Im Gespräch mit Prof. Dr. Martina Benz, Professorin für Musikpädagogik an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, spricht Janina Heinle, Leiterin der Stabsstelle Kommunikation der Hochschule, über die gesellschaftliche Relevanz des Faches Musik an Schulen, die besondere Rolle von Musiklehrkräften und warum ästhetische Bildung essenziell für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen ist.
links: Prof. Dr. Martina Benz. Foto: Foto Filling, rechts: Janina Heinle. Foto: Daniel Höpfner
Verzicht auf ästhetische Bildung wäre fatal
Liebe Frau Prof. Dr. Benz, in einer Welt, die stark auf Effizienz, Digitalisierung und messbare Leistung setzt – welchen Stellenwert hat das Fach Musik im aktuellen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Kontext?
Der schulische Musikunterricht bietet jungen Menschen die Möglichkeit, ästhetische Erfahrungen zu machen, d.h. sich auf eine ganz besondere, nämlich ästhetische Weise mit der Welt auseinanderzusetzen. Im Musikunterricht geht es also weniger um Effizienz im Sinne eines normierten Outputs, sondern darum, in ästhetischer Praxis neue Sichtweisen auf die Welt und sich selbst zu gewinnen, sprich: sich ästhetisch zu bilden. Das bedeutet aber nicht, Musikunterricht als Kompensationsfach aufzufassen – das wäre ein großes Missverständnis. Musikunterricht steht wie jedes Fach in einer gesellschaftlichen Verantwortung; es gilt also, ihn anspruchsvoll und fundiert zu gestalten. Daher ist das Musik-Lehramtsstudium auch so wichtig, damit der schulische Musikunterricht auch in Zukunft qualitätvoll angeboten und durchgeführt werden kann.
Was kann Musikunterricht im Vergleich zu anderen Fächern leisten – emotional, sozial, aber auch kognitiv?
Ästhetische Erfahrungen können ganz besonders intensiv und nachhaltig wirken. Sie können uns affizieren und ein Stück weit transformieren, da wir in ästhetischer Praxis aus unseren Alltagsroutinen heraustreten und dadurch die Freiheit haben, Dinge anders wahrzunehmen, über Dinge anders nachzudenken, sie aus einer anderen Perspektive zu sehen und über diese Sichtweisen ästhetisch zu streiten. Um zu verhindern, dass ästhetische Auseinandersetzungen oberflächlich und beliebig bleiben, sind kognitive (z.B. musiktheoretische und -historische) Fähigkeiten unabdingbar.
Wenn Musikunterricht so gestaltet wird, dass ästhetische Erfahrungen angebahnt werden, bietet er eben diese besonderen Wahrnehmungs- und Deutungsmöglichkeiten, was ihn von anderen Fächern unterscheidet. Insofern ist der Musikunterricht nicht ersetzbar und somit auch nicht verzichtbar – ein Verzicht auf ästhetische Bildung wäre fatal!
Welche Kompetenzen benötigen Musiklehrkräfte heutzutage – und wie bildet die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim sie dafür aus?
Musiklehrkräfte müssen in der Lage sein, ästhetische Praxen in der Schule anzuleiten und erfahrbar zu machen. Hierfür müssen sie selbst fachlich fundiert und souverän in verschiedenen Bereichen musikalischer Praxis tätig sein und sollten sich selbst auch als Künstler:innen verstehen. Ein gutes wissenschaftliches Fundament in den Fächern Musikwissenschaft, Musiktheorie und Musikpädagogik ist hierfür unerlässlich. Die Lehramtsstudiengänge an unserer Hochschule sind von einem breitgefächerten künstlerischen Angebot geprägt und liefern durch Profilbildungen die Möglichkeit, sich künstlerisch und wissenschaftlich zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Großer Wert wird gerade in den musikpädagogischen und fachdidaktischen Veranstaltungen auf die Reflexion gesellschaftlicher Verantwortung im Musikunterricht gelegt. Die Vernetzung von Theorie und Berufspraxis wird durch entsprechende Formate wie das Tagespraktikum, welches bereits im Bachelor-Studiengang an einer Schule absolviert wird, gewährleistet.
Janina Heinle
Aufgewachsen in Ravensburg, studierte Janina Heinle Musikjournalismus für Rundfunk und Multimedia an der Hochschule für Musik Karlsruhe. Berufliche Stationen führten sie als Musikredakteurin zum Südwestrundfunk nach Stuttgart sowie als PR-Redakteurin nach Karlsruhe. Musikalisch geprägt wurde sie durch ihr Instrumentalspiel: Im Alter von acht Jahren begann sie, Oboe und Englischhorn zu spielen. Früh begeisterte sie sich für Kammermusik und das Orchesterspiel – etwa im Landesjugendensemble Neue Musik Baden-Württemberg, in der Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben oder in der Donau Philharmonie Ulm. Für ihre Leistungen wurde sie unter anderem mit dem Förderpreis der Musikschule Ravensburg ausgezeichnet sowie auf Bundesebene bei „Jugend musiziert“ im Oboentrio prämiert. Seit dem 1. Oktober 2025 verantwortet sie als Leitung die Arbeit der Stabsstelle Kommunikation an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Ihr Ziel ist es, neue kommunikative Formate zu entwickeln und Sichtbarkeit für die vielfältige Arbeit der Hochschule zu schaffen.
Prof. Dr. Martina Benz
Prof. Dr. Martina Benz (geb. Krause) studierte Schulmusik und Klavier an der Folkwang Universität der Künste (früher: Folkwang-Hochschule für Musik) in Essen und Englisch an der Universität Duisburg-Essen. 2005 promovierte sie in Musikpädagogik bei Prof. Dr. Peter W. Schatt.
Nach mehrjähriger Lehrtätigkeit im Schul- und Hochschuldienst (u. a. Helmholtz-Gymnasium Hilden, Folkwang Universität der Künste Essen, Universität Bielefeld) wurde sie zum Herbstsemester 2010 auf eine Professur für Musikpädagogik an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim berufen und leitet seitdem die Studiengänge Lehramt Musik an Gymnasien. Sie ist Mitglied des Lenkungsgremiums der Graduiertenschule Musikpädagogik für strukturierte Promotionen, im Internationalen Forschungsverbund Wissenschaftliche Musikpädagogik sowie in zahlreichen musikpädagogischen Verbänden.
Martina Benz hält regelmäßig Vorträge auf Fachtagungen, ist Autorin sowie (Mit-)Herausgeberin mehrerer musikpädagogischer Bände und publiziert in einschlägigen Fachorganen.
Studieninformationstag „Chance Lehramt Musik“
An der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim
Am Samstag, 14. März 2026, lädt die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim alle Studieninteressierten herzlich zum Studieninformationstag „Chance Lehramt Musik“ ein.
Wer sich für das gymnasiale Lehramtsstudium Musik interessiert, erhält an diesem Tag von 10:00 bis 15:00 Uhr spannende Einblicke direkt aus dem Hochschulalltag: Studierende und Lehrende stehen Rede und Antwort und geben wertvolle Tipps und Einblicke rund um Studium, Bewerbung und Eignungsprüfung. Es wird ebenfalls die Möglichkeit geben, praktische Teile der Aufnahmeprüfungen zu simulieren sowie an Probeunterricht in Klavier und Gesang teilzunehmen.
Bewerbungszeitraum für das Herbstsemester 2026: 1. bis 30. April 2026
Weitere Informationen zum Studiengang unter: www.muho-mannheim.de/ studienangebote
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