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György Kurtág: Hölderlin-Gesänge; Signs, Games and Messages; …pas à pas – nulle part… Poèmes de Samuel Beckett; Kurt Widmer, Bariton; Hiromi Kikuchi, Violine; Ken Hakii, Viola; Stefan Metz, Cello; Mircea Ardeleanu, Schlagzeug
ECM 1730 (461 833-2)

Welche Weite der Welten! Es sind kleine Nomaden (in den drei Werken insgesamt 59 Einzelstücke!), existenzielle Epigramme, die kurz aufleuchten und von der Fremdartigkeit unseres Seins erzählen. Welch ungeheuere Musikalität gehört zu solcher Prägnaz, zu solcher Vielfalt! Es ist Kurtágs Welt, die in ihrer Rätselhaftigkeit und niederdrückenden Gebrochenheit ungebrochen bleibt.

Richie Beirach (pn), Huebner (vn), Mraz (b): Round about Monteverdi
ACT 9412-2

Softer, besinnlicher Jazz, Monteverdi durch die Musikgeschichte nachlauschend, immer wieder, wie von der Wendung besessen, zum „Lasciate mi morire“ zurückkehrend, woran Bach, Pergolesi, Schütz und andere wie Ausflugsorte teilhaben. Feinheit der Durchgestaltung, stimmig im Klang. Beirach, Huebner und Mraz im Einklang!

Klavierstücke von Beat Furrer, John Cage, Salvatore Sciarrino, Roman Haubenstock-Ramati, Alvin Lucier, Georg-Friedrich Haas; Marino Formenti, Klavier (u.a.)
col legno WWE 1CD 20223

Das Erdbeercover ist so synthetisch rot, dass der Titel der CD „Nothing is real“ schon hier entgegenleuchtet. Ein Geheimnisgang durch die Stücke, behutsam und elastisch gespielt. Jedes wird in eigener Kontur, mit individueller Anschlagskultur durchgestaltet. Fesselnd.

Walzer von Schubert, Brahms, Grieg, Hindemith und Wolfgang Rihm; Andreas Grau, Götz Schumacher, Klavier
col legno WWE 1CD 20103

Ein wunderbares Ensemble von Walzern, duftig, forsch, hintergründig. Der Walzer als Tanz der Morbidezza, der im eigenen Schwung den Abgrund des Schwindels ahnen lässt. Das großartige Duo Götz/Schumacher spielt das schlicht und schön; mit nachdrücklichem Ton, der nichts zu demonstrieren hat, sondern einfach blühen lässt. Eine Entdeckungsreise durch eineinhalb Jahrhunderte.

Johann Sebastian Bach: Matthäuspassion; M. Ullmann, K. Mertens, A. Korondi, A. Vondung, W. Güra, H.C. Begemann, Gesang; Chorgemeinschaft Neubeuern, Tölzer Knabenchor, Orchester der KlangVerwaltung, Enoch zu Guttenberg.
Farao B 108035 (3 CDs plus Sprach-CD mit Erläuterungen Guttenbergs)

Enoch zu Guttenberg ist ein bekennender Interpret. Musik ist Offenbarung, Bachs Matthäuspassion die höchste. Auseinandersetzung über historischen Klang und strukturelle Durchsichtigkeit müssen da hintan stehen. Emotionale Prozesse, das Ringen ums Menschsein prägen die Sicht und lasten schwer. Immerhin wachsen der Interpretation dadurch Momente ringender Anteilnahme zu. Diese Konsequenz, die dem eigenen Instinkt folgt, der von der Sicherheit des Glaubens getragen ist, macht Guttenberg zum Unikum.

Bach: Wohltemperiertes Klavier I & II; Andrei Gawrilow u.a.; Regie: Karen Whiteside, Peter Mumford (2000)
Euroarts/Icestorm 1050309 69012

Ein mutiger Vorstoß in filmisches Neuland: Vier Pianisten spielen an vier unterschiedlichen Orten je ein Viertel von „Bachs 48“, ein Regisseur übernimmt je einen Band. Musik und Bild verschmelzen teilweise zu einer Einheit, die so noch selten zu erleben war.

