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Münsteraner Plattenlabel zeigt Mut zum Risiko

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Musik aus dem Iran oder Japan - Label Dreyer-Gaido veröffentlicht zeitgenössische Musik aus «exotischen» Ländern

Münster/Osnabrück (ddp-nrd). Das Orchester stimmt Tschaikowski an, spielt dann jedoch moderne persische Musik. Zu hören ist der Mitschnitt von einem Auftritt des Teheraner Symphonieorchesters beim «Morgenland Festival» in Osnabrück. Festivalleiter Michael Dreyer und der Musiker Hugo Gaido hatten im vergangenen Jahr den Mut bewiesen, das Orchester nach Deutschland zu holen - und veröffentlichen nun eine Aufnahme des Konzerts. Mit ihrem im benachbarten Münster angesiedelten Label Dreyer-Gaido haben sie sich auf internationale zeitgenössische Musik spezialisiert.

«Ich habe zehn Monate dafür gekämpft, damit das Orchester kommen darf», sagt Dreyer. Das neue Album des kleinen Labels dokumentiert nun ein internationales kulturelles Ereignis. Denn der Osnabrücker Musikproduzent hatte die iranischen Musiker im vergangenen Jahr unter der Schirmherrschaft von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eingeladen. Der iranische Dirigent Nader Mashayekhi spielte mit seinem Orchester nicht nur klassische Musik ein, sondern steuerte auch eigene Kompositionen bei.

Neben Musik aus dem Iran haben Dreyer und Gaido auch Litauen, die Türkei oder Japan in ihrem Repertoire. «Man muss schon wahnsinnig sein und eine Menge Idealismus mitbringen», sagt der gebürtiger Argentinier und professioneller Gitarrist Gaido. Die beiden Produzenten setzen bewusst auf Nischenprodukte - was sich lange Jahre nicht auszahlte. «Aber es gibt ein Publikum auf der Welt, das interessiert ist. Die bestellen aus Japan, aus den USA oder aus Australien», sagt der 42-jährige Gaido.

Die Zusammenarbeit der Musiker begann vor vielen Jahren. «Wir wollten ein Forum schaffen für junge Musiker», erzählt Dreyer. «Das Problem war nur: Selbst große Verlage gehen auf Nummer sicher.»

Renommierte Musiker haben inzwischen unbekannte zeitgenössische Musik für das Label eingespielt. Der litauische Cellist David Geringas etwa hat in Deutschland eine Platte mit litauischer Musik aufgenommen, der türkische Violinist Atilla Aldemir präsentiert türkische Musik, der amerikanische Bach-Tenor Scot Weir singt Swing- und Jazzklassiker, und die Stuttgarter Philharmoniker spielen Werke der russischen Komponisten Rachmaninoff und Skrjabin. Dreyer und Gaido verlegen auch das Lebenswerk des modernen deutschen Komponisten Friedhelm Döhl, der in Lübeck lebt.

Gleich mit ihrer ersten großen Produktion wurden die Musiker für einen litauischen Musikpreis vorgeschlagen, weshalb auch die internationale Fachpresse auf das Label aus Münster aufmerksam wurde. «Natürlich wollen wir damit Geld verdienen», sagt Gaido. «Aber es steckt auch Liebe drin.» Das zeigt sich auch an den Verkaufszahlen: Manche Alben wie die Aufnahme zeitgenössischer türkischer Musik verkauft sich bereits in der dritten und vierten Auflage, andere Aufnahmen dagegen gehen pro Monat nur ein Mal über die Ladentheke.

Die Beharrlichkeit der beiden zahlt sich nun endlich aus: «Wir machen das jetzt seit fünf Jahren. Und jetzt geht es los.» Doch das Label ist nach wie vor ein Zwei-Mann-Unternehmen. «Wir verpacken auch die CDs selbst und bringen sie zur Post», erzählt Gaido.

Frank Paschen