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Insa Backe begrüßt die Teilnehmer. Foto: JeKi
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Was die Musikschullehrenden schon immer über JeKi wussten

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Fachtagung zur Präsentation der Forschungsergebnisse über das JeKi-Programm
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Die Jeki-Stiftung lud am 9. November zu einer Tagung ein, um die Forschungsergebnisse über das JeKi-Programm zu präsentieren. Insgesamt 13 Forschungsvorhaben bekamen 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Auftrag JeKi zu erforschen. Im Rahmen der Veranstaltung wurden ausgewählte Ergebnisse vorgestellt. Die Tagungsteilnehmer konnten aus den angebotenen vier Themenbereichen Kooperation, Teilhabe und Teilnahme, Wirkung sowie Unterrichtsqualität zwei auswählen. Einen Überblick verschaffte die Broschüre „Empirische Bildungsforschung zu „Jedem Kind ein Instrument“, die jeder Teilnehmende erhielt.

Der Blickwinkel der Forscher auf JeKi unterscheidet sich von dem der Grundschule und der wiederum von dem der Musikschule. Wie Prof. Dr. Ulrike Kranefeld ausdrücklich betonte, waren die Wissenschaftler unabhängig. Die Forschungsfragen entstanden aus dem fachdisziplinären Diskurs. Erfreulicherweise konnten die Forscherinnen und Forscher eine Weiterentwicklung der Unterrichtsforschung im Fach Musik bewirken, auf die in Zukunft Bezug genommen werden kann.

Damit wurde für die wissenschaftliche Betrachtung von Musikunterricht ein Meilenstein gesetzt.
Die Untersuchungsergebnisse über die Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Musikschule bestätigen, was alle in der Praxis Lehrenden doch schon am eigenen Leib erfahren haben. Der Erfolg des Programms JeKi hängt im Wesentlichen vom Wollen der Grundschulen ab. Die Bereitschaft das JeKi-Programm in den Schulalltag zu integrieren und für eine „gute“ Kommunikation zwischen den Beteiligten zu sorgen, sind neben den dafür bereitzustellenden organisatorischen Ressourcen die zentralen Voraussetzungen, damit das Programm erfolgversprechend umgesetzt werden kann. Hinzu kommt darüber hinaus, dass je mehr Stunden die JeKi-Lehrkraft vor Ort ist, desto eher findet ein intensiverer Austausch zwischen Grundschul- und Musikschullehrende statt.

Die Achillesferse des Programms bleibt der Tandemunterricht im ersten JeKi-Jahr. So fallen der Musikschullehrkraft die Planung und Durchführung des Unterrichts zu. Die Grundschullehrkraft agiert dagegen als pädagogische Fachkraft. Für die gemeinsame Unterrichtsplanung, -vor- und –nachbereitung ist im JeKi-Programm bisher keine gemeinsame Arbeitszeit vorgesehen. Diese fehlende Zeitressource reduziert die gemeinsame Vorbereitung in der Regel auf ein „Tür und Angel“-Gespräch. Es bleibt zu hoffen, dass die Synergieeffekte, die bei einer gemeinsamen Planung entstehen könnten, in Zukunft abgerufen werden. Dazu bedarf es jedoch neben der Zeitressource einer gewissen Offenheit der Beteiligten. Hierzu gehören auch eine selbstkritische Unterrichtsaufarbeitung sowie reflexive Unterrichtsbeobachtungen gemeinsam unter Kollegen.

Für die Musikschulen im Ruhrgebiet hatte das Zeitalter der Kooperationen mit Allgemeinbildenden Schulen schon vor JeKi begonnen. Durch die Veränderung hin zur Ganztagsschule hat sich die Musikschule auf den Weg in die Schule gemacht. JeKi kam als die eigenen Konzepte über  Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen in der Anfangsphase waren. Diese Konzepte erscheinen heute in der öffentlichen Diskussion gelegentlich als Randnotiz, was bedauernswert ist, da diese mehr den individuellen Zuschnitt der Zusammenarbeit der verschiedenen Lernorte in den Fokus genommen haben.

