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Den Literaturnobelpreis hat Astrid Lindgren, sehr zum Unverständnis ihrer Landsleute, nie bekommen. Jetzt wurde die verstorbene Schriftstellerin für den Friedensnobelpreis nominiert.
mdr - Die schwedische Kinderbuchautorin sei am Montag im Alter von 94 Jahren "still und sanft" eingeschlafen, teilten ihre beiden Töchter mit. Nach einer Virusinfektion sei die Schriftstellerin über viele Monate hinweg "sehr geschwächt" gewesen.Lindgren schrieb Romane, Kurzgeschichten, Bühnenstücke, Gedichte und Liederbücher. Aus ihrer Feder stammen über 100 Werke. Zu den berühmtesten zählen neben "Pippi Langstrumpf" Klassiker wie "Wir Kinder aus Bullerbü", "Ronja Räubertochter" und "Kalle Blomquist". Über 120 Millionen Exemplare wurden gedruckt. Ihre Bücher wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt. Lindgrens Vorlagen wurden in über 40 Filmen und Fernsehserien aufgegriffen.
Fernsehen und Rundfunk in Lindgrens Heimat änderten sofort nach der Todesnachricht ihre Programme und strahlten Interviews mit der Autorin, Lesungen aus ihren Büchern oder Ausschnitte aus Verfilmungen aus. Ministerpräsident Persson sagte: "Wie haben eine sehr wichtige Persönlichkeit verloren. Astrid Lindgren war eine starke Stimme für die Rechte der Kinder." Er hob auch Lindgrens Engagement für den Tierschutz und den Frieden in der Welt hervor. Der schwedische König Carl Gustaf würdigte die Autorin als "einzigartige Schriftstellerin", deren Arbeit auch für die gesamte Königsfamilie von großer Bedeutung gewesen sei. Der deutsche Bundespräsident Rau sagte: "Ihr Tod ist ein Verlust für die Kinder dieser Welt und die, die einmal Kinder waren". Lindgren habe unsere Welt reicher und bunter gemacht.
Allein die deutschsprachige Auflage der Lindgren-Klassiker liegt bei über 25 Millionen Exemplaren. Wie der Oetinger Verlag Hamburg mitteilte, ist "Pippi Langstrumpf" mit rund sechs Millionen Exemplaren das am besten verkaufte Werk, gefolgt von "Wir Kinder aus Bullerbü". Nach Ansicht einer Verlagssprecherin liegt das Geheimnis des langjährigen Erfolges darin, dass die Schwedin "den Kindern Mut macht, stark zu sein und mit Optimismus durchs Leben zu gehen." Lindgren habe als "weltwichtigste Autorin" von Kinderbüchern Generationen zu schönen Literaturerlebnissen verholfen und ihnen "viel mit auf den Weg gegeben".
Auch Staatsmänner werden schon als Kinder geformt Astrid Lindgren erhielt 1978 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In ihrer Dankesrede sagte sie: "Ob ein Kind zu einem warmherzigen, offenen und vertrauensvollen Menschen mit Sinn für das Gemeinwohl heranwächst oder aber zu einem gefühlskalten, destruktiven, egoistischen Menschen, das entscheiden die, denen das Kind in dieser Welt anvertraut ist, je nach dem, ob sie ihm zeigen, was Liebe ist, oder aber dies nicht tun.(...) Auch künftige Staatsmänner und Politiker werden zu Charakteren geformt, noch bevor sie das fünfte Lebensjahr erreicht haben - das ist erschreckend, aber es ist wahr."
1994 erhielt Astrid den Alternativen Nobelpreis. Nachdem sie nicht mehr schriftstellerisch tätig war, engagierte sie sich vor allem für einen besseren Tierschutz.
Anlässlich des Todes von Astrid Lindgren hat der KIKA den Start der 26-teiligen Zeichentrickserie "Pippi Langstrumpf" vorgezogen. Seit Montag sind werktags um 15.10 Uhr die Abenteuer des rothaarigen Mädchens und ihrer Freunde zu sehen. Für kommenden Sonntag plant der Kinderkanal um 17.00 Uhr eine Filmbiografie über Astrid Lindgren. Anschließend, um 17.20 Uhr, strahlt der Sender den Film "Karlsson vom Dach" aus. Darüber hinaus sendet der KIKA im Februar eine Reihe von Lindgren-Verfilmungen.
orf - Astrid Lindgren ist einen Tag nach ihrem Tod für den Friedensnobelpreis nominiert worden. Der Politikwissenschafter Ulf Bjereld von der Göteburger Universtität schlug die am Montag verstorbene schwedische Kinderbuchautorin dem Nobelpreiskomitee vor, wie die schwedische Nachrichtenagentur TT am Dienstag meldete.
Da Nobelpreise normalerweise nicht posthum verliehen werden, bat Bjereld das Komitee, eine Ausnahme zu machen. "Ihre Literatur vermeidet Schwarz-Weiß-Darstellungen und betont Mut und Zivilcourage als Grundvoraussetzungen für Anständigkeit", schrieb der Politik-Professor in seiner Nominierung. Dafür verdiene sie den Friedensnobelpreis. Für den Literaturnobelpreis war Astrid Lindgren zu ihren Lebzeiten mehrmals vorgeschlagen worden. Bekommen hat sie ihn zur Enttäuschung vieler Landsleute nie.
Die schwedischen Medien würdigten Lindgren am Dienstag mit Sonderbeilagen und -sendungen. Tausende trauernde Fans strömten zu ihrem Wohnhaus, legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Astrid Lindgren wird in ihrem Geburtsort Vimmerby neben dem Grab ihrer Eltern beerdigt. Wie die Familie der weltweit populärsten Kinderbuchautorin unserer Zeit am Mittwoch in Stockholm bestätigte, hatte Astrid Lindgren diesen Wunsch bereits lange vor ihrem Tod geäußert. Der Tag der Beerdigung soll spätestens am Donnerstag bekannt gegeben werden.
Die Lindgren-Tochter Karin Nyman teilte mit, dass trotz des Wunsches ihrer Mutter nach einer Beerdigung im engsten Familienkreis ein großer Gedenkgottesdienst in Stockholm geplant wird. "Wir haben Anfragen aus aller Welt von Menschen bekommen, die direkt Anteil nehmen wollen", erklärte Nyman. Die an den Gottesdienst anschließende Beerdigung im fast 300 Kilometer entfernten Vimmerby soll dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Nahe der Stadt findet sich auch ein 100.000 Quadratmeter großer Märchenpark mit Motiven aus den Büchern von Lindgren.