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Gesucht: flexible und kreative Musikoholics

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Ganztagsunterricht: Kooperationen zwischen Musikpädagogen, Musikinstituten und Schulen
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Musik im Ganztagsunterricht ist eines der zentralen musikpolitischen Themen unserer Zeit. Auf die Gefahren haben viele hingewiesen, auch der Tonkünstlerverband Bayern in seiner Resolution. Doch es gibt auch positive Beispiele, die Mut zu einigem Optimismus machen. Freiberufliche Musikpädagogen und Private Musikinstitute sind nämlich besonders oft an Schulprojekten im Ganztagsunterricht beteiligt. Wie kann es gelingen, Musik in den Ganztagsunterricht erfolgreich zu integrieren?

Musikpädagogische Kreativität ist hierfür auf jeden Fall notwendig. So befasste sich Angela Könner in ihrer Diplomarbeit mit „Generationsverbindendem Musizieren im Rahmen der Musikalischen Früherziehung“ und rief ein Projekt ins Leben, an dem ein Seniorenheim und ein Kindergarten beteiligt sind. Kinder kommen ins Seniorenheim, singen und musizieren zusammen mit den Senioren. Beide lernen voneinander: Die Kinder bringen ihre Orff-Instrumente mit und regen die Alten an, mitzuspielen, und diese erinnern sich an alte Melodien ihrer Jugend, die sie an die Kinder weitergeben. Dieses Projekt wäre sicherlich auch für eine Grundschule im Rahmen des Ganztagsunterrichts sehr attraktiv.

Der Schlagzeuger Christian Partsch begeistert Jugendliche durch „Bodypercussion“, bei welcher der eigene Körper zum Instrument wird, und hat mit „Groovesigns“ eine Unterrichtsmethode gefunden, die es ohne Notenkenntnisse ermöglicht, höchst differenzierte Rhythmen in ziemlich kurzer Zeit zu erlernen. Bei seinen Workshops an Schulen baut er zusammen mit den Jugendlichen Cajons, um ihnen ein ganz „handgreifliches“ Gespür für die Klangmagie von Musikinstrumenten zu vermitteln.

Auf ein großes öffentliches Ereignis arbeitete Liz Amandi aus Anlass der 1250-Jahrfeier von München-Pasing hin: Sie versammelte über 125 Schüler aller Schularten zu einem „Trommel-Sternen-Marsch“. Damit erreichte sie, Kinder und Jugendliche von der Grundschule bis zum Gymnasium zu gemeinsamen Tun und einem gemeinsamen Erlebnis zusammenzuführen. So konnten sowohl die Schüler als auch die Öffentlichkeit erleben, wie Musik Menschen verschiedenster Art, ob mit Migrationshintergrund, ob aus eher bildungsfernen Familien oder aus Akademikerhäusern zusammenführt.

Monika Fuchs-Warmhold will Kinder, die bisher kaum mit Musik Berührung hatten, für eigenes Musizieren gewinnen. Deshalb werden in der Schule, mit der sie zusammenarbeitet, jeweils die Klassen zum Klassenmusizieren auf Zupfinstrumenten ausgesucht, in denen die wenigsten Kinder ein Musikinstrument lernen. Die Schüler erhalten kostenfrei eine Mandola, Mandoline oder Gitarre und spielen in Gruppen zu zwölft.

Das Musizieren bereitet ihnen nicht nur Freude, sondern stärkt auch ihr Selbstbewusstsein, was oft eine positive Auswirkung auf den schulischen Erfolg hat. Manche Kinder wollen weitermachen und nehmen dann in Monika Fuchs-Warmholds Musikstudio Unterricht oder treten ins Orchester ein.

Einen Kooperationsvertrag hat Peter Bilan, der Leiter eines privaten Musikinstituts, mit einer Mittelschule geschlossen. Dadurch haben die Schüler die Möglichkeit, im Rahmen des gebundenen und ungebundenen Ganztagsunterrichts auch musikalische Angebote wahrzunehmen.

Diese Projekte sind einige von vielen und werden hier nur als Beispiel für die zahlreichen Möglichkeiten vorgestellt. Dass sie realisiert werden können, hängt freilich nicht nur von musikpädagogischer Kreativität ab. Vielmehr sind sehr viel Eigeninitiative, Energie und „Netzwerken“ notwendig; da jede Schule eigenständig über ihr Ganztagsangebot entscheidet, ist es notwendig, Schuldirektoren, die Musiklehrer sowie die Elternsprecher zu kennen und zu überzeugen.

Dann erst beginnt die Arbeit: Ein Zeitfenster im Stundenplan muss sich öffnen; der zumeist mitwirkende Musiklehrer der Schule muss eingebunden werden; die Schule, die Kommune oder der Förderverein der Schule müssen überzeugt werden, dass für Musikinstrumente, für Begabtenförderung und vieles mehr Geld benötigt wird und dass der sich so engagiert einsetzende freiberufliche Musikpädagoge oder das Private Musikinstitut eine angemessene Vergütung zu erhalten hat – und dann beginnt erst die eigentliche Arbeit: Kinder zu begeistern, mitzunehmen aus der Welt der Konsummusik in das Abenteuer des eigenen Musizierens. Wenn das gelingt, sind viele „infiziert“ und  kommen nicht mehr von der Musik los.

Musik im Ganztagsunterricht erscheint vielen Musikpädagogen als ein schwer durchschaubares Dickicht. Doch auch wenn es schwierig ist, der Versuch, dort einzudringen, lohnt sich. Dies ist nicht nur notwendig, damit Musik weiterhin einen wichtigen Stellenwert in der Erziehung hat, sondern auch, damit freiberufliche Musikpädagogen und Musikinstitute ihre Rolle im Ganztagsunterricht beibehalten und ausbauen.

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