Karlsruhe - Hat ein Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe auf einer Premierenfeier einen Mann vergewaltigt? Das Amtsgericht Karlsruhe muss nun diesen Vorwurf klären.
Wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung steht am Dienstag (9.00) ein Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters vor dem Amtsgericht Karlsruhe. Der 56-Jährige soll vor rund zwei Jahren in den Räumen des Karlsruher Hauses einen Mann vergewaltigt und einen weiteren unsittlich berührt haben. Die ihm vorgeworfenen Taten trugen sich der Anklage zufolge im Anschluss an eine Opernpremiere auf der Premierenfeier zu.
Direkt nach dem Vorfall vor zwei Jahren habe die Theaterleitung interne Ermittlungen aufgenommen, teilte das Theater mit. Über die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft 2020 habe man aus der Presse erfahren. Inzwischen seien Maßnahmen ergriffen worden, damit die betreffenden Personen sich im Haus möglichst nicht mehr begegnen, hieß es weiter.
Die Straferwartung in dem Fall liege nach bisherigem Stand bei höchstens vier Jahren, sagte eine Gerichtssprecherin. Deshalb seien die Taten vor dem Amtsgericht und nicht vor dem Landgericht angeklagt worden. Ursprünglich hatte das Amtsgericht das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts abgelehnt. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft erfolgreich Beschwerde eingelegt.
Der Fall ist nur einer von mehreren Vorgängen im Zusammenhang mit dem Theater, die die Justiz im vergangenen Jahr beschäftigt hatten. So sei weiterhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Verbreitung pornografischer Schriften anhängig sowie eine Strafanzeige wegen Untreue, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Insgesamt sind drei Verhandlungstage anberaumt. Ein Urteil könnte demnach am 23. Februar fallen. (Az.: Az.: 1 Ls 330 Js 7575/19).
[update, 16.2.]
Vergewaltigung am Staatstheater? - Angeklagter: hatte Filmriss
Was geschah auf einer Premierenfeier am Badischen Staatstheater? Im Prozess um Vergewaltigung eines Kollegen spricht der angeklagte Opernchor-Sänger zwar ausführlich, doch es gibt ein Problem. Die Wahrheitsfindung dürfte für das Gericht schwer werden.
Karlsruhe (dpa/lsw) - Viel Drama, Gefühle und Tränen - im Prozess um sexuelle Gewalt am Badischen Staatstheater Karlsruhe hat der beschuldigte Mitarbeiter des Hauses die Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Wortreich und lebhaft sagte der 56-jährige am Dienstag vor dem Amtsgericht Karlsruhe aus und berief sich dabei auch auf massive Erinnerungslücken. «Ich habe keine Ahnung. Ich habe nichts zu berichten, weder als Zeuge noch als Täter», sagte er zum Teil unter Tränen zum Prozessauftakt vor dem Amtsgericht Karlsruhe.
Ihm wird zur Last gelegt, vor rund zwei Jahren in den Räumen des Theaters einen Kollegen vergewaltigt und einen weiteren unsittlich berührt zu haben. Die Taten sollen im Anschluss an eine Opernpremiere Ende Januar 2019 geschehen sein. Zu der Vergewaltigung soll es in einer Umkleidekabine gekommen sein. Einen weiteren Kollegen, einen 21 Jahre alten Statisten, soll er zuvor in der Theaterkantine geküsst und angefasst haben. Dieser sprach von unangemessenen und unangenehmen Annäherungsversuchen.
Mehrfach sprang der Angeklagte während seiner eigenen Aussage auf. Nie würde er jemandem gegen dessen Willen zu nahe treten. «Ich kenne mich. Sowas hätte ich nie gemacht.» Er respektiere ein Nein und habe das immer getan. Getrunken habe er seines Wissens zweieinhalb Bier und einen Rum. Für die Zeit danach und den dann konsumierten Alkohol habe er einen Filmriss. Laut Zeuge war er stark betrunken. In einer Prozesspause trösteten seine Frau und Kinder den aufgelösten 56-Jährigen.
Den Antrag der Nebenklage auf Ausschluss der Öffentlichkeit hatte das Gericht zuvor abgelehnt. Angesichts der Berichterstattung der vergangenen Monate zum Staatstheater überwiege das öffentliche Interesse, sagte der Richter.
Der Fall ist nur einer von mehreren Vorgängen im Zusammenhang mit dem Theater, die auch die Justiz im vergangenen Jahr beschäftigt hatten und bis heute beschäftigen. So ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft weiterhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Verbreitung pornografischer Schriften anhängig sowie eine Strafanzeige wegen Untreue. Zudem war Noch-Intendant Peter Spuhler über Monate in den Schlagzeilen wegen seines angeblich autoritären Führungsstils. Wegen der Querelen verlässt er das Haus im Sommer; sein zunächst verlängerter Vertrag wurde zum Ende dieser Spielzeit aufgelöst.
Anmerkung:
In der Originalfassung der dpa-Meldung stand:
"Von den Vorwürfen habe die Theaterleitung seinerzeit aus der Presse erfahren und dann interne Ermittlungen aufgenommen, erklärte dazu ein Sprecher des Staatstheaters."
Das Badische Staatstheater legt Wert auf die Feststellung, dass es anders war:
"Direkt nach dem Vorfall vor zwei Jahren hatte die Theaterleitung interne Ermittlungen aufgenommen. Lediglich über die Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft 2020 haben wir aus der Presse erfahren."
Wir haben den Passus im Text entsprechend geändert, obwohl es sich um die Agenturmeldung der dpa handelt. (17.02.2021 – 10:36 – mh)