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DMV tagte in Nürnberg: 5 Tagungsberichte

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Verleger wollen Händlern helfen, die Konjunkturkrise besser zu meistern +++ Klempnow: GEMA-Einnahmen von Tonträger-Einbrüchen betroffen +++ Musikexportbüro nimmt konkrete Formen an +++ Musikunterricht an den Schulen muss wieder mehr in den Mittelpunkt der Politik +++ Druck auf die Politik hat sich ausgezahlt

1. Verleger wollen Händlern helfen, die Konjunkturkrise besser zu meistern

"Es ist fünf vor zwölf" - Insolvenzwelle muss gestoppt werden
Der deutsche Musikfachhandel leidet unter der Konjunkturkrise. Auf seiner Jahrestagung in Nürnberg kündigte der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV) an, dass man alle Möglichkeiten der Kommunikation und Zusammenarbeit nutzen wolle, um dem Musikalienhandel zu helfen.
Die Präsidentin des Deutschen Musikverleger-Verbandes, Dagmar Sikorski, unterstrich, dass der Musikfachhandel noch immer die wichtigste Stütze für den Notenumsatz sei. Trotz Internet dürfe man niemals vergessen, dass der Umsatz mit Musikalien über die Fachgeschäfte laufe. Das sei wichtiger als beim Buchhandel, wo man schnell über die Veröffentlichung informieren könne. Bei den Musikalien wünsche sich der Kunde jedoch, jede Ausgabe selbst in die Hand zu nehmen, um erst einmal zu prüfen, ob dieses Werk für ihn auch spielbar sei. Darum ist es für die deutschen Musikverlage höchste Priorität zu verhindern, dass noch mehr Musikalienhändler ihre Geschäfte schließen müssen.
Dr. Peter Hanser-Strecker, Vorsitzender des E-Ausschusses, appellierte an den Handel, sich in der Präsentation und im Marketing den neuen Entwicklungen anzupassen. "Es ist ein folgenschwerer Irrtum, wenn ein Händler glaubt, heute ohne Elektronik noch wirtschaftlich erfolgreich Geschäfte machen zu können." Dazu gehöre auch das elektronische Bestellsystem. Dagmar Sikorski: "Auch wir Verlage müssen rationalisieren. Darum ist die Zeit der Zettelwirtschaft endgültig vorbei."
Dr. Peter Hanser-Strecker berichtete, dass nach seinen Untersuchungen schon jetzt 30 Prozent der Musikschulen kein Musikaliengeschäft mehr vor Ort hätten, um ihren musikalischen Notenbedarf zu decken. Darum werde oftmals in den Musikschulen gescannt und fotokopiert. Das Geschäft laufe an der Branche vorbei. Hinzu komme, so Hanser-Strecker, dass viele Musikfachhändler weder in der Präsentation noch im Sortiment den modernen Anforderungen entsprächen.

Der Dialog als Überlebenschance
Die Mitglieder des DMV wollen versuchen, in einen noch engeren Dialog mit den Musikalienhändlern zu kommen, und zwar im Rahmen der geplanten GDM-Jahresversammlung im September in Nürnberg. Hier werde die Kooperation der Verbände vorangetrieben.
Dazu sei es aber notwendig, dass der GDM zur Jahresversammlung möglichst viele Mitglieder aktiviere. "Es müssen gemeinsam nachhaltige Maßnahmen beschlossen werden, um dem Musikfachhandel in einem Konjunkturtief eine neue Perspektive zu geben", so Dagmar Sikorski. Dabei gehe es nicht nur um Rabatte und das Fotokopieren, sondern um viel brisantere Themen, die existenziell seien und die auch mit der Kreativität des gesamten Handels zu tun hätten.
Hanser-Strecker: "Es ist hierbei wichtig, dass die tatsächlichen Leistungsträger sich kritisch, konstruktiv mit dem Thema auseinandersetzen, wo die tatsächlichen Möglichkeiten eines besseren Miteinanders liegen und wie wir gemeinsam aus der tiefen Talsohle herauskommen können."
Nur in einem gemeinsamen Dialog könne man einen Weg aus dieser Krise schaffen. Dr. Peter Hanser-Strecker: "Es ist für den Musikfachhandel \'fünf Minuten vor zwölf\'. Die Insolvenzwelle im Musikfachhandel hat eine so unglaubliche Geschwindigkeit erreicht, dass es gemeinsamer Anstrengung bedarf, um diesen negativen Trend zu stoppen."


