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SWR-Sinfonieorchester - Rap und Beethoven bei «Der Schrei». Foto: ddp
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Rap und Beethoven bei «Der Schrei» - Musikprojekt des SWR mit Jugendlichen feiert Premiere

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Am Anfang steht Baby- und Kindergeschrei, gefolgt vom Aufschrei der Jugend. Das Leben bringt Schreie nach Liebe und Freiheit hervor. Dem Schrei als urmenschlichem Ausdruck haben nun 170 Jugendliche zwischen Karlsruhe und Lörrach im Alter ab 13 Jahren mit Instrumenten und ihrer Stimme eine Form geben. Mit Pauken, Trompeten, Rockgitarren, Müll-Percussion, Rap und Gebärdensprache wollen sie die Zuhörer in ihren Bann ziehen. Zusammen mit dem SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden/Freiburg entstand das Stück «Der Schrei», das am Samstag im Konzerthaus Freiburg Premiere feiert.

Die 15-jährige Saskia Metzger aus Freiburg und ihre Eltern hörten in einem Klassikkonzert von dem Projekt. Im schwarzen Dress mit Jeans und Röckchen holt die einstige Konzertgitarrenschülerin mit ihrem Heavy-Metal-Team nun härteste Soundriffs aus fünf Elektro- und einer Bassgitarre. «Die anderen haben mir viel beigebracht», sagt die Jugendliche. Bis dahin habe sie nur «solistisch gearbeitet». «Meine Mutter hat mir davon erzählt», berichtet der 18-jährige Beatbox-Virtuose Luca Körber darüber, wie er zum «Schrei» gestoßen ist und ahmt dabei mit dem Mund täuschend echt Zisch- und Drumlaute eines Schlagzeugs nach.

Der schlaksige Jung-Rapper Denis Fittipaldi bekam den Tipp von der Schule. «Ich meldete mich an und schrieb einen Text», erzählt er. Zum «Doppeln», wie Denis die begleitende Zweitstimme nennt, zog er Freund Jonathan Zabicki mit hinzu. Eine zehnköpfige Müll-Percussion-Gruppe bearbeitet derweil mit Schlagstöcken riesige Plastiktonnen, handliche Frischhalteboxen, Kanister, Eimer und ein Glockenspiel aus Blechteilen. Gehörgeschädigte üben Lautsprache ein, Hörende die Gebärdensprache. Geistig Behinderte trommeln und rappen.

«Subkultur und Hochkultur zusammenführen», das ist das Ziel des Musikpädagogen Werner Englert, künstlerischer Leiter der von Karlsruhe über Offenburg, Freiburg bis Lörrach aufgebauten 18 Jugendensembles. Gemeinsam mit dem Chefdirigenten des SWR-Sinfonieorchesters, Sylvain Cambreling, feilte er «an einer Dramaturgie, in der Jugendliche, darunter auch verschiedene Behinderte, sich ebenso authentisch präsentieren können wie das Orchester».

Bei diesem Experiment gab «kein Superorchester» die Richtung vor, wie Englert betont. Die Profimusiker sollen vielmehr «auf die Jugendlichen reagieren» und «primär deren Ideen anzapfen». Als die Arbeit im September 2008 begann, sei jeder - «vom Musikanfänger bis zum geübten Spieler» - willkommen gewesen. Seine Aufgabe habe darin bestanden, bei den Jugendlichen «einen Kreativprozess in Gang zu setzten und zu halten». Und dieser Prozess fließe dann letztlich, vom Sinfonieorchester umgesetzt, in Beethovens fünfte Sinfonie ein.

Cambreling klatscht in die Hände, unterbricht die Orchesterprobe. «Keine Improvisation», ruft er. «Nur was notiert ist, wird gespielt." Die Orchestermusiker und die Jugendlichen sollen schließlich präzise zusammenwirken. Draußen, im Foyer und im Saal des Konzerthauses werde sich das ungewöhnliche Spektakel abspielen, kündigen die Veranstalter an. Dabei ergänzt auch mal ein Orchestergeiger das Heavy-Metal-Team mit seiner E-Violine. «Lass raus, was in dir steckt!» lautet das Motto. Weitere Konzerte sind in Offenburg (21. Juni), in Lörrach (9. Juli) und im Euopa-Park Rust (11. Juli) geplant.

 

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