Erich Wolfgang Korngold – Die Abenteuer eines Wunderkinds: Porträt und Konzert; Regie: Barrie Gavin (2001)
Arthaus/Naxos DVD 100 362

Viel wurde darüber diskutiert: Wissensvermittlung mit den neuen Möglichkeiten der DVD. Hier wird ein konkreter Schritt getan: Dokumentation und Konzert liefern ein schlüssiges Bild Korngolds, wobei der Film noch überzeugender geriet als der Musik-Teil.

Bernstein: Trouble in Tahiti; Stephanie Novacek, Karl Daymond, Tom Randle u.a.; City of London Sinfonia, Paul Daniel; Regie: Tom Cairns (2001)
BBC/Naxos DVD OA 0838 D

Wer junge Leute für Oper begeistern will, dem sollte diese DVD einen Blick wert sein: Bernsteins Einakter mit den neuesten Mitteln der Video-Ästhetik im Retro-Design überschattet vokale Mängel der Protagonisten bei weitem. Extra-Features liefern zusätzlich Hintergrund-Infos.

The Coltrane Legacy: So what, Impressions, My Favorite Things, Afro Blue, Alabama, Every Time We Say Goodbye; Regie: Burrill Crohn (1985)
VAI/Codaex DVD 4220

Ein Film mit O-Tönen von Coltranes Weggefährten, vor allem aber eine rare Sammlung von Fernseh-Auftritten: Auch optisch transportieren der Saxophon-Metaphysiker Coltrane und sein legendäres Quartett eine Intensität, die selbst die desaströse Bild-Qualität zur Nebensache werden lässt.


Bücher

Otto Brusatti: Wien. Musik. Eros und Thanatos. 18 Wege, Böhlau Verlag, Wien 2003, 240 S., Abb., E 24,90, ISBN 3-205-77098-6

„Mit der ,Unvollendeten‘ durch’s nächtliche Wien zum Würstelstand“ – Brusatti treibt mit uns in einem Heißluftballon über der Musikmetropole und landet mal im schillernden Ambiente der „Hochkultur“, mal auf einer Pawlatschn in einem düsteren Hinterhof, auf den Textfetzen und Musik von einer Wirtshausbühne dringen. Ein wunderbar arrangiertes und bebildertes Lesebuch, in vielen Stimmungslagen geleitet von Musik.

Winfried Lüdemann: Hugo Distler. Eine musikalische Biographie (Collectanea musicologica Bd. 10), Augsburg, Wißner 2002, 502 S., Abb. u. Notenbeispiele, E 45,00, ISBN 3-89639-353-7

Erneuerer protestantischer Kirchenmusik, Komponist völkischer Vokalwerke, Opfer des Nationalsozialismus und opportunistischer Karrierist? Ein kurzes, zerrissenes Leben, das wenig erforscht ist. Auch ein weitgehend unbekanntes Werk, dem nun erstmals eine umfassende Monografie gewidmet ist. Ohne biografische Details vertiefen zu wollen, zeichnet Lüdemann detailliert Distlers kompositorische Entwicklung nach und diskutiert ausführlich seinen Kompositionsstil.

Martin Geck: Die Bach-Söhne, Rowohlt Monographie, Reinbek 2003, 159 S., E 8,50, ISBN 3-499-50654-8

Publikationen über die „Musikerfamilie Bach“ und speziell „Die Bach-Söhne“ – so zwei einschlägige Titel von Karl Geiringer (1958) und Marc Vigal (1999) – haben eine mehr als 100-jährige Tradition. Martin Geck bietet in der Rowohlt-Monografie neben biografischen Skizzen der vier Brüder auch vergleichende Wertungen ihres kompositorischen Werkes zusammen mit einer musikhistorischen Einordnung. Schlaglichter auf die „zwei Mütter“ und zwei der Enkel runden das Bändchen ab.

Lothar Graap (*1933): Kleine Tänze für drei Sopranblockflöten. Moeck ZfSp 755/756 (2002)

Keine Avantgarde, harmlos im technischen, nicht überzogen im musikalischen Anspruch, gerade recht für die Spielgruppe, die zu dritt ihren Spaß daran ausdrücken kann.

