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Musikalische Sträuße, locker gebunden

Untertitel
Verschiedene Notenbearbeitung der Familie Johann Strauß
Publikationsdatum
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Johann Strauß (Sohn): Einzugsmarsch o. op., hrsg. v. Norbert Linke; Eijen a Magyär! Polka schnell op. 332, hrsg. v. Norbert Nischkauer; Glücklich ist, wer vergisst! Polka Mazurka nach Motiven der Operette ~Die Fledermaus” op. 368, hrsg. v. Isabella Sommer; Persischer Marsch op. 289, hrsg. v. Thomas Aigner; Pizzicato-Polka, Polka francaise (1. Fassung) o. op. hrsg. v. Norbert Rubey; Seid umschlungen Millionen! Walzer op. 443, hrsg. v. Norbert Rubey (alle bei Diletto musicale; Doblingers Johann Strauß Gesamtausgabe in Zusammenarbeit mit dem Wiener Institut für Strauß-Forschung).

Ders.: Im Krapfenwaldl, Polka francaise op. 336, hrsg. v. Fritz Racek; Louischen, Polka francaise op. 339, hrsg. v. Fritz Racek (alle bei Johann-Strauß-Gesellschaft-Wien Doblinger-Universal-Edition).

Ders.: Alliance-Marsch op. 158, hrsg. v. Michael Rot; Champagner-Polka. Musikalischer Scherz op. 211, hrsg. v. Michael Rot (alle bei Neue Johann Strauß Gesamtausgabe, Strauß Edition Wien, Kassel).

Johann Strauß (Vater): Ballnacht-Galopp op. 86; Die Friedensboten. Walzer op. 241; Johann Strauß (Sohn: Heski Holki-Polka op. 80; Von der Börde, Polka francaise op. 337 (alle bearbeitet von P. Totzauer für 2 Violinen, Viola und Kontrabass in der Reihe ~Wiener Melange”, Doblinger Wien.

Wiederholt hat Johann Strauß Sohn (1825–1899) den Wunsch geäußert, seine Werke und die seines Vaters (1804–1849) in einer Gesamtausgabe zu veröffentlichen. Dieser Wunsch war weder ungewöhnlich noch unbescheiden angesichts der zu seinen Lebzeiten einsetzenden Gesamtausgaben der Werke von J.S. Bach (ab 1850), G.F. Händel (ab 1858), W.A. Mozart (ab 1867) et cetera, die der Komponist mit Interesse verfolgte. Auch hatte Strauß bereits zu seinen Lebzeiten einen Bekanntheitsgrad und eine Bedeutung in der Weltöffentlichkeit erlangt wie vor ihm wohl kein anderer Komponist. Doch die gewünschte Gesamtausgabe, die für die Rezeption nicht nur seiner Werke, sondern auch jener der anderen komponierenden Mitglieder der Strauß-Familie von größter Bedeutung gewesen wäre, fand nicht statt. Strauß’ Kompositionen und die seiner Brüder erschienen in einer Reihe größerer und kleinerer Verlage, häufig von vorneherein als Bearbeitungen für Klavier oder für reduzierte Instrumentalbesetzungen. Johann Strauß gelang es lediglich, im Jahre 1889 eine Gesamtausgabe der Werke seines Vaters (für Klavier) in 7 Bänden herauszubringen. Eine weitere Aufarbeitung des äußerst umfangreichen Gesamtwerks der Strauß-Familie wurde zusätzlich noch durch Erbauseinandersetzungen, eifersüchtig gehütete Privatsammlungen, Verluste und schließlich durch die geradezu herostratische Tat des jüngeren Bruders Eduard Strauß (1835–1916) behindert, der das „drei Wagenladungen“ umfassende Archiv der Strauß-Kapelle, die immerhin 78 Jahre (1834–1902) bestanden hatte, im Jahre 1907 verbrennen ließ. Damