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Adam Baldych Quartet beim BMW Welt Jazz Award. Foto: Ralf Dombrowski
Adam Baldych Quartet beim BMW Welt Jazz Award. Foto: Ralf Dombrowski
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Nachtmelodien als sanfte Lullabys: Das Adam Baldych Quartet beim BMW Welt Jazz Award

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Undercut und Man Bun hat er noch. Ansonsten ist von der Wildheit des Adam Baldych nicht viel übrig geblieben. Noch vor ein paar Jahren konnte der Geiger auf der Bühne vehement aus sich herausgehen, kurzzeitig nahezu die Kontrolle verlieren, um als improvisierender Genius an der Pforte des Zbigniew-Seifert-Himmels anzuklopfen. Das ist vorbei. Der Adam Baldych, der sich mit seinem Quartett um den BMW Welt Jazz Award 2020 bewirbt, ist ein technisch brillanter, aber musikalisch redundanter, weil in der Wahl seiner künstlerischen Mittel vorhersehbarer Virtuose, der sich um die Erfüllung von Klischees, nicht um deren Vermeidung bemüht.

Das Repertoire des Wettbewerbskonzerts in der BMW Welt orientierte sich dabei an seinen CD-Ausflügen in die Welt des Spirituellen bis hin zu Melodien einer Hildegard von Bingen, dem Jahres-Motto der Veranstaltungsreihe „The Melody At Night“ folgend. Und die Umsetzung der Ideen geriet gleichförmig in der Tradition eines folkgetönten Kammerjazz, der von möglichst beiläufig eingesetzten ungeraden Rhythmen über die sich wiederholende Songdramaturgie der einzelnen Stücke bis hin zu den kommunikativen Wechselspielen von Solist und Begleitung einem weitgehend standardisierten Schema folgt.

Sicher, gegen Ende des Konzerts lässt Baldych ein wenig die Opulenz leuchten und gönnt sich im Vergleich zum vorangegangenen Balladenton eine Prise nahezu ungezügelte Geläufigkeit. Ein paar einzelne Dynamikspitzen und Konzentrationsanker finden sich auf über die knapp eineinhalb Stunden seines Programms ebenfalls im Ablauf wieder. Doch dem Ganzen fehlt die Herausforderung. Baldychs Partner sind wie beispielsweise der Pianist Krzysztof Dys solide Kompagnons für die Umsetzung der kammerjazzigen Gewissheiten. Sie sind aber keine starken musikalischen Persönlichkeiten, die den Bandleader dazu nötigen, das sichere Terrain seiner gestalterischen Eindeutigkeit zugunsten eines ästhetischen Wagnisses zu verlassen. So bleiben seine Nachtmelodien sanfte Lullabys, keine Weckrufe des akustischen Aufbruchs. Das war einmal und hätte sein können. Aber es wurde nicht Baldychs künstlerischer Weg.

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