Johann Michael Bach: Concerto III op. 1 pour le Clavecin, herausgegeben von Walter Opp (mit Kadenzvorschlägen für die beiden Sätze Allegro-Adagio). Ed. Merseburger 2102 (2002)

Das von Streichern und ad lib. zwei Hörnern begleitete Cembalokonzert des so genannten Schmalkaldener oder Tanner Bach, 1767 in Amsterdam verlegt, geschrieben noch in Generalbassmanier, weist in die Frühklassik und klingt in seiner lustvollen heiteren Melodik sicher am besten auf dem voluminöseren Hammerklavier. Mit dem witzigen Schlussrondo über „Wenn ich ein Vöglein wär“ offensichtlich eine populäre Musik damaliger Zeit.

John Eccles: Sonate für Trompete, Streicher und B.c. D-Dur, herausgegeben von Carolyn I. Sanders. Ausgabe für Trompete in C und Piano von Ann Knipschild (Stimmen für Trompete auch in B und D) Musica Rara MR 2263, Breitkopf & Härtel (2002)

Als eines der besten Trompetenwerke damaliger Zeit schätzte man im alten England diese Eröffnungsmusik zum „Urteil des Paris” aus dem Jahre 1701. Als eine für den Solisten nicht allzu anspruchsvolle Sonata hat sie ihren dankbaren Repertoirewert.

François Devienne: Duo D-Dur op. 3 Nr. 2 für zwei Flöten, hrsg. von Christoph Dohr. Spielpartitur Ed. Dohr 20762

Zwei leichte Musizier-Duette für die Traversflöte des französischen Flöten-Virtuosen. Reizvoll, sich selbst die Artikulation zurechtzulegen, interessant ist der Vergleich der Druckfassung mit dem beigegebenen Faksimile des als Vorlage dienenden Kopisten-Manuskripts.

Soundtracks

Something Wild
Varèse/ Colosseum VSD 6469

Eine Sensation: die Erstveröffentlichung des Original Soundtracks zu „Something Wild“, komponiert und dirigiert von Aaron Copland. Weil das New Yorker Melo mit „Baby Doll“ Carroll Baker sich 1961 als Flop erwies, blieb das Soundtrack-Album unveröffentlicht – bis heute. Coplands letzter sehr jazziger sinfonischer Score beweist auf eindrucksvolle Weise seine Stellung als „Vater“ der modernen amerikanischen Filmmusik. Unverzichtbar.

Schwabenkinder
Wergo ALC 5402 2

Relativ selten erscheinen in den letzten Jahren in Deutschland Scores zu TV-Produktionen und das ist auch gut so. Umso erfreulicher ist die Veröffentlichung von Enjott Schneiders Musik zu Jo Baiers „Schwabenkinder“. Für den Score zu einem anderen Jo-Baier-Film, „Wildfeuer“, hatte Schneider 1992 zu Recht das Bundesfilmband in Gold bekommen. Mit „Schwabenkinder“ hat sich Schneider aber nun selbst übertroffen: Baiers Kreuzweg-Drama dient ihm als Vorlage zu einer sehr innigen „italienischen Bauernmesse“ – zwischen Bach und Morricone – die weit mehr ist als nur „Begleitungsmusik zu einer Lichtspielszene“. Inzwischen hat Schneider seinen passionierten Score tatsächlich in eine Messe verwandelt, die am 20. Juli im Münchner Dom uraufgeführt wird.

Bollywood Hollywood
BMG 8287652860-2

Musikalische Komödie aus „Bollywood“, die nun im Fahrwasser von „My Big Fat Greek Wedding“ auch in deutschen Kinos zu sehen ist. Vor einigen Jahren galten indische Musicals & Melos hierzulande als absoluter Geheimtipp. Und jetzt nach Panjabi MCs Disco-Ohrwurm wird der Markt mit indischer Musik überschwemmt. Leider schielen die meisten Songs dieses Soundtracks zu sehr nach Westen.

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