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Wolfgang Mattheuer ist tot

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Der Leipziger Maler und Bildhauer Wolfgang Mattheuer ist in der Nacht zum Mittwoch in Leipzig an einem Herzversagen gestorben. Am gleichen Tag, an dem er seinen 77. Geburtstag beging. Das teilte die Frankfurter Galerie Schwind unter Berufung auf Mattheuers Ehefrau mit.

Mattheuer sei bereits am Freitag wegen einer gebrochenen Hand in die Klinik eingeliefert worden, am Dienstag habe sich sein Zustand dann extrem verschlechtert.

Der plötzliche Tod des Künstlers löste Bestürzung aus. Galerist Karl Schwind sagte, er habe nicht nur einen großen Künstler, sondern auch einen guten Freund verloren. Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) reagierte tief betroffen auf die Nachricht vom Tod des renommierten Künstlers. Mattheuer stehe für Geist und Kraft dieser Stadt, sagte Tiefensee. Er sei als Vertreter der Leipziger Schule Mitdenker, Querdenker, Nachdenker und Vordenker gewesen.

Die Leiterin des Grafikkabinetts der Kunstammlungen Chemnitz, Kerstin Drechsel, plante für das Frühjahr, gemeinsam mit Mattheuer sein zeichnerisches Werk in seinem Atelier durchzuschauen. «Wir hatten noch so viele gemeinsame künstlerische Pläne und waren ständig in Kontakt», sagte Drechsel. Es sei ein Genuss und sehr anregend gewesen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Das Chemnitzer Museum besitzt das vollständige druckgrafische Werk Mattheuers mit etwa 500 Einzelblättern.

Mattheuer zählte gemeinsam mit Bernhard Heisig, Werner Tübke und Willi Sitte zum großen Vierer-Gestirn der DDR-Kunst. Mattheuers Arbeits- und Lebensmittelpunkt seit den 50er Jahren war Leipzig. Er wurde in den 70er Jahren mit dem Kunstpreis und dem Nationalpreis II. Klasse der DDR ausgezeichnet, seit 1978 war er Mitglied der Akademie der Künste der DDR. 1988 trat er aus der SED aus, ein Jahr später beteiligte sich Mattheuer an den Montagsdemonstrationen in Leipzig.

Als eines seiner bedeutendsten Werke gilt die Plastik «Jahrhundertschritt» als Ausdruck des Widerstreits von Kommunismus und Faschismus im 20. Jahrhundert. Sie steht vor dem Zeitgeschichtlichen Forum in der Leipziger Innenstadt.

Lebenslauf:
7. April 1927 in Reichenbach im Vogtland geboren

1942-1944 - Während seiner Lehre als Lithograph entstehen erste Aquarelle und Druckgrafiken.

1944/45 - Einberufung in den Kriegsdienst. Mattheuer gerät in Kriegsgefangenschaft, anschließend kehrt er nach Reichenbach zurück.

1946-1951 - Besuch der Kunstgewerbeschule in Leipzig und ab 1947 Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst.

1951-1952 - Freischaffende Tätigkeit, unter anderem als Grafiker bei der "Illustrierten Rundschau" in Berlin.

1953-1974 - Mattheuer kehrt an die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig zurück wo er zuerst Assistent, ab 1956 Dozent und ab 1965 Professor ist. In seinen künstlerischen Anfängen ist Mattheuer von der Malerei der "Neuen Sachlichkeit" geprägt. Die Inhalte seiner gegenständlichen Bilder beziehen sich auf die griechische Mythologie. Ein immer wiederkehrendes Motiv sind die Landschaften.

1958 - Aufnahme in die SED.

ab 1971 - Beginn seiner plastischen Arbeiten.

1973 - Fertigstellung des Landschaftsgemäldes "Ein weites Feld", das von Fachkritikern als bemerkenswertes Werk im Übergang vom Natur- zum Symbol- und Sinnbild bezeichnet wird.
Verleihung des Kunstpreises der DDR.

1974 - Auszeichnung mit dem Nationalpreis II. Klasse der DDR.

ab 1974 - Nachdem Mattheuer sein Lehramt aufgegeben hat, arbeitet er als freischaffender Künstler in Leipzig und Reichenbach.

1977 - Umfassende Präsentation seiner Arbeiten im Hamburger Kunstverein. Mittelpunkt der Ausstellung ist sein 1973 entstandenes Gemälde "Hinter den sieben Bergen".

1978 - Mitglied der Akademie der Künste der DDR.

1984 - Als wichtigster Beitrag zur Skulptur in der DDR wird seine Plastik "Jahrhundertschritt" bewertet. Die Skulptur stellt den Widerstreit dieses Jahrhunderts zwischen Faschismus/Nazismus auf der einen Seite und Leninismus/Stalinismus auf der anderen Seite dar.
Auszeichnung mit dem Nationalpreis für Kunst und Literatur.

1988 - 7. Oktober: Austritt aus der SED.

1989 - Teilnahme an den Montagsdemonstrationen in Leipzig.
Engagement im "Forum für Deutschland" und in der "Deutschen Gesellschaft".

1990 - Stiftungsrat der neugegründeten "Kulturstiftung Leipzig-Stiftung für Stadtkultur".

1993-1994 - Mitglied der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg.

1997 - Zu seinem 70. Geburtstag zeigen die Städtischen Kunstsammlungen in Chemnitz eine Retrospektive mit 200 Lithographien, Holzschnitten und Linolstichen von Mattheuer.

1998 - Beteiligung an der Ausstellung "Ideal und Wirklichkeit. Das Bild des Körpers in der Kunst des 20. Jahrhunderts von Bornard bis Warhol" im Salzburger Rupertinum.

1999 - Ankauf von Bildern von Mattheuer für den neuen Reichstag in Berlin.

2004 sollte in Hamburg eine Ausstellung mit neuen Zeichnungen Mattheuers eröffnet werden.