Festzustellen ist, dass die Musikschullehrkräfte die Herausforderung JeKi angenommen haben. Sie starteten in einem Praxisfeld, welches sich bis heute von dem in der Institution Musikschule deutlich unterscheidet. Sie haben sich den Lernort mit Hilfe der Praxis erarbeitet. Die Wissenschaftler umschreiben dieses Vorgehen als „Novizentum“. Erfreulicherweise sind ein paar Jahre der Erfahrung mit dem JeKi-Unterricht verstrichen, so dass die JeKi-Instrumentallehrkräfte nun zu Experten geworden sind. Die Bereitschaft sich neue Unterrichtsformen zu erschließen, wird von den Musikschullehrkräften erfüllt. Doch Veränderung der Musikschule durch das JeKi-Programm wurde bisher nicht untersucht. Der Unterrichtsort Schule ist für viele Eltern, die ihr Kind im Offenen Ganztag einer Grundschule angemeldet haben durchaus attraktiv, so dass sie nicht mehr wie früher den Weg in die Musikschule finden.

Neben den institutionellen Veränderungen ist eine weitere wichtige Frage nach der musikalischen und instrumentalen Tragweite. Welche Lernzuwächse gibt es durch den JeKi-Unterricht? Hierauf geben die Forschungsergebnisse leider keine Antwort.  Fairerweise muss man sagen, die Frage wurde durch die Forschungsvorhaben nicht thematisiert. Eine genauere Kenntnis über die Lernzuwächse ist nicht unerheblich, da wir Musikschullehrende uns doch wünschen, dass die Kinder auch nach den vier Jahren mit ihrem im 2. Schuljahr gewählten Instrument weitermachen. Dabei ist vor allem der Übergang zur Sekundarstufe 1 in eine weitere Kooperation problematisch. In der weiterführenden Schule fangen die JeKi-Kinder schließlich nicht mehr bei Null an. Es ist daher ein Curriculum für die ersten vier Jahre erforderlich, das eine klare Zielorientierung des JeKi-Programms ermöglicht.

Eine Untersuchung aus Heidelberg deutet darauf hin, dass die musikalische Begabung neuroanatomisch nachweisbar ist. Dies dürfte die Diskussion um dieses Thema neu entfachen.
Da die meisten Forschungsvorhaben sich vorwiegend mit Unterrichtsqualität und Transfereffekten beschäftigt haben, war auch kulturelle Teilhabe ein Untersuchungsgegenstand. Auch wenn JeKi kulturelle Teilhabe ermöglicht, bleibt eine genaue Begriffsklärung, was kulturelle Teilhabe eigentlich ist, offen.

Ein Praxisbeispiel kulturelle Teilhabe zu möglichen ist, die Eröffnung eines Übehauses in Essen-Kray am 22. November 2013. Kindern, die zu Hause keine oder wenig Unterstützung haben, wird die Möglichkeit geboten unter fachkompetenter Anleitung zu üben.

Für die Zukunft stehen noch einige Aufgaben an, um Kooperationskonzepte zwischen Musikschule und Grundschule erfolgreich durchzuführen. Inhaltlich ist es doch wünschenswert über einen Leitfaden bzw. Curriculum  im JeKi – Programm nachzudenken.

Eine gründliche Überarbeitung wünsche ich mir in folgenden Bereichen:

Klärung der Rolle des Singens, Einbeziehen von Tanz und Szenischem Spiel, Zeitressourcen für Unterrichtsplanung und -reflexion, Ermöglichen individueller Konzepte vor Ort (Klassenmusizieren, Chorklassen, etc.), Profilbildung der Schulen, Übehilfen. Einige der Überarbeitungsvorschläge wurden von den Verantwortlichen der Stiftung und des Landes NRW Bernd Neuendorf, Peter Landmann und Birgit Walter bei der abschließenden Podiumsdiskussion ausdrücklich in Aussicht gestellt.

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