Die Grundschulen sind der einzige Ort, wo alle jungen Menschen eines Jahrgangs versammelt sind. Das macht die Grundschule so wichtig, und das gilt ganz besonders für die Musik.
Grundlagen an Grundschulen
Hier werden Grundlagen gelegt, die sich dann in weiterführenden Schularten entfalten können. Nun sind eben jene Grundlagen im Bundesland Bayern vor wenigen Monaten durch Überlegungen in Frage gestellt worden, den Musikunterricht zu kürzen, um dadurch Zeitkontingente für mehr Unterricht in Fächern wie Deutsch und Mathematik zu schaffen. Damit einher gehen Überlegungen, das Fach Musik gemeinsam mit anderen als weniger wichtig erachteten Fächern in einen Verbund aufgehen zu lassen.
Diese Absicht ist gleich aus mehreren Gründen fatal. Zum einen, weil mit Bayern ein Bundesland das Fach Musik beschneiden will, das mit Recht in Deutschland als Musikland einen besonders guten Ruf hat. Und wenn man dort vorausgeht, sinken auch an anderer Stelle offenbar die letzten Hemmschwellen: Auch andere Bundesländer planen Vergleichbares, und es ist zu befürchten, dass der Bazillus „Fächerverbund“ auch noch auf weitere Bundesländer übergreifen wird. Zum anderen kann man sich nur wundern, wie man damit auf eine Poollösung für das Fach Musik rekurriert, die doch vor Jahren schon an anderer Stelle grotesk gescheitert ist.
Die Rede ist vom Bundesland Baden-Württemberg, wo im Jahr 2004 das bis dahin eigenständige Fach Musik in den Fächerverbund MNK („Mensch, Natur und Kultur“) aufging. Schon der Name des Fächerverbundes verweist auf globale Beliebigkeit, weshalb „Mensch, Natur und Kultur“ nicht ganz zu Unrecht als „Gott und die Welt“ paraphrasiert wurde. Auch damals lag der Auslöser des Fächerverbundes in Stundenbedarfen für die neu eingeführten Fremdsprachen Englisch (Württemberg) und Französisch (Baden). Allein – das Scheitern des Fächerverbundes wurde nur allzu rasch offenbar. Fremdsprachenlehrer der Klasse 5 an Gymnasien beklagten einen nur rudimentären Mehrwert an Kenntnissen in Englisch und Französisch, und das Fach Musik sah sich mit der leicht schizophrenen Situation konfrontiert, dass man MNK noch nicht einmal studieren kann.
So kam es bereits im Jahr 2008 zu einer Evaluation des Fächerverbundes durch den Landesmusikrat Baden-Württemberg, und das übrigens im Einvernehmen mit dem zuständigen Ministerium.
Die Ergebnisse seien an dieser Stelle komprimiert wiedergegeben: Das Fach Musik war im Fächerverbund MNK kaum noch in seiner Eigengesetzlichkeit vertreten und lediglich dann gefragt, wenn sich bei Leerstellen im Schulalltag kompensatorische Möglichkeiten ergaben. Lediglich ein Drittel aller befragten Lehrkräfte gab an, musikbezogene Standards weitgehend (!) zu erreichen. Mehr als die Hälfte aller Lehrkräfte fühlte sich mit musikpädagogischen Aufgaben überfordert, zudem waren musikalische Leistungen der Kinder aus der MNK-Note nicht ersichtlich, wodurch begabten Kindern
eine entsprechende Bestätigung im Zeugnis versagt blieb. Schließlich musste die schulische Öffentlichkeit den Eindruck gewinnen, auf Musik als Schulfach könne verzichtet werden. Dieses in seiner Gesamtheit letztlich desaströse Fazit hatte zur Folge, dass nur wenige Jahre später wieder die Rückkehr zum Fachunterricht vollzogen wurde.
Umso mehr muss man bedauern, wenn man jetzt sehenden Auges in gleich mehreren Bundesländern ein weiteres Mal auf die Marginalisierung des Fachunterrichtes Musik zusteuert. Selbst noch die in den letzten Wochen vorgebrachten Argumente ähneln aufs Haar jener verqueren Lyrik, mit welcher damals in Baden-Württemberg der Abgesang des Schulfaches Musik kaschiert werden sollte. Da ist die Rede davon, Musik habe nunmehr überall in der Schule ihren Platz. Das mag stimmen – leider nur nirgendwo einen richtigen! Bildung, um es in aller Deutlichkeit zu sagen, ist allein durch Fächerstandards möglich. Dergleichen ist aber mit Poollösungen niemals zu erreichen, denn auf ästhetischen Resterampen gedeiht keinerlei Bildung, sondern vielmehr eine Entfachlichung von Musik, die es letztlich obsolet werden lassen könnte. Ein Stadium also, das für das Schulfach Musik in manchen Bundesländern zur letzten Haltestelle vor der Aussegnungshalle werden könnte.
Was dann allein noch bleibt, ist musikalische Bildung auf der Basis elterlicher Portemonnaies.
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