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11.3.: kulturfinanzierung aktuell +++ kulturfinanzierung

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Theater Wismar entlässt künstlerisches Personal +++ Sparpläne Aachens beim Theater stoßen auf Kritik


Theater Wismar entlässt künstlerisches Personal
Wismar (ddp-nrd). Nach dem vorzeitigen Aus für die Wismarer Theaterdirektorin Astrid Griesbach will die Stadt jetzt auch die Schau- und Puppenspieler der kleinen Bühne auf die Straße setzen. Kultursenator und Vize-Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) sagte am Montag auf ddp-Anfrage, es werde beabsichtigt, die Verträge mit dem künstlerischen Personal nicht über das Spielzeit-Ende im Sommer hinaus zu verlängern. Allerdings hätten zwei der insgesamt sechs Schau- und Puppenspieler gegen die Entscheidung bereits Widerspruch eingelegt. «Es wird deswegen mit diesen Künstlern sicher noch einmal Einzelgespräche geben», kündigte Beyer an.
Die Entscheidung bedeute nicht das Ende eigenständiger Theaterproduktionen in der Hansestadt, betonte der Kultursenator. Man müsse sich jedoch auf ein insgesamt verändertes Theaterkonzept verständigen. Nach Beyers Vorstellungen soll die Bühne bei Eigenproduktionen künftig «wieder einen deutlich stärkeren Akzent auf Figuren- und Puppentheater legen». Ein entsprechendes Konzept werde er dem Kulturausschuss demnächst vorlegen. Der Posten des künstlerischen Leiters soll nach dem Ausscheiden von Direktorin Astrid Griesbach nicht wieder besetzt werden.
Unklar ist Beyer zufolge, ob das Wismarer Theater aus der Diskussion über «das große Thema Haushaltskonsolidierung» heraus gehalten werden könne. «Fakt ist jedoch, dass wir ab September mit einer starken Betonung auf Gastspiele arbeiten werden», sagte der Politiker. Zu Gastspielen gebe es bereits Gespräche mit dem Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Der Theateretat beträgt den Angaben zufolge derzeit rund 900 000 Euro jährlich. Davon sind 573 000 Euro für Personalkosten vorgesehen.

Sparpläne Aachens beim Theater stoßen auf Kritik
Aachen (ddp-nrw). Die Sparpläne Aachens beim Stadttheater lösen heftige Reaktionen aus. «Ich stehe als Abwickler eines gesunden, in vielen Bereichen kraftstrotzenden Theaters nicht zur Verfügung», sagte Intendant Paul Esterhazy am Montag. Er werde seinen Vertrag über die Spielzeit 2004/2005 hinaus nicht verlängern.
Damit kam der Intendant den Verhandlungen mit der Stadt zuvor, die wegen der schwierigen Finanzlage und der Unsicherheiten bei der Haushaltsgenehmigung auf Sommer vertagt worden waren. Auch Oberspielleiter Michael Helle, der gleichzeitig mit Esterhazy vor zweieinhalb Jahren nach Aachen gekommen war, wird seinen Vertrag nicht verlängern: «Mein Vertrauen in die Kulturpolitik dieser Stadt ist verloren gegangen.»
Hintergrund dieser Entscheidungen sind Entwicklungen in der Aachener Politik, dem Theater die Zuschüsse in der laufenden sowie den nächsten beiden Spielzeiten um rund eine Millionen Euro zu kürzen und darüber hinaus noch 3,9 Millionen Euro aus den Rücklagen zu entnehmen. Das hatte eine Elefantenrunde aus elf Politikern aller Fraktionen gemeinschaftlich vorgeschlagen - als einen von 36 Punkten, um der Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verschaffen.
Dieser Vorschlag geht weit über den einer politischen Theaterstrukturkommission hinaus, die in den vergangenen sechs Monaten gemeinsam mit den Verantwortlichen im Theater «das Einsparpotenzial bis aufs Äußerste ausgereizt» hat, wie Kommissionsmitglied Esterhazy betonte. Am Ende dieser Beratungen habe ein Konsens gestanden, der weit über alles hinaus gegangen sei, was ein Theater jemals zu leisten in der Lage war: 500 000 Euro Etatkürzung pro Spielzeit sowie 2,15 Millionen Euro aus den Theater-Rücklagen.
Dieser Vorschlag aber reichte den Ratsmitgliedern nicht. Zusätzlich wurde zuletzt bekannt, dass die Politiker glauben, die Stadt Aachen könne sich als alleiniger Träger ein Stadttheater nicht mehr leisten. Gleichzeitig beteuerten alle Fraktionen, ihnen sei daran gelegen, das Zwei-Sparten-Haus zu erhalten.
Die Entwicklung sei «an Absurdität nicht zu übertreffen», da sich das Theater derzeit im enormen Aufschwung befinde und seit zwei Spielzeiten die Besucherzahlen jeweils im zweistelligen Prozentbereich wüchsen, sagte Esterhazy.
Der Intendant warnte vor einem «Dammbruch» in NRW und ganz Deutschland: Aachen steht nicht nur im Alphabet vorn, sondern in den Kommunen Nordrhein-Westfalens leider auch, was die Kürzungen im Kulturhaushalt betrifft.« In diesen Tagen erwartet Esterhazy sämtliche Intendantenkollegen aus NRW zu Besuch. Dann will er ihnen die Vorbereitungen zum NRW-Theatertreffen vorstellen, das Ende Juni in Aachen stattfindet. »Ich werde meine Kollegen aber auch darauf vorbereiten, was ihnen eventuell in ihren Kommunen noch bevor steht."