Tonbande: „Dieses Lied“, Krauthausen Musikverlag, Köln, Rock-/Popmusik für Kinder +++ Starke Stücke: Georg Friedrich Händel – Der Messias, Hörspiel von Markus Vanhoefer, ab 8 Jahren, Igel-Genius/BR-Klassik 2 CD 436 +++ himmelweit: Ein Konzert für Kinder mit Musik von Hans Werner Henze & Igor Strawinsky, Edition SEE-IGEL 9458834 +++ Quadro Nuevo: Schöne Kinderlieder, GLM FM158-2 +++ Heidi Leenen, Martin Bernhard: Der Elefantenpups – Rettet den Zoo! Schott Music, 32 Seiten, gebunden, mit CD, ISBN 978-3795707705, empfohlen für Kinder von 3 bis 6 Jahren +++ Planet der Drachen – Ein musikalisches Weltraumabenteuer, AMA Verlag 626704 +++ Der gestiefelte Kater Edition SEE-IGEL +++ Michaela Ulm: Der Zaunkönig und die silberne Flöte Hörbuch mit CD, Musik von Olivier Messiaen, Aram Verlag +++
Tonbande: „Dieses Lied“,
Krauthausen Musikverlag, Köln, Rock-/Popmusik für Kinder
„Ohne ihn wüsst’ ich gar nicht, wo’s lang geht… ohne ihn irrte ich nur herum“, singt die Tonbande, eine junge Band, deren Mitglieder zwischen 16 und 19 Jahre alt sind und eine technisch wie musikalisch erstaunlich professionelle CD eingespielt haben. Der Text des Eröffnungsliedes ist Hinweis darauf, dass diese Jugendlichen blind oder stark sehbehindert sind. Das allerdings vergisst man ab dem zweiten Titel schnell: Besungen werden Themen aus dem Alltag junger Menschen. Sei es die erste unsichere Verliebtheit, sei es der Wunsch der Sängerin, „weit, weit weg“ zu sein, „wo schnell und langsam nicht so wichtig sind“, weil sie sich dem Tempo des Alltags nicht gewachsen fühlt. Sich den Anforderungen der Erwachsenenwelt zu entziehen, dazu dient auch der Song: „Wir chillen, Türe zu, jetzt bitte nicht mehr stören“, der im Übrigen ein gutes Beispiel für die sehr abwechslungsreiche instrumentale Begleitung der Songs ist. Echte musikalische Ohrwürmer mit pfiffigen Texten: Ein Vergnügen – für „Kids“ wie für Erwachsene!
Josefine Becker
Starke Stücke: Georg Friedrich Händel – Der Messias, Hörspiel von Markus Vanhoefer, ab 8 Jahren,
Igel-Genius/BR-Klassik 2 CD 436
„Stellt euch vor, die Engel hätten mir beim Komponieren die Feder geführt!“ An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht, dem „Master Haendel“, den Markus Vanhoefer zum Protagonisten seines Hörspiels rund um dessen berühmtes Oratorium „Der Messias“ gemacht hat. Von der eigenen Musik enthusiasmiert, feuert er den im Lauf der einstündigen Geschichte mehrfach zum Einsatz kommenden „Hallelujah“-Chor bei der Probe an. Mit zwei Zeitsprüngen zwischen dem London des Entstehungs- und dem Dublin des Uraufführungsjahres wird die Handlung von zwei Seiten her beleuchtet. Dramatische Zuspitzung erfährt sie, als Dekan Jonathan Swift – der historischen Überlieferung wird hier legitimerweise ein wenig nachgeholfen – den Chorknaben von St. Patricks die Mitwirkung an der Uraufführung verbietet. Händels Kniff, diese als Wohltätigkeitsveranstaltung anzukündigen, rettet die Unternehmung. Spielt die Musik in dem auf routinierte Weise unterhaltsamen Hörspiel selbst eine eher marginale Rolle, so sind auf der zweiten CD ausführliche Ausschnitte mit Schwerpunkt auf den Chören versammelt. Sie stammen aus der guten Naxos-Aufnahme unter Edward Higginbottom – eine gelungene Höreinladung.
