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Königsweg im Kunststreit?

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Dresden (ddp). Im Streit um die neuen Rückgabeforderungen der Wettiner bringt Sachsens Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) ein Mitspracherecht für das Adelshaus in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ins Gespräch.

Dresden (ddp-lsc). Auf der Suche nach einer Lösung im Streit um die neuen Rückgabeforderungen der Wettiner wandelt Sachsen nun auf den Spuren Thüringens. Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) brachte in der MDR-Fernsehsendung «Dresdner Gespräch» am späten Montagabend ein Mitspracherecht für das Adelshaus in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nach Vorbild des Nachbarlandes ins Gespräch. Der Urenkel des letzten Sachsenkönigs Friedrich August III., Rüdiger Prinz von Sachsen, beharrte unterdessen auf einer kompletten Öffnung der Museumsarchive für den Anwalt des Adelshauses.
Thüringen hatte sich nach einem 13 Jahre währenden Streit 2003 mit dem Großherzoglichen Haus Sachsen-Weimar-Eisenach gütlich geeinigt. Die Adelsfamilie verzichtete dabei nicht nur auf ihre Rückübertragungsansprüche, sondern auch auf mögliche Nachforderungen. Michael Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach wurde damals zugleich ein Sitz im Stiftungsrat der Stiftung Weimarer Klassik eingeräumt.
Unter Verweis auf die Thüringer Lösung mit dem laut Stange dort eingeräumten «maßgeblichen Mitspracherecht» für das Adelshaus sagte die Ministerin: «Über so was kann man sicherlich reden.» Die Kunstsammlungen seien «das größte Wettiner-Museum», das es überhaupt geben könne. Stange sprach von einem «bestimmten Mitspracherecht der Erben von August dem Starken», durch das die Kunstsammlungen mitgestaltet werden könnten. Über Vorschläge wie diesen könne jedoch nur geredet werden, wenn die gegenseitigen Interessen auf dem Tisch lägen. Sie schlug den Wettinern zugleich vor, sich mit Sachsen direkt - ohne Anwälte - an einen Tisch zu setzen, um sich auf einen Interessenausgleich zu einigen.
Vertreter der Landtagsopposition äußerten sich prompt entrüstet über den Gedanken, den Wettinern ein Mitspracherecht einzuräumen. Die FDP sprach von einem «schlechten Witz» der Ministerin, da es doch die Wettiner seien, die den Kunstsammlungen mit ihren «unverschämten Forderungen» schadeten. Die Linksfraktion.PDS warnte davor, den Bock zum Gärtner zu machen.
In Sachsen hatten sich die bis 1918 herrschenden Wettiner mit dem Freistaat 1999 auf einen Vertrag geeinigt, demzufolge von 18 000 ihnen gehörenden Kunstobjekten 12 000 in den Museen bleiben durften. Das ehemalige Herrscherhaus erhielt damals neben 6000 Gegenständen rund zwölf Millionen Euro als Entschädigung. Bei ihren jüngsten Ansprüchen berufen sich die Wettiner indes auf eine Öffnungsklausel in der Abmachung, die Nachforderungen bei Kunstgegenständen möglich macht, auf deren Existenz es damals noch keine Hinweise gab.
Seit der Vereinbarung vor acht Jahren sei «nicht ein einziges Teil vom Freistaat nachgemeldet worden», kritisierte Rüdiger Prinz von Sachsen. Aus seiner Sicht ist dies der entscheidende Unterschied zu Thüringen, das alles auf den Tisch gelegt habe. Deshalb sei auch das Vertrauensverhältnis zu Sachsen gestört.
Der Generaldirektor der Kunstsammlungen, Martin Roth, erinnerte unterdessen an die von seinem Haus bereits betriebene Provenienzforschung und daran, dass gründliche Recherchen zur Herkunft der Kunstgegenstände nun einmal viel Zeit beanspruchten. So müssten etwa für jedes der 139 von den Wettinern auf ihrer aktuellen Rückforderungsliste aufgeführten Gemälde zwei bis drei Wochen veranschlagt werden. Es gebe freilich auch die Möglichkeit, frühzeitig mit den Gesprächen über eine Einigung zu beginnen. Aus seiner Sicht müssten «beide Stränge schleunigst» verfolgt werden.