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Ende der Wertschöpfungskette. Foto: Hufner
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Unfairtrade

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Cluster 2019/06 - Martin Hufner
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Neulich bei aufgeklärten musikkundigen Herrschaften in einer Facebook-Diskussion gelesen: „spotify ist aber nicht die beste Idee ... man muss sich anmelden, um mehr als Schnipsel zu hören (mal abgesehen von der moralischen Bedenklichkeit der Plattform) ... während die Werbung auf youtube nur eine Frage des Adblockers ist“ – Da kann man nur sagen: lol!

Worum es ging? Es ist üblich geworden, Musik, die man besonders mag (oder auch nicht), in sozialen Netzwerken seinen Freunden zu empfehlen. Dafür bieten die aktuellen Musik-Streaming-Anbieter Hilfsmittel an. In den meisten Fällen ist es dabei so, dass man vollen Zugriff auf die Musik nur bekommt, wenn man ein Abonnement bei diesem Anbieter abgeschlossen hat. Außerdem sei Spotify (man könnte auch andere nennen) natürlich moralisch bedenklich, weil die Komponistinnen und Künstlerinnen nur wenig daran verdienen, wenn unsereiner deren Klänge goutiert.

Moralisch bedenklich eben. Zumal es ja bei YouTube alles für lau gibt, was natürlich moralisch unbedenklicher erscheint. Und erst recht dann, wenn man auch noch die „Werbung“ (als vielleicht einziger Monetarisierungsmöglichkeit) technisch auszuschalten bereit ist. Ein Einzelfall?

Keineswegs. Nach wie vor gilt parasitäre Partizipation als chic. Der Streit um die EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt hat das noch einmal deutlich gemacht. Das Problem dabei war, dass man, wenn man Künstlerinnen beteiligen möchte, auch jene Majorplayer auf dem Markt wie YouTube und Spotify immer mitbeteiligen muss. Es gäbe zwar Alternativen, die gelten aber als weniger attraktiv, haben sie doch nicht jene Durchschlagkraft der großen marktbeherrschenden Unternehmen.

Es ist ein bisschen wie beim Klimawandel, nur im Kulturbereich. Ein Gegensteuern wäre auch hier nötig, aber das kurzfristige parasitäre Verhalten verspricht mehr Erfolg als nachhaltiges, faires „Konsumieren“, welches nicht langfristig seinen Wirt, eine vielfältige Kultur- und Kunstlandschaft, verhungern lässt. Digitalisierung frisst Moral.

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