Juan Martin Koch
himmelweit: Ein Konzert für Kinder mit Musik von Hans Werner Henze & Igor Strawinsky,
Edition SEE-IGEL 9458834
Hans Werner Henze für Kinder? Das klingt nach einem Wagnis. Dieses ist die Edition Seeigel in gewohnt qualitativer Art eingegangen: Zu Ausschnitten aus Henzes „5 Botschaften für die Königin von Saba“ und Igor Strawinskys „Feuervogel“ hat Ute Kleeberg eine Geschichte erfunden, die sich dem musikalischen Duktus so fein anpasst, dass man sich fragt, wieso sie nicht schon längst erzählt wurde. Die Bildstärke der verwendeten Musik ist aufs Feinste in die Erzählung verwoben. In einer sehr ruhigen Gangart wird die Geschichte des Jungen Florin erzählt, der fliegen kann und von seinen Ausflügen wunderbare Geschichten mit nach Hause bringt. Ein Sturm treibt ihn in eine unbekannte Gegend und in die Arme eines geldgierigen Wirts, aus denen sich Florin aber schließlich mit Hilfe seiner Freunde, der Vögel, wieder befreien kann. Einfühlsam erzählt von Christian Brückner, ist diese Geschichte nichts zum Nebenbei-Hören. Aber die Produktion ist hervorragend geeignet, um jungen Ohren scheinbar sperrige Musik spannend nahe zu bringen. Wie immer hat Ute Kleeberg Wert auf höchste musikalische Qualität gelegt: Die Aufnahmen stammen vom SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg.
Josefine Becker
Quadro Nuevo: Schöne Kinderlieder
GLM FM158-2
Schön, dass Quadro Nuevo ihre üppige Diskografie um eine Kinderlieder-CD bereichert haben! Ihr sorgfältiger, fantasievoller Umgang mit den Vorlagen unterscheidet sich wohltuend vom anbiedernden Einerlei in diesem Repertoirebereich. Dafür sorgt zum einen die abwechslungsreiche Instrumentierung, denn zu den angestammten Spielgeräten des Quartetts (Saxophon, Bass, Harfe, Akkordeon) gesellen sich unter anderem Mandoline, Sansula, Cheng, und Vibraphon. Zum anderen werden die bekannten und weniger bekannten Lieder mit bandtypischen Rhythmus- und Harmonieumdeutungen angereichert: „Lustig ist das Zigeunerleben“ erfährt eine nahe liegende Balkanisierung, der Jäger bekommt eine Moll-Variante und eine Gypsy-Swing-Beschleunigung mit auf seinen „längs dem Weiher“ verlaufenden Weg und der Lenz will uns mit zunächst klassischem Tonsatz grüßen, bevor er rhythmisch freier und mit improvisierten Elementen besungen wird. Das Singen bleibt bei dieser rein instrumentalen CD übrigens den Kindern und Familien selbst überlassen: Im Booklet sind Noten und Texte abgedruckt. Infos oder wenigstens Fotos zu den schönen Ins-trumenten, von denen Kinder die wenigsten kennen dürften, wären eine schöne Ergänzung gewesen.
Juan Martin Koch
Heidi Leenen, Martin Bernhard: Der Elefantenpups – Rettet den Zoo!
Schott Music, 32 Seiten, gebunden, mit CD, ISBN 978-3795707705, empfohlen für Kinder von 3 bis 6 Jahren
„Rettet den Zoo!“, heißt der dritte Band aus der Reihe „Der Elefantenpups“, den Heidi Leenen nun vorgelegt hat. Wie in den ersten Bänden, geht es auch hier um einen Zoo mit seinen musikalischen „Insassen“ und um Zoodirektor Fröhlich, der diesmal mit Bürgermeisterin Basta zu kämpfen hat. Diese will den Zoo schließen und an seine Stelle eine neue Autobahn bauen lassen. Natürlich wollen sich die Zoobewohner das nicht gefallen lassen und starten eine große Protestkampagne. Mit Erfolg – so viel darf hier verraten werden. Die Musik spielt dabei eine wichtige Rolle. Das Repertoire ist breit gefächert: „Geier-Blues“ und „Marktplatz-Jazz“ werden ebenso frisch und schwungvoll präsentiert wie die „Sumbazumba-Rumba“ oder der „Schlangen-Swing“. Großartig vor allem auch der Sprecher Stefan Kaminski, der sich in alle Akteure überzeugend hineinversetzt. Auch in Pombo, den sympathischen Elefanten, der uns mit seinem genussvollen „Pups“ signalisiert, dass die Welt am Ende wieder in Ordnung ist. Mit den Illustrationen von Martin Bernhard ist „Der Elefantenpups“ eine Produktion zum Anhören und -sehen für die ganze Familie.
