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Locker auf hohem Niveau

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Konzert „Zwischen Bergen und See“
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Ein gefühltes Open-Air- Konzert servierte der Tonkünstlerverband Südostbayern seinem treuen Stammpublikum im Rosenheimer Hans-Fischer-Saal: Das Motto „Zwischen Bergen und See“ bot nicht nur Raum für interessante Vielfalt und Kontraste, sondern brachte gewissermaßen frischen Wind ins Publikum. Dieses war sichtlich animiert und ging neugierig und beifallsfreudig auf die Musik zeitgenössischer Komponisten ein.

Mit Roland Leistner-Mayers „Legende der Ewigkeit“ begann das Programm bayerisch-böhmisch: Heidi Ilgenfritz hatte diese Geschichte zu einem pointierten, mundartlichen Gedicht komprimiert und der Komponist hatte die Verse mit Hackbrett (Heidi Ilgenfritz), Akkordeon (Brigitte Buckl), Blockflöte (Sabine Werner) und Kontrabass (Heidi Martl) anmutig ausgeziert und noch einen Furiant draufgesetzt. Der Holländer Will Offermans ließ sich japanisch inspirieren, aber er hat sein Stück „Nistende Kraniche“ aus zen-buddhistischer Tradition in die Moderne geholt. Christiane Kneer hielt als Flötensolistin mit souveräner Beherrschung ausgefallener Anblastechniken die Zuhörer gut zehn Minuten in atemloser Spannung. Mit sattem Klavierklang und einfallsreichen Details imponierte Robert Delanoff mit „Impressionen über zwei Hügel“. Die Pianistin Rebecca Höpfner schöpfte sensibel die Farbpalette aus und gestaltete die Formverläufe anschaulich und plastisch. Walther Prokops 1984 komponierte „Lieder der Liebe“ nach Gedichten des griechischen Nobelpreisträgers Odysseas Elytis beschwören die Düfte dieses mediterranen Landes und katapultieren das lyrische Ich dank der Küsse des „Delphinenmädchens“ in den siebten Himmel. Thomas Hamberger, in bester Sängerlaune, ließ sowohl das Pathos als auch den mitunter fast surrealen Witz unmittelbar lebendig werden, Dieter Lallinger zauberte auf dem Flügel virtuose Stimmungsbilder.

Als Moderator machte Walther Prokop ganz „unwissenschaftlich“, auf treffende Vergleiche und Anekdoten vertrauend, die unterschiedlichen Stilrichtungen auch dem weniger geübten Hörer verständlich. Selbst der legendäre Sitarspieler und Komponist Ravi Shankar erschließt sich dem „Westler“ nicht ohne kleine verbale Nachhilfen, auch wenn die Musik von „verzauberter Morgenröte“ handelt. Alice Guinet (Querflöte) und Stefan Hutter (Gitarre) verankerten durch ihre suggestive Interpretation das Stück Ravi Shankars trotz aller Exotik in unserer Hörerwartung.

Die britische Komponistin Alison Wren hatte das Titel gebende Klaviertrio „Between the Mountains and the Sea“ geschrieben. Susanne Hehenberger (Violine), Timea Laczkó-Tót (Cello) und Stan Ford (Klavier) stellten mit edlem, satten Streicherklang und drängenden Klavierakkorden das zwischen Bergen wogende Meer lautmalerisch vor unsere Augen.

Größere Gegensätze als die filigranintrovertierte Meditation „Auf den Tod eines Baumes“ von Michael Rüggeberg, die ebenfalls mit Hackbrett-Arrangement von Rudi Spring neu gestalteten jiddischen Lieder, die Andrea Simona Kaltenecker, sich selbst begleitend, mit warmer, ausdrucksstarker Stimme sang, und der abschließende „Waldspaziergang“ von Limpe Fuchs sind kaum vorstellbar. Auf zwei xylophonartigen, selbstgebauten Holzstabreihen lieferten sich Limpe Fuchs und ihre Partnerin Bettina Raithel einen minutiös geplanten improvisatorischen Schlagabtausch, heiter, spritzig, mit musikantischem Übermut, in dem dann auch der Kuckucksruf fast ironisch eingewoben war. Ein zusätzliches Plus war das visuelle Erlebnis: Die beiden Musikerinnen erklommen zunächst gemütlich in Wanderkluft samt Rucksack und „Brotzeit“ das Podium, dann aber legten sie los, die Schlägel wirbelten nur so. Hören und Sehen – ein Riesenspaß!

Zeitgenössische Musik nimmt sich zwar nach wie vor ernst, aber es fehlt jegliche „avantgardistische“ Verbissenheit. Lockerheit auf hohem Niveau: Davon legten etliche Stücke dieses unterhaltsamen Abends Zeugnis ab.

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