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The Rosenberg Trio: Gypsy SwingVerve/Polydor 527806-2 Die größte internationale Reputation als Gitarrist in der Tradition Django Reinhardts hat sich neben Bireli Lagrene der aus Holland stammende Manouche-Virtuose Stochelo Rosenberg, Solist des Rosenberg-Trios, erworben. Und wie Lagrene ist auch Stochelo (Jahrgang 1968) ein Ausnahmetalent, das bereits mit zwölf Jahren in „Wunderkind-Manier“ die holländische Musikszene beeindruckte. Erst 1989 erschien die erste CD des Trios, die ganz in der Tradition des Sinti-Swings im Stile von Django Reinhardt und dem „Quintette Du Hot Club De France“ steht. Seither ist das Trio auf den großen Bühnen der Jazzwelt zuhause. Auf „Caravan“, ihrem 1994 erschienenen fünften Album, erweiterte das Trio, in dem Stochelos Cousins Nous’che und Nonnie Rhythmusgitarre und Kontrabaß bedienen, erstmals sein klangliches Erscheinungsbild durch Einladung von Gastmusikern. Neben Grandseigneur Stephane Grappelli (insoweit noch ganz auf Hot-Club-Kurs) waren dies der Jazz-Vibraphonist Fritz Landesbergen und der Rock-Jazz-Gitarrist Jan Akkermann, beides Holländer, die sich mit großer Sensitivität in den Gipsy-Swing-Kontext integrierten. Diese Strategie wird auf dem nunmehr erschienen neuen Album „Gipsy-Swing“ noch fortgesetzt: In mehreren Stücken spielt nicht das Rosenberg- Trio, sondern kleine Orchester bis hin zum Ensemble mit Stochelo als Solisten. Mit diesen Klangkörpern begibt er sich, sowohl vom Charakter der Stücke her, als auch in seiner Spielweise außerhalb des Gipsy-Swings, ja stückweise gar außerhalb des Swings überhaupt! Das Ergebnis ist äußerst ambivalent. Da interpretiert Stochelo beispielsweise Filmmusik-Themen wie „Theme From Mahogany“, „Rose-mary’s Baby“, „Cavatina (Theme From The Deerhunter)“ und adaptiert dabei das in seiner Gefälligkeit attraktive Material nicht für sein Swingidiom, sondern begibt sich mit ihm auf seichtestes, popularmusikalisches, ja gebrauchsmusikalisches Terrain. Er agiert als ausschließlicher Solist und er spielt nicht mit, sondern vor dem Orchester, das er als diffus-süßliche Staffage in den Hintergrund verbannt. In der Swing-Mex-Nummer „Tequila“ und in Chuck Mangiones Latin-Titel „Children Of Sanchez“ gestattet SR dem Orchester wenigstens ein wenig Bigband-Schmiß mit Blechkonturen. Der einzige Musiker, dem neben dem Saiten-Maestro begrenzte solistische Ausführungen eingeräumt werden, ist der Vibraphonist Fritz Landesbergen, der offenbar bei den Rosenbergs einen gewissen Vorzug genießt, denn er ist auch bei Live-Terminen des Trios mit auf der Bühne. Landesbergen hat denn auch seinen Anteil an den besseren Seiten dieses Albums, wenn er den Swing Stochelos (in John Lewis’ „Django“) oder des gesamten Trios (Miro Tata Mimer – For My Dad Mimer, Silk And Steel – beides Eigenvorlagen von SR –, Cole Porter’s Begin The Beguine) mit modern phrasierten Läufen oder Akkorden kontrastiert. Vertan wurde bei dieser Produktion die Chance, einmal „neue“, ansonsten im Genre nicht anzutreffende Vorlagen in die eigene Sprache umzusetzen, ihnen damit ihre triviale Eingängigkeit zu nehmen, wie dies einst die Swingleute mit den Broadway-Hits praktiziert haben – damit wäre den Rosenbergs eine wahre Überraschung gelungen; zum anderen eine integrative, kommunikative Nutzung des ins Studio geholten Musikerpotentials. Wenn dieses Album gleichwohl seine Highlights hat und seinen Titel zu rechtfertigen vermag, dann liegt dies an den traditionellen Swingstücken des unbegleiteten Trios (It Don’t Mean A Thing If It Ain’t Got That Swing von Ellington, Cherokee, Hungaria von Django Reinhardt, Dein Ist Mein Ganzes Herz von Operettenkönig Lehár und Stochelos eigene Nummer Latscheben) sowie den bereits oben erwähnten Nummern mit Landesbergen.

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