2. Klempnow: GEMA-Einnahmen von Tonträger-Einbrüchen betroffen

Die guten Zeiten der GEMA-Einnahmen sind im Augenblick vorbei, weil nicht nur die Tonträgerumsätze drastisch gesunken sind. Auch die Einnahmen aus dem Bereich Hörfunk und Fernsehen werden zurückgehen, da die Werbeeinnahmen der Anstalten rückläufig sind. Das berichtete Karl-Heinz Klempnow, Vorsitzender des GEMA-Fachausschusses, auf der Jahreshauptversammlung des DMV.

Zwar habe es im letzten Jahr noch eine geringe Steigerung gegeben, doch ist bei einer vorsichtigen Vorausschau für das nächste Jahr von einem Rückgang auf etwa 800 Millionen Euro auszugehen. Dabei habe auch die Insolvenz des Kirch Konzerns eine Rolle gespielt. Lediglich im Bereich der Bezirksdirektion wird es zu kleinen Steigerungsraten kommen, weil die Schlüsseltarife der Inflationsrate bzw. dem Lohnindex angepasst worden sind.
Besorgt zeigte sich Karl-Heinz Klempnow über das Verhältnis zwischen der GEMA und der IFPI. Der BIEM-Normalvertrag hatte eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2000. Die deutsche Landesgruppe der IFPI hat im Dezember 2000 bei der Schiedsstelle den Antrag auf Festsetzung angemessener Vertragsbedingungen gestellt, jedoch ohne ihre Vorstellungen zu beziffern. Um die Konditionen für medienbeworbene Tonträger wird zur Zeit beim OLG München gestritten. Darüber hinaus hat die IFPI für die Bereiche Musikvideo, DVD und Online Music On Demand die Schiedsstelle des deutschen Patent- und Markenamtes angerufen, weil Verhandlungen zu diesen Tarifbereichen gescheitert sind. Hinzu kommt noch die Beschwerde der Universal Music International Limited bei der Europäischen Kommission gegen den BIEM-Normalvertrag und die Differenzen zwischen der Firma Warner Music Group und der GEMA über die Praxis des Inkassos und der Verteilung bei Tonträgernutzung. Zu der Schwäche des Marktes kommen beträchtliche Verunsicherungen hinzu, die es wohl notwendig machen werden, Rückstellungen vorzunehmen. Bei der Lizenzierung der medienbeworbenen Tonträger werden bereits Rückstellungen gebildet, die in etwa einen zweistelligen Millioneneurobetrag ausmachen.
Gaby Urban berichtete, dass die GEMA zusammen mit den Berechtigten versuche, ein Netzwerk zur systematischen Erfassung von Exportinformationen aufzubauen. Dazu fand ein Gespräch zwischen Verlagsmitarbeitern und der GEMA-Verwaltung statt. Neben der Modernisierung der EDV-Systeme geht es vor allem um Informationsbeschaffung. Die Verlage/Urheber werden gebeten, alle Infos über Ausstrahlungen im Ausland im Rahmen eines Formulars (siehe GEMA website) an die GEMA zu melden.
Gaby Urban: "Die GEMA tritt derzeit erneut an alle Sender bzw. Vertriebsgesellschaften heran, um den Informationsaustausch zu verbessern." Probleme seien u.a., dass es keine Erfassung der Ausstrahlungsdaten gebe (nur Verkauf) und ausländische Titelbezeichnungen. Am 1. Juli findet erneut ein Gespräch mit der GEMA statt. Im Anschluss wird der Gesamtkomplex schriftlich dargestellt und guidelines für die Verlegerseite vorgeschlagen.

