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Foto: Neva Micheva/Wikimedia Commons
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Was reimt sich auf Jecken? Ferchows Fenstersturz 2012/03

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„Der Erich wär’ vielleicht was g’rührt / die BRD wird von zwei Ossis g’führt“. Tätätätätätä! Willkommen zur musikalisch bittersten Zeit: Fasching, Fastnacht, Karneval. Der Freigang für rechtskräftig verurteilte Fastnacht-Musikanten. Das Auffanglager der minderbegabten Pappnasen und Karamell-Schleuderer. Mit stationärer Aufnahme in den Regionalprogrammen. Lesen Sie folgende „tags“ zur viertägigen TV-Studie „Das karnevalistisch-musikalische Kindchenschema in reziproker Relation zur pawlowschen Konditionierung - ein Selbstversuch“. Und seien Sie erschüttert. Es sind Ihre Landsleute. Signifikant von Nord nach Süd: Auf der Plauze des Saal-Hausmeisters (Seehund-Schnauzer, offener Reißverschluss, Schweiß in Sturzbächen) wird die Pauke festgezurrt. Möglichst unrhythmisch („mer wolle ja witzisch sei“) und routiniert schwachsinnig wird auf das Fell derselben eingedroschen. Mit steigendem Kölschkonsum kann es auch mal ein Funkenmariechen erwischen.

Egal. Ob Pauke oder K.o.-Tropfen. Die Weiber liegen später sowieso unterm Tisch. Phänotypisch und beängstigend: Duette. Bernd (Abteilung: Gräberverwaltung) hängt sich das Konfirmations-Akkordeon um (und sicher bei Gelegenheit damit auch auf) und wird schwäbisch vorlaut: „Im Dschungel-Camp da isch wos los / da broichad d’Woiber gar koi Hos“. Tätätätätätä! Kantinen-Heidi steht gespielt erzürnt daneben und weil es a) nicht witzig ist und b) sie gerade ihren einzigen Einsatz versaut, stimmt sie ein „Viva Colonia“ an. Wenig überraschend: Das Saalpublikum kläfft tollwütig mit.

An der Grenze zur Aussetzung der Grundrechte (hier: Recht auf Leben) das nächste Duo. Zum „We will rock you“-Takt erscheinen zwei Punks. Höchstwahrscheinlich nicht verkleidet und für ’nen Schuss nicht wählerisch. Während das Publikum den Rhythmus patscht – zumindest die, die ihre Abortdeckel noch vor dem Clownszinken zusammenführen können – stottert das Punker-Duo strafrechtlich relevant: „Die Kuh schaut hin zum Schwein / das Schwein sagt‚ lass das sein’“. Schenkelklopfer im Publikum. Kummer beim Probanten: Was ist diesen Menschen nur passiert? Jugendlager mit Peter Hintze?

Variabel aber immanent: schmierige Altherren-Trios (Gitarre, Bass, Gesang) samt origineller Maskierung: Sombreros oder Ritterhelme der letzten Kaffeefahrt (Zahl 5 – Nimm 1) auf den vom Bluthochdruck feuerrot getränkten Köpfen. Die Instrumente auf Gürtelhöhe weit von der aufgeblähten Hose streckend und glitschig erklärend: „Des Viagra wirkt schneller als manche schlucke könne.“ Darauf nur ein einziges „Tätä“. So viel Schmutzigkeit muss bestraft werden. Die Stimmung kippt. Siehe Schluckimpfung 1976 in der ortsansässigen Grundschule.

Übrigens: Die Schlüpfrigkeit vieler Altherren-Trios löst irgendwie den panischen Drang aus, drei Ziffern zu wählen. Ob da jemand mal die Festplatte beschlagnahmen könnte. Aber das nur nebenbei. Daheim werden die Trioten ohnehin wieder von der Alten verprügelt. Fazit: siehe oben. Helau!

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