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Im Winter die Früchte des Vorjahres ernten

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Auf Konzertreisen in Russland und Griechenland
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Beim Erscheinungstermin dieser Ausgabe der neuen musikzeitung ist „Jugend musiziert“ 2010 bereits in vollem Gange: Die mehr als 150 Regionalwettbewerbe haben schon stattgefunden, mehr als 20.000 Jugendliche haben es erfolgreich gewagt, sich dem musikalischen Vergleich mit ihren Altersgenossen auszusetzen. Vermutlich werden rund 6.000 von ihnen bereits damit beschäftigt sein, sich auf die Landeswettbewerbe im März vorzubereiten. Doch während soeben ein neues Wettbewerbsjahr gestartet ist, ernten gleichzeitig die Preisträger des vorigen Wettbewerbsjahres die Früchte ihrer Leistungen. Mag „Jugend musiziert“ auf den ersten Blick eine Aneinanderreihung von Wettbewerbsjahren sein, so ist das Projekt bei genauerem Hinsehen die perfekte Mischung aus Herausforderung und nachhaltiger Förderung.

Oft schon wurde an dieser Stelle von den vielfältigen Angeboten berichtet, die der Deutsche Musikrat den Bundespreisträgern im In- und Ausland machen kann. An seiner Seite das Goethe-Institut, die Deutschen Schulen im Ausland und nicht zuletzt die Europäische Union der Musikwettbewerbe, EMCY, zu der „Jugend musiziert“ gehört. Begeisterte Reiseberichte der Jugendlichen, die in der ganzen Welt auf Konzertreise sind, erreichen die Bundesgeschäftsstelle. Im Folgenden berichtet der 20-jährige Patrik Cieslik, erster Bundespreisträger in der Kategorie „Musical“, über eine achttägige Reise nach Griechenland. Der 15-jährige Fagottist Theo Plath konzertierte auf Einladung eines Partnerwettbewerbs der EMCY in St. Petersburg.

„Am 24. November 2009 traten Johanna Pschorr und Reimi Matsuda aus Karlsruhe, Adriana Sanchez aus Eupen und Patrik Cieslik aus Heinsberg eine achttägige Reise nach Griechenland an, um dort, auf Einladung der Deutschen Schulen in Griechenland, drei Konzerte zu geben. Unser erstes Ziel war Thessaloniki. Am Flughafen angekommen, wurden wir von unseren Gastfamilien abgeholt. Die Bedenken, sich mit den Gastgebern nicht verständigen zu können, verflogen schnell, denn entweder wurde perfekt deutsch gesprochen oder ein Dolmetscher stand zur Verfügung. Am Abend trafen alle Beteiligten das erste Mal zu einem kleinen Umtrunk zusammen, am nächsten Morgen begann das eigentliche Programm: Wir besuchten die Deutsche Schule Thessaloniki. Dort gaben wir in diversen Klassen kleine Proben aus unseren Programmen: unsere Posaunistin Johanna, am Klavier begleitet von Reimi, und der Tenor Patrik mit Klavierbegleitung durch Adriana. Im Anschluss hatten die Schüler die Möglichkeit, uns Fragen zu stellen und mit uns ins Gespräch zu kommen. Es war eine lockere Atmosphäre, weil die Fragen ehrlich und interessiert waren.

Nach einem kurzen Gespräch mit dem Direktor der Schule und einer kurzen Probe nutzten wir noch ein wenig Zeit dazu, etwas von der Stadt zu sehen, mussten aber pünktlich wieder zur Schule zurück, da wir am Abend zum ersten Mal konzertieren sollten.

Am nächsten Tag ging es weiter nach Athen, wo wir am Abend der Ankunft unser zweites Konzert in der Deutschen Schule Athen geben durften. Es war für alle Beteiligten ein sehr zufriedenstellender Abend, obwohl weniger Publikum als erwartet den Weg dorthin fand – Klasse statt Masse. Betreut wurden wir in Athen von zwei Lehrern der Schule. Unsere eigentliche Kontaktperson, deren Aufgaben die beiden mit Bravour erledigten, lag leider mit Schweinegrippe im Bett!

Am Freitag hatten wir unseren ersten freien Tag. Keine Flüge. Keine Konzerte. Die drei Instrumentalisten nutzten die Zeit zum Üben, während ich lieber fotografierend die Gegend erkundete.

Unser letztes Ziel war Chania, eine Stadt auf der Insel Kreta. Dorthin flogen wir am Samstag und wurden vom Flughafen abgeholt. Diesmal übernachteten wir in einem Hotel, keine drei Minuten vom Strand entfernt.

Auf Kreta hatten wir mehr Freiraum. Und so ergab es sich dann, dass wir bei 21°C Lufttemperatur den Nachmittag am Strand verbrachten – zur Verwunderung der griechischen Touristen, die uns von den Cafés rund um den Strand aus beobachteten.

Am Abend dann hatten wir unser Konzert in einem kleinen Theater der Stadt. Mit einem wunderbaren Publikum und nach Ende des Konzertes gab es ein üppiges Abendessen. Am darauf folgenden Tag ging es wieder nach Hause.