Mehr Genauigkeit gefordert
Die GEMA Abrechnung der TV Werbespots war in den letzten Jahren ein wichtiges Thema des GEMA Ausschusses. "Das \'Urvertrauen\' zu den Abrechnungen der Sparte fing vor einigen Jahren an zu bröckeln. Eine erhebliche Anzahl von Reklamationen größeren Umfangs hatten sich bei der GEMA angesammelt. Sendelisten von \'media control\' offenbarten die Diskrepanzen zwischen erfolgten Sendungen und GEMA Abrechnungen. Prozesse gegen die GEMA, ein Rechtsgutachten und Auszahlungsstopp seitens der GEMA folgten", berichtete Norbert Hauptfleisch.
Die Gerichte hätten mehr Klarheit gebracht und zwangen die GEMA auch so zu administrativen Änderungen. Fazit: \'media control\'-Listen kommt wohl eine erhebliche Beweisfunktion zu, aber die Rechteinhaber sind aufgefordert, bei der Abrechnung der Werbespots mitzuwirken (Mitwirkungspflicht). Die Sendemeldungen bleiben weiterhin die Grundlage der GEMA Abrechnung. Bei Reklamationen können Vorschüsse auf die Auszahlung beantragt werden und die GEMA prüft per Plausibilitätsverfahren die Berechtigung. Von der GEMA Dok. wurde ein neuer Anmeldebogen für Werbespots entwickelt, der auf der GEMA Internet homepage abrufbar ist. Wichtiges Kriterium, neben der Charakterisierung der Werbung, bleibt die doppelte Unterschrift durch den Berechtigten (Verlag/Autor) und die Zweitunterschrift des Auftraggebers auf dem Formular. In wenigen Ausnahmefällen kann diese durch entsprechende Glaubhaftmachung ersetzt werden.
?Insgesamt gravierende Änderungen, aber ohne Alternative, wenn von der GEMA mehr Genauigkeit und Verlässlichkeit gefordert wird?, so Hauptfleisch. Der GEMA Ausschuss konnte auch hier in Gesprächen mit der GEMA Auswüchse und Unverträglichkeiten für die Praxis beseitigen.
Über die GEMA-Datenbank DIDAS berichteten unter der Leitung von GEMA-Vorstandsmitglied Rainer Hilpert, Direktor Dr. Jacob de Ruiter, Direktor Norbert Timm, Abteilungsleiter Jürgen Röhr und Abteilungsleiterin Gudrun Obermeier. Sie sprachen über die Entwicklung dieses neuen Computersystems und welche ersten Anfangsschwierigkeiten zu überwinden waren. Rainer Hilpert berichtete, dass die Umstellung auf DIDAS wohl das größte EDV-Projekt in der Geschichte der GEMA gewesen sei. Schließlich waren 1.600 Programme zu schreiben, um sechs Millionen musikalische Werke zu erfassen. Durch die Einarbeitungsphase sei die GEMA immer noch bei den Anmeldungen ca. vier Monate im Rückstand, doch das werde in nächster Zeit abgebaut.



3. Musikexportbüro nimmt konkrete Formen an

Die Gründung eines Musikexportbüros, die Durchsetzung einer Quote in den öffentlich-rechtlichen Hörfunksendern sowie die Möglichkeiten der kreativen Einflussnahme bei der konzeptionellen Änderung des Grand Prix, aber auch die Information zur Kooperation zwischen verschiedenen Medien, um Tonträgerumsätze deutlich zu verbessern. Diese Palette von Themen beschäftigte die gemeinsame Sitzung des Ausschusses für U-Musik, für Tonträger sowie Hörfunk- und Fernsehfragen anlässlich der DMV-Jahrestagung in Nürnberg.

