“, dessen Thema Bauer gekonnt inszenierte. Beide Interpretinnen glänzten in dieser Uraufführung, denn auch ein technischer Schluckauf des Mikrofons konnte dem kein Abbruch tun.

Ron Ford versuchte 2002 mit „The Prince“ für Flöte und Klavier Sprache und Instrumentalität zu vereinen. Während Erhard die Erzählung „The Magus“ von John Fowles vortrug und dazwischen immer wieder motivische Einwürfe brachte, wurde das Spiel und die Geschichte vom Klavier ebenso kommentiert wie untermalt.

Das Duo schloss mit einem dreisätzigen „Tango for a Mother“ von Sumire Nukina ab. Diese Komposition von 1996 war gewissermaßen aus einer anderen Zeit und von einem anderen Ort. Im ersten Satz implementierte Nukina eine spannende melodische Folge, die an die berühmte Shepard-Skala erinnerte und wunderbar endlos schien. Vor allem in Kombination mit den lateinamerikanischen Rhythmen und den Einflüssen von Astor Piazzollas Musik bildete dieses letzte Werk des Abends einen gelungenen Abschluss für ein abwechslungsreiches und grenzübergreifendes Konzert.

 

 

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