Josefine Becker
Planet der Drachen – Ein musikalisches Weltraumabenteuer
AMA Verlag 626704
Das ist ja mal richtig cool: Weltraum-abenteurer Cismo verlässt das väterliche Raumschiff, nachdem ihm sooo langweilig gewesen und ein seltsamer Funkspruch eingegangen war, und muss den Planeten der Drachen und das einzig verbliebene Drachenmädchen Edisa vor dem bösen Zauberer Tritontus retten. Der will ihn nämlich als Ausgangspunkt für seine Eroberung des Alls nutzen. Ansonsten ist Cismo ein ganz „normaler“ Junge, der oft Krach mit seinem Vater hat, seine Mutter ist angeblich mit einem Opernsänger durchgebrannt, worüber Papa Aede, ein Briefträger, nicht gerade erfreut ist… Wird Afisana, die Mutter, wieder auftauchen? Kann Cismo die anderen Drachen befreien und den bösen Zauberer zusammen mit ihnen besiegen? Und was sagt sein Vater, dem er heimlich davongelaufen ist, zu dieser Unternehmung? Die Kinderjury, bestehend aus einem Siebenjährigen befand: „Das ist so spannend! Für unter Sechsjährige ist das nichts!“ Wunderschön und auch richtig gelungen ist der filmmusikähnliche Orchesterscore (Musik: Arnold Fritzsch, Buch: Bettina Bartz), eingespielt von der Orchestervereinigung Festival Schloss Britz nach eine Idee von Jürgen Kupke. Das Weltraumabenteuer ist ein Auftrag der Musikschule „Paul Hindemith“ Neukölln. Nicht unerwähnt sollte der Sprecher Jürgen Kluckert bleiben, der fesselnd erzählt.
Ursula Gaisa
Der gestiefelte Kater
Edition SEE-IGEL
ab 5 Jahren
„Klassische Musik und Sprache erzählen ein Märchen“: mit diesem bewährten Konzept, das schon desöfteren mit einem LEOPOLD ausgezeichnet wurde, wird dieses Mal eine Geschichte von Charles Perrault präsentiert. Der Schauspieler Ulrich Noethen spricht mit angenehm sonorer Stimme die Zeilen um den erst verkannten, aber gewitzten und schlauen Kater, der dem Müllerssohn versehen mit einem Paar Stiefeln und einem schicken Hut mit Feder zu unverhofftem Glück, Reichtum und Anerkennung verhilft. In Co-Produktion mit dem Südwestdeutschen Rundfunk wurden dazu Stücke wie das Trio op. 11 B-Dur („Gassenhauer-Trio“) von Ludwig van Beethoven, das Trio g-Moll L. 3 für Klarinette, Violoncello und Klavier von Claude Debussy oder das Trio Pathétique von Michail Glinka extra für die Edition neu eingespielt und illustrieren unterhaltsam den Verlauf der Erzählung. Ute Kleeberg ist verantwortlich für die Textbearbeitung, die musikalische Gestaltung und die Aufnahmeleitung der Sprache – und zusamme mit Uwe Stoffel für Idee und Realisation. Ein wahres Hörvergnügen, nicht nur für Kinder, mit den Musikern Uwe Stoffel (Klarinette), Helmut Menzler (Violoncello) und Thomas Wellen (Klavier), die mit Leichtigkeit und Spielfreude mit von der Partie sind. So werden Märchen zu zeitlosen musikalischen Büchern.
Ursula Gaisa
Michaela Ulm: Der Zaunkönig und die silberne Flöte
Hörbuch mit CD, Musik von Olivier Messiaen, Aram Verlag
Mit „Der Zaunkönig und die silberne Flöte“ hat Michaela Ulm eine Fabel für Kinder geschaffen, deren Charme man sich auch als erwachsener Hörer nicht entziehen kann.
Die Protagonisten sind die Amsel, die Lerche, der Fink und der Zaunkönig. Dem wird das täglich gleiche Gezwitscher seiner Freunde zu öde und er zieht aus, um dem Alltag zu entfliehen. Er entdeckt eine Flötenspielerin mit silbern glänzendem Instrument in einem Fenster und lauscht ihren Etüden. Fasziniert vom variantenreichen Spiel der Flöte, lockt er Amsel, Lerche und Fink aus ihrem Wald und konfrontiert sie mit dem Neuen, Ungehörten.
Der Zaunkönig ist nicht nur ein Plädoyer fürs Entdeckertum an und für sich, sondern auch für die unerschrockene Erkundung neuer Musik. Vorausgesetzt man will in Messiaen den Stammvater der Moderne sehen (was der Autor tatsächlich tut). Eigenwillige Aquarelle und Farbzeichnungen bebildern die Geschichte ganz charmant. Alles gut? Wenn da nicht Messiaen wäre. Obwohl er mit seinen von Vogelstimmen inspirierten Modi eigentlich der Ideengeber des Ganzen ist, wird seine Musik bestenfalls als Hörspielmusik eingesetzt. Man möchte doch einmal ein Stück am Stück hören. Lobenswert: die Kurzbiografie von Olivier Messiaen samt diskografischen Hinweisen zur Musik. Damit steht der Entdeckungslust nichts mehr im Weg. Fazit: Manchmal muss man raus aus seinem ganz persönlichen Wald.
Andreas Kolb