Prof. Michael Karnstedt als Vorsitzender des Tonträgerausschusses begrüßte, dass die Bandübernahmeverträge auch von der Industrie endlich als reformbedürftig angesehen werden. Dazu habe auch der Druck kalifornischer Gerichte beigetragen, die mehr Transparenz in den Vertragsverhältnissen zwischen Industrie und Künstlern sowie Musikverlegern fordern. Karnstedt wies darauf hin, dass die Industrievertreter davon ausgehen, ihre hundertseitigen Verträge auf 12 Seiten reduzieren zu müssen. Veränderungen forderte Karnstedt bei den Verpackungskosten, Technik- und Extrapromotionaufwendungen zugunsten der Autoren, Künstler und Verleger.
Karnstedt riet den Mitgliedern des DMV, sich bei den Vertragsabschlüssen noch mehr um Details zu kümmern und darauf zu achten, dass man geläufige Audits bei den Tonträgerfirmen durchführe, um nicht erhebliche Verluste zu erleiden. Immerhin - so Karnstedt - findet nach wie vor das A&R-Geschehen auf dem Lizenzweg statt.
Die Quote im Hörfunk beschäftigten die Ausschüsse in Nürnberg. Nach den Worten von Präsidentin Dagmar Sikorski gehe es nicht nur um die Pop- und Rockmusik, sondern man dürfe bei allen Bemühungen nicht vergessen, dass auch die E-Musikverlage ihre Probleme haben, die zeitgenössische Musik in den Programmen unterzubringen. Darum sei es notwendig, immer wieder auf die mangelnde kulturelle Vielfalt in den Programmen hinzuweisen. Es bestehe die Gefahr, dass die Sender versuchten, die Quote in dem Nachtprogramm zu erfüllen und nicht an den günstigen Sendeplätzen. Darum sei die Sendelänge, der Sendeplatz und die Sendezeit genau zu formulieren, um hier eine repräsentative kulturelle Vielfalt zu erreichen.

Verständnis der Politik für Quote
Rudy Holzhauer als Vorsitzender des U-Ausschusses berichtete über die gute Kooperation mit der Tonträgerindustrie bei der Durchsetzung der Quote. Es gebe schon die ersten positiven Anzeichen bei den Entscheidungsträgern in der Politik, die Verständnis dafür zeigten, dass die deutsche Musik in ihrer ganzen Vielfalt in den öffentlich-rechtlichen Sendern stattfinden müsse.
Interessante Details kamen auch von dem Vorsitzenden des Rundfunkausschusses, Jens-Markus Wegener. Er berichtete, dass das seit langem geforderte Musikexportbüro wahrscheinlich noch im Juli unter Beteiligung aller in Frage kommenden Verbände (also auch DMV) gegründet werden könne, weil die Bundesregierung bereit sei, eine Anschubfinanzierung von 50 Prozent der Kosten mit 600.000 Euro in einer Dreijahres-Verpflichtung zu fördern.
Der Rest des Etats würde durch die Musikwirtschaft zu erbringen sein und hier vorzugsweise durch GVL und GEMA. Das Musikexportbüro soll nach den Worten von Wegener folgende Ziele haben:
? Förderung von internationalem, nationalem und regionalem Musikrepertoire aus Deutschland durch international ausgerichtete Maßnahmen
? Aufbau einer in- und ausländischen Infrastruktur zur Förderung deutscher Kreativer und KMUs im Ausland
" Bewerbung des \'Standortes Deutschland\' bzw. Deutscher Musikunternehmer im Ausland
Rudy Holzhauer wies noch einmal darauf hin, dass es heute fast unmöglich sei, ohne Medienkooperation einen Hit zu landen. Inzwischen sind für fast alle neuen erfolgreichen, deutschen Popkünstler sehr hohe Aufwendungen nötig, um sie im Markt durchzusetzen. Viele von ihnen kommen aus TV-Soaps oder anderen Formaten wie \'Popstars\' oder \'Deutschland sucht den Superstar\'. Da die Sender hausintern ihre eigenen Boulevardsendungen mit diesen Künstlern bestücken, sind auch kaum andere Plattformen zu finden. Für freie Verlagsproduktionen ohne Koop bestehen daher z.Zt. wenig Möglichkeiten einen Bandübernahmevertrag mit einer Schallplattenfirma abzuschließen. Allerdings bestehen für Verlage Möglichkeiten, für die Künstler aus den Soaps und Serien im freien Wettbewerb ihre Titel anzubieten.
In einem sehr interessanten Referat berichtete der Südtiroler Musikverleger Andreas Schubert über seine Erfahrungen auf dem Verwertungsmarkt Osteuropas. Mit aktuellen Zahlen belegte Schubert, wie profitabel es sein kann, die eigenen Rechte in Polen, Tschechien oder Russland selbst zu kontrollieren und welche Bedeutung die Verwertungsgesellschaften bereits haben. Schubert vertritt schon zahlreiche westliche Verlage in den Ostblockländern.