Es war eine wunderbare und harmonische Reise und aus meiner Sicht ist es ein kleines Wunder, dass die Chemie zwischen allen gestimmt hat. Auch sämtliche Kontaktpersonen waren wunderbare Menschen, mit denen wir uns sofort sehr gut verstanden haben. Es war bei jedem Abflug immer wieder traurig, dass man sich nach so kurzer Zeit schon wieder voneinander trennen musste. Deshalb möchte ich im Namen aller Mitgefahrenen allen an der Planung Beteiligten für diese gelungene Woche danken! Es hätte nicht besser sein können und wir hoffen, dass alle,, die in Zukunft an Jugend musiziert teilnehmen und einen Bundespreis erhalten, eine mindestens genauso schöne Reise erleben können.“

Patrik Cieslik

Theo Plath war eingeladen, vom 8. bis 12. Dezember bei Europäischen Konzerten in St. Petersburg mitzuwirken:

Ich steige aus dem Flugzeug und bin froh, dass ich mir einige Tage zuvor einen Schal gekauft hat: Es ist extrem kalt in St. Petersburg! Am Flughafen werde ich von der freundlichen Sekretärin der Mravinskij Schule abgeholt, mit der ich dann zur Wohnung fahre. Dort treffe ich einen Freund aus dem Bundesjugendorchester, Michael Bosch, der genau wie ich bei den europäischen Konzerten spielen wird. Seine Lehrerin, die auch in der Unterkunft wohnt, spricht zum Glück Russisch, was noch zur großen Hilfe wird. Später übe ich und stelle mit Freude fest, dass sich meine Mundstücke durch den Druckunterschied in noch erträglichem Maße verändert haben.

Nach einem gemütlichen Frühstück fahren wir am nächsten Morgen mit der Metro in die Stadt und besuchen alle zusammen die Kasaner Kathedrale, eine orthodoxe Kirche, die das Grabmal des russischen Generals Kutusow beherbergt, der 1812 Napoleon besiegte. Nachmittags dann Saalprobe in der Musikschule, wo auch unser erstes Konzert stattfindet. Sämtliche Musikschüler müssen beim Betreten der eigentlichen Schule einen Ausweis vorzeigen. Der für eine Musikschule sehr geräumige und schöne Saal hat eine Akustik wie eine Kirche: Nachhall, Nachhall, Nachhall ... Für mein modernes Stück, das ich dort spielen werde, kommt mir das recht gelegen ...

Am Vormittag des nächsten Tages geht es zur Probe in die Philharmonie. Ich betrete den Saal: tief beeindruckt, er ist ziemlich groß, hell und schön. Ich freue mich schon, dort zu spielen. Zunächst noch etwas verärgert, dass ich nicht mit Orchester spiele (da das geplante „Konzertstück“ von Franz Berwald in Russland nur in der Fassung für Fagott und Klavier erhältlich ist –  wie ich erfahre), bin ich jedoch nach kurzer Zeit froh darüber, dass ich solo spiele, da es doch ein Erlebnis ist, einmal einen so großen Saal ganz für sich allein zu haben. Ich erfahre, dass ich als dritter spiele. Die Ansage erfolgt und ich betrete die Bühne. Gespannte Aufmerksamkeit. Ich beginne und merke, dass sich aufgrund der in meinem Stück (Matthewmatics von Heinz Holliger) enthaltenen Multiphonics besonders bei den jüngeren Konzertbesuchern Heiterkeit verbreitet. Es klappt alles wie geplant. Glücklich verlasse ich die Bühne. Nun habe ich noch eine Probe für das Konzert am 12. Dezember. Ich spiele das Stück, das eigentlich mit Orchester geplant war, nun im letzten Konzert mit Klavier.
In der Wohnung erwartet mich schon Besuch: Claire Goddard, Generalsekretärin der EMCY und ihre Übersetzerin sind nach dem Konzert noch mitgekommen. Erfreut erfahre ich, dass Claire auch Fagott spielt.

Um halb 10 am nächsten Tag brechen wir mit Claire und ihrer Dolmetscherin zu einer Stadttour durch St. Petersburg auf. Als wir mit dem Auto durch die Stadt fahren, die ich bis jetzt nur aus der Metro, also kaum, gesehen habe, fällt mir auf, wie voll es hier eigentlich ist. Abends dann das nächste Konzert: Ich bin nach der Pause als erster dran. Während ich mich einspiele, frage ich mich, warum ich eigentlich im besten Saal mein riskantestes Stück (Rhapsodie von W. Osbourne) spiele. Aber ich habe keinen Grund zur Sorge, es klappt alles wie geplant. Glücklich, dass nun auch dieses Stück gut gelungen ist, gehe ich mit allen anderen in ein Restaurant, wo wir einen sehr vergnüglichen Abend haben.

Am letzten Tag meines Aufenthaltes werden wir nachmittags zum Konzertort gebracht, der ein wenig außerhalb liegt. Es läuft gut und dann ist auch schon der Tag der Abreise gekommen. Um 11 Uhr morgens geht es zum Flughafen, dann Check-in, die Passkontrolle und nochmal ein Security-Check. Ich sitze wohlbehalten im Flugzeug, habe einen angenehmen Rückflug und lasse den Aufenthalt in St. Petersburg Revue passieren.

Theo Plath
 

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