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Der Dirigent Otmar Suitner wird 80 Jahre alt

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"Ich bin ein braver Tiroler Bauernbub", hat Otmar Suitner einmal spitzbübisch über sich gesagt. Obwohl der Österreicher anfangs mehr auf seine Karriere als Pianist gesetzt hatte, befolgte er gehorsam den Rat seines Dirigierlehrers Clemens Krauss und wählte den Beruf des Orchesterleiters.

Berlin (ddp-bln). Mehr als ein Vierteljahrhundert war er Chef der Staatskapelle der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Am 16. Mai wird der Dirigent 80 Jahre alt. Schon früh spielte der gebürtige Innsbrucker solistisch Brahms auf dem Flügel mit den Münchner Philharmonikern und gab Klavierabende. In beiden Fächern, Klavier wie Dirgieren, hatte er prominente Mentoren. Dazu zählte der Tasten-Experte Franz Ledwinka, ein Lehrer Herbert von Karajans, der auch Musizierpartner von Brahms und Johann Strauß gewesen war. Und Krauss war Richard-Strauss-Schüler und selbst ein Dirigent von hohem Format.

Das brachte es mit sich, dass Suitner in Salzburg, wo er am Mozarteum studierte, an der Seite von Strauss Proben mit Krauss für Strauss-Werke erleben konnte. Strauss wie Krauss waren Musikchefs der Berliner Lindenoper gewesen. Konnte es eine bessere Voraussetzung geben, große Traditionen dieses Hauses weiter zu führen? Otmar Suitner wurde vor 40 Jahren als Generalmusikdirektor an die Staatsoper in Ost-Berlin berufen, er wirkte hier 26 Jahre lang. Damit war seine Amtszeit länger als die von Richard Strauss.

Darauf ist Suitner, der nach wie vor vor allem in Berlin lebt, besonders stolz. Allerdings blieb ihm durch Krankheit die in diesem Beruf bei den Großen - und zu denen zählt Suitner zweifellos - fast übliche Alterskarriere verwehrt. Als er 1996 noch einmal als Gast ans Pult des Orchesters der Staatsoper zurück kehrte, lief die Probe zunächst geradezu ideal. Aber am Ende brach Suitner zusammen. So wurde ein Gastspiel in Göteborg im selben Jahr zu seinem letzten Auftritt.

Trotz starker Konzentration auf die Arbeit in Berlin hat Suitner viele bedeutende Orchester dirigiert. Heraus ragen mehrere Bayreuther Festspielsommer Mitte der 60er Jahre, unter anderem mit "Ring"-Dirigaten, und seine Riesenerfolge in Japan als Ehrendirigent des NHK Symphony Orchestra. "Meine herrliche Kapelle" nennt er seinen Berliner Klangkörper, die Staatskapelle. Zuvor hatte er aber vier Jahre lang auch dem Dresdner Pendant als Chef vorgestanden. Mit beiden Orchestern sind zahllose wichtige Schallplatten-Aufnahmen entstanden.

Drei neue CDs hat das Label Berlin Classics nach den Vorstellungen des Jubilars zum Achtzigsten zusammen gestellt. Und "Meine herrliche Kapelle" überschrieb Dirk Stöve eine soeben erschienene Buch-Veröffentlichung über Suitner, die auch die Staatskapelle Berlin mit einbezieht (Henschel Verlag, 143 Seiten, 40 Schwarz-Weiß-Abbildungen, 16,90 Euro). Die Lindenoper will Suitner am 25. Mai mit einem Festakt ehren.

Mozart, Wagner und Strauss waren stets die Hauptdomäne Suitners, aber er hat sich auch für Schönberg eingesetzt, als dies in der DDR noch alles andere als Normaltät war. Einiges wurde von ihm uraufgeführt, zumal von Paul Dessau. Dessen Ehefrau, die Regisseurin Ruth Berghaus, wurde von Suitner erst so recht für die Opernbühne gewonnen.

Klaus Klingbeil