4. Musikunterricht an den Schulen muss wieder mehr in den Mittelpunkt der Politik

Mit einer konzertierten Aktion wollen die deutschen Musikverleger das "Bündnis für den Musikunterricht" unterstützen, das bereits in Hamburg, Schleswig-Holstein und Hessen begonnen hat. Die Länderregierungen dieser Vorreiter versuchen, den Musikunterricht an den allgemein bildenden Schulen wieder mehr in den Mittelpunkt der Bildungspolitik zu stellen.

Die Präsidentin des Deutschen Musikverleger-Verbandes (DMV), Dagmar Sikorski, hatte bereits die Initiative des Senats in der Hansestadt Hamburg begrüßt. Sie forderte die Mitglieder anlässlich der DMV-Jahrestagung in Nürnberg auf, jetzt in ihren eigenen Regionen dafür zu sorgen, dass durch so ein Bündnis die musische Erziehung besonders an den allgemein bildenden Schulen wieder mehr Interessenten findet.
Besonders mit der Einführung der Ganztagsschulen werde es für die Kinder und Jugendlichen nicht mehr genug Zeit geben, das Musizieren außerhalb der Schule zu erlernen. Darum kämen auch die Musikschulen in Schwierigkeiten. Es gelte jetzt, die Musikschulen in Zukunft z.B. in den Unterricht der Ganztagsschulen mit einzubeziehen, um so die musische Erziehung zu retten. Die Musikverlage könnten in ihren eigenen Regionen einen wichtigen Beitrag leisten, damit sich die Politik nicht aus ihrer Verpflichtung verabschiede.
Der Vorsitzende des E-Ausschusses, Dr. Peter Hanser-Strecker, begrüßte die Musikinitiative von Bundespräsident Johannes Rau, der am 9. September in seinem Amtssitz von Organisationen und Vereinen demonstrieren lassen will, wie viel Spaß es macht, Musik zu machen. "Auf diese Weise wird das Thema an höchster Stelle aufgehangen, und dort gehört es auch hin", sagte Hanser-Strecker.
Sorgen bereitet dem Verband, dass die Zahl der Aufführungen zeitgenössischer Werke sinke. Die Kulturorchester, so Hanser-Strecker, scheuten sich, neue Kompositionen aufzuführen, weil das mehr Probenzeit koste und die Kosten erhöhe. Darum würden die verantwortlichen Behörden den Orchestern nahe legen, besonders auf Tourneen keine GEMA-pflichtige Musik zu spielen. Die Orchester seien so ausschließlich Bewahrer des alten Repertoires statt Botschafter von neuen Werken.
In einer Taskforce Lobby- und PR-Arbeit will der E-Ausschuss das Erscheinungsbild der Branche deutlich verbessern und mit der Hinzuziehung von Medienexperten aus anderen Bereichen sicherstellen, dass die deutschen Musikverlage in den Medien ihre Arbeit nachvollziehbar darstellen können.
Im E-Ausschuss gab es die Empfehlung zur Gründung eines Arbeitskreises "GEMA und E-Musik". In diesem Kreis sollen aktuelle und grundsätzliche GEMA-Themen mit kompetenten GEMA- und E-Verlegern diskutiert werden. Hanser-Strecker: "Das ist eine ideale Ergänzung zu der Arbeit des GEMA-Ausschusses, dessen Bestand ungeschmälert bleiben soll." Geplant ist auch das Fortbildungsseminar "Copyright-Management für E-Verleger", wo es um Leihmaterial, Aufführungsverträge, Vereinbarungen mit Rundfunkanstalten und andere Dinge gehen wird, da die kleinen Verlage noch mehr Know How benötigen.
Thomas Tietze: "Wichtige Dinge, wie Leihmaterialverträge, Auführungsverträge, Vereinbarungen mit Rundfunkanstalten, werden gerade in kleineren Musikverlagen oft stiefmütterlich behandelt." Er kündigte auch die Gründung einer Taskforce "E-Recht" an.
Zufrieden zeigte sich die Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Dagmar Sikorski, mit der Einführung der Notendatenbank IDNV. Endlich sei es möglich, die ganze Vielfalt der Verlage deutlich zu machen und zu ordern. Die Händler müssten das elektronische Bestellsystem aber auch nutzen. Um es noch populärer zu machen, sollte im ersten Jahr ein Zusatzrabatt für innovative Händler gewährt werden.

