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München swingt nochmal

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Es war ein rauschendes Fest am 14. April 2005 im Prinzregententheater. „München swingt“ hieß die Gala, bei der die Creme de la Creme der hiesigen Jazzszene 50 Jahre Blues und Jazz in München Revue passieren ließ.


So gut kam der Abend an, dass Rufe nach einer Wiederholung laut wurden. Ein Wunsch, dem Veranstalter Peter Wortmann gerne nachkommt. Nicht einmal den Titel muss er ändern, gibt es doch streng genommen kein fixes „Geburtsdatum“ der Jazz im Nachkriegsbayern. Verschmitzt gibt Wortmann sogar zu, dass der Titel im vergangenen Jahr eigentlich daher kam, dass er selbst vor genau 50 Jahren nach München kam. Nun wird also am Donnerstag, 2. März, von 20 Uhr an erneut im Prinzregententheater das vielfältige Geschehen beschworen, das sich an Orten wie der Nachteule, dem Studio 15, dem Domicil oder dem Allotria abspielte und noch heute in letzten Refugien wie der Unterfahrt abspielt.

Die zuletzt mit Ron Williams geteilte Moderation übernimmt Wortmann diesmal gleich ganz selbst. Kein Problem, sind doch die Gäste ausnahmslos alte Weggefährten des Multitalents Wortmann, der einer der zwar eher im Stillen wirkenden, dafür umso wichtigeren Strippenzieher der Szene ist. Seine Vielseitigkeit hat der im Ruhrgebiet geborene Berliner Junge zu seinem Beruf gemacht. Wortmann war Tanzeleve, Schlagzeuger, Kameramann und Club-Manager, er ist Regisseur, Autor, Produzent, Impresario und Konzertveranstalter. Die Musik, speziell der Jazz, und der Film sind seine größten Lieben, und so ist er über die Jahre zu einem Scharnier für beide Genres geworden. Schon in seinen frühen Münchner Jahren führte er ein Schwabinger Doppelleben: Nachts wirbelte er am Schlagzeug beim Heinz Schellerer Sextett, während er tagsüber die Bank der Bayerischen Staatslehranstalt für Fotografie drückte und nebenbei bei der Bavaria und beim Bayerischen Rundfunk ins Film- und Fernsehgeschäft hineinschmeckte. Rastlos betrieb er fortan die verschiedensten Geschäfte: Mit Reihen wie „Quartett der Komiker“ oder „Große Liebe zum kleinen Chanson“ erwarb er sich als ZDF-Regisseur wie zum Kinofilm-Producer auf, beim „Jungfilm“ („Mädchen, Mädchen“) als Produzent Meriten. Er gründete und führte das „Spectacle“ an der Ecke Georgen-/Schraudolphstraße, wo er Stars wie Volker Kriegel, Joy Fleming, Fatty George, Al Jarreau oder das Pasadena Roof Orchestra und Entdeckungen wie einen gewissen Konstantin Wecker präsentierte. Er brachte große Shows mit Margot Werner, Ludwig Hirsch, Willy Michl oder Joe Kienemann ins Deutsche Theater, brachte und bringt bis heute Jazz in die Region von Unterföhring („Jazz Meeting“) über den Tegernsee („Jazz am See“) bis nach Kitzbühel, und machte sich zuletzt auch noch als Dokumentarfilmer („Lebenslinien“) einen Namen.

Da ist es kein Wunder, dass sich Wortmann mit halb München duzt, und eben auch mit all den Gästen bei „München swingt“. Da ist der „Blues-Bertl“ Albert C. Humphrey, der bei dem chronologischen Marsch durch die Stilgeschichte auch des hiesigen Jazz für den eher konstanten Blues-Anteil zuständig sein wird. Da kommt die Allotria Jazz Band – immer noch Königin aller Frühschoppen und „Bierjazz“-Oldtime-Konzerten – und eine mit „Superdrummer“ Charly Antolini, Klarinetten-Veteran Charles Höllering und dem Pianisten Thilo Wagner prominent verstärkte „Swing Explosion“ von Gerry Hayes.

Das Joe Kienemann Trio begrüßt als Gäste Stephan Holstein, den anerkannt besten jüngeren Klarinettisten Süddeutschlands und Jenny Evans, seit einem Vierteljahrhundert die Münchner Statthalterin des Jazzgesangs. Zwei elementare Begründer Münchner Jazzgeschichte begegnen sich auch, wenn Starsaxophonist Roman Schaller beim „bosnischen Wundertrompeter“ Dusko Goykovich einsteigt. Max „Scat Max“ Neissendorfer schließlich übernimmt den Gesangs- und Pianopart beim Harald Rüschenbaum Jazz Orchestra. Und wem das jeweils für sich genommen bekannt vorkommt, der darf sich spätestens bei der abschließenden gemeinsamen Jam Session auf ein einmaliges Erlebnis freuen.

OLIVER HOCHKEPPEL
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