Messe einen Tag kürzer?
Die Internationale Musikmesse in Frankfurt war in der Sitzung der E-Musik ein wichtiges Thema. Es wurde diskutiert, ob es besser wäre, auf einen Messetag zu verzichten, um so noch effektiver zu sein. Einig war man sich jedoch nicht darüber, ob man lieber den Mittwoch oder den Sonntag einsparen soll. Nach einer Umfrage des DMV waren 36 Prozent der Befragten zufrieden mit dem Messegeschäft. 24 Prozent gaben der Messe die Note "ausreichend". 76 Prozent zeigten sich aber sehr unzufrieden mit dem Besuch des deutschen Handels. Mit den ausländischen Fachhändlern war man zu 42 Prozent zufrieden, aber 42 Prozent waren es auch nicht.
Dr. Peter Hanser-Strecker forderte, dass die Musikmesse noch mehr Musik zum Anfassen bieten müsse. Den Messerabatt für den Handel bezeichnete Hanser-Strecker als fragwürdig. Schließlich kenne der Händler die Produkte im März längst und habe sie auch schon geordert.

Mehr Programme erfassen
Im Fachausschuss für Chormusik berichtete Peter Tonger über die Bemühungen der Chorverleger, die Zahl der erfassten Werke bei der GEMA weiter zu erhöhen. Darum habe ein Kreis von Verlegern damit begonnen, die Programme zu prüfen, um die Effektivität zu testen. Insgesamt seien im letzten Jahr bei der GEMA 12.400 Chorwerke erfasst worden. Das bedeute im Vergleich zum vorletzten Jahr nur einen leichten Rückgang. Man erhoffe sich neue Impulse für das Geschäft vom deutschen Chorfest in Berlin, das vom 16. bis 22. Juni stattfindet. Einige Verlage stellen dort aus. Weiter berichtete Peter Tonger über die z.Zt. laufenden Bemühungen, gemeinsam mit dem Präsidium des Deutschen Sängerbundes zu einer besseren und preisgünstigeren Präsentation der Chorverleger in der Zeitschrift "Lied und Chor" zu kommen.



5. Druck auf die Politik hat sich ausgezahlt

In ihrem Bericht über die letzten Entwicklungen zur Novellierung des Urheberrechts dankte die Vorsitzende des Rechtausschusses, Gabriele Schulze-Spahr, den Mitgliedern auf der DMV-Jahrestagung in Nürnberg für ihre regen Aktivitäten und die zahlreichen Schreiben, die sie an ihre Bundestagsabgeordneten gesandt haben. Sie wies in diesem Zusammenhang auf die hohe Anzahl der Antworten der Parlamentarier hin.

Frau Schulze-Spahr berichtete, dass aufgrund der Intervention der CDU/ CSU-regierten Länder vom Bundesrat der Vermittlungsausschuss angerufen worden sei und dadurch leider das Inkrafttreten des Gesetzes verzögert werde. Der DMV habe sein Missfallen über die Verzögerung bereits gegenüber den Ministerpräsidenten geäußert. Die Vorsitzende kündigte an, die Mitglieder zeitnah über die weiteren Entwicklungen zu informieren und man vielleicht die Chance habe, dass das Urheberrecht doch noch vor der Sommerpause verabschiedet werde.
Über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Musikverlagen bei Plagiaten referierte Frau Schulze-Spahr und zeigte dabei anhand eines aktuellen Beschlusses des Landgerichtes München interessante neue juristische Thesen auf, die gegebenenfalls, sollte die Ansicht des Gerichtes bestätigt werden, zu erheblichem Umdenken in Plagiatsfällen führen können. So habe das Gericht zur Frage der urheberrechtlich relevanten Verletzungshandlung festgestellt, dass die reine GEMA-Anmeldung noch nicht dafür reiche, um eine Urheberrechtsverletzung gemäß § 97 UrhG zu bejahen.

Landtag: Einwilligung des Rechtsinhabers am Originalwerk
Volker Landtag berichtete über das Filmherstellungsrecht - synch right - bei so genannten Konzertmitschnitten, größtenteils der E-Musik durch private Filmproduktionsfirmen. Viele Filmproduzenten, darunter auch große, hätten sich seit einiger Zeit geweigert, Gebühren für die Filmherstellung an die Verlage zu zahlen, mit dem Argument, es gebe kein Filmherstellungsrecht bei Konzertmitschnitten. Mit der Zahlung an die GEMA für Vervielfältigung, Verbreitung und Sendung seien die Urheberrechtsabgaben abgegolten.
Landtag: "Wir wissen von den beiden Urteilen, die gegen einen der größten Filmproduzenten Euro Arts beim LG und OLG München ergangen sind. Der Musikverlag hat auf der ganzen Linie obsiegt."
Landtag nannte Leitsätze für alle Musikverleger:
- Bei einem Konzertmitschnitt handelt es sich in der Regel nicht um eine bloße Filmaufnahme eines Theaterstücks, sondern um eine Verfilmung in Form einer Bearbeitung des Musikwerkes im Sinne des UrhG. Mit Hilfe mehrerer Kameras wird das Konzert filmisch aufgezeichnet und anschließend geschnitten, so dass dieser Verbindung von Musikwerk und begleitenden Bildern der Aufführung eine schöpferische Gestaltung zuzubilligen ist, die Bearbeitungscharakter hat. Und für eine Bearbeitung eines Musikwerkes bedarf es grundsätzlich der vorherigen Einwilligung des Rechtsinhabers am Originalwerk.
- Wenn es sich entweder um eine Co-Produktion handelt oder wenn die Fernsehproduktion von Dritten genutzt wird, kann der Filmproduzent diese gesetzlich verankerte Einwilligung nicht von der GEMA erwerben, da der Verlag diese Nutzungsrechte der GEMA gar nicht übertragen hat. Landtag: "In beiden Fällen ist also grundsätzlich eine Einwilligung des Rechtsinhabers, in aller Regel des Verlegers, erforderlich. Die GEMA kann daher keine Rechte weitergeben, die ihr nicht übertragen worden sind."
- Das Gericht hat auch eine Definition einer Co-Produktion formuliert, vor allem zur Abgrenzung der Produktion einer Fernsehanstalt für eigene Zwecke sowie der Auftragsproduktion. Bei einem Vertrag Sendeanstalt/Filmproduzent ist in der Regel von einer Co-Produktion auszugehen, da beiderseitig verpflichtende typische Co-Produktionsleistungen vereinbart werden. Der eine Partner, in der Regel die Sendeanstalt, stellt den Klangkörper, der andere Partner, die Filmfirma, ist für die Verfilmung des Konzertes zuständig, stellt also das Personal und die Technik. Landtag: "Es ist also gleichgültig, wie die Vertragspartner, ob Sendeanstalt oder Filmfirma, den Vertrag benennen. Es handelt sich fast immer um eine Co-Produktion. Dies ist eine saubere Abgrenzung zur Auftragsproduktion, denn nur dann könnte die GEMA die Einwilligung erteilen."
- Die GEMA hat nicht die Rechtsmacht, die Benutzung einer von einer Fernsehanstalt für eigene Sendezwecke hergestellte Fernsehproduktion durch Dritte zu erlauben. Das bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Rückruf rechtzeitig erfolgt ist, da die GEMA keine Rechte übertragen kann. Nur der Verlag ist für die Rechtsübertragung zuständig.
Dr. Rolf Moser berichtete über aktuelle Rechtsprechungen zu neuen Nutzungsarten. Gemäß § 31 Abs. 4 UrhG sei die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten unwirksam. Moser: "Folgerichtig entsteht bei deutschen Rechteverwertern bei jeder neuen technischen Entwicklung die Frage, ob es sich um eine Nutzungsart im Sinne von § 31 Abs. 4 UrhG handelt und somit die entsprechenden Nutzungsrechte nachzuerwerben sind." Die DVD und die CD seien Gegenstand aktueller Rechtsprechung zu diesem Themenbereich.

Moser zur DVD-Auswertung
Nachdem das Landgericht München der Klage eines Filmarchitekten auf Unterlassung der DVD -Auswertung des Filmes "Zauberberg" vollumfänglich stattgegeben hat, da zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 1980 die DVD-Auswertung noch unbekannt war, hat das OLG München nunmehr dieses Urteil aufgehoben.
Das OLG München kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei DVD gegenüber den Videokassetten nicht um eine eigenständige Nutzungsart handelt, weil die mit der digitalen Aufzeichnungstechnik und der enormen Speicherkapazität einhergehende Verbesserung der DVD nicht den Charakter einer technisch und wirtschaftlichen eigenständigen Verwertungsform geben kann, da der Vorgang der Werkvermittlung im wesentlichen unverändert bleibt. Insbesondere verneint das Gericht die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Verwertung, da die DVD die gleichen Vertriebswege wie die bisherige Video-Vermarktung benutzt und nach dem Substitutionsprinzip lediglich den bisherigen Videomarkt ersetzt.

Urteil des BGH zur CD
Der Bundesgerichtshof habe die Klage einer Pop-Band gegen eine Tonträgerfirma auf Unterlassung der CD-Auswertung von alten Aufnahmen aus den 70er Jahren abgewiesen. Der BGH kam in dieser wichtigen Entscheidung zur Auffassung, dass entgegen der Meinung der Instanzgerichte die Vorschrift des § 31 Abs. 4 UrhG nur auf Urheber, nicht aber auf Musiker und andere ausübende Künstler anzuwenden sei. Der BGH weist darauf hin, dass zwischen den Urheber- und Leistungsschutzrechten eine klare Trennung zu ziehen sei. Auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes der so genannten Zweckübertragungstheorie könnten die Kläger im streitgegenständlichen Fall die CD-Auswertung ihrer alten Aufnahmen nicht verhindern.

Schulz zum neuen Schuldrecht
Peter F. Schulz referierte über die Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG) auf das geltende Urheberrecht. Das ab dem 1. Januar 2002 in Kraft getretene SMG erfasst alle ab diesem Zeitpunkt geschlossenen Verträge. Für Dauerschuldverhältnisse (z. B. Autorenexklusivverträge, Musikverlagsverträge) gilt das SMG nach einem Übergangszeitraum ab dem 1. Januar 2003.
Schulz: "Die Änderungen betreffen das Verjährungsrecht, Leistungsstörungen, Gewährleistung und das AGB-Recht." Schulz warnte vor Übergangsproblemen bei Altverträgen, die in die Zukunft reichen wie Optionsverträge, Vertragsangebote, Vorverträge und Vertragsänderungen (z. B. Verlängerungen und Erweiterungen von Autorenexklusivverträgen). Bei Leistungsstörungen (z. B. Rechteverschaffungspflicht, Mit- statt Alleinurheber, Belastung mit Sublizenzen) gelte nicht mehr automatisch die Garantiehaftung, sondern könne der Lizenzgeber sich unter Umständen von der Haftung befreien, wenn er nachweise, dass er von den die Haftung begründenden Umständen keine Kenntnis hatte. "Deshalb sollten Urheberrechtsverträge unbedingt eine Garantiehaftungs-Formel enthalten", so Schulz. Gleiches gelte für Rechtsmängel, z.B. unautorisierte Bearbeitung. Die Verjährung des urheberrechtlichen Schadensersatzes trete nunmehr nicht nach drei Jahren ab Kenntnis ein, sondern ab dem Ende des Jahres, innerhalb dessen die Kenntnis fällt. Die Verjährung von Forderungen aus Lizenzabrechnungen vertraglicher Art sei nunmehr verkürzt von vier Jahren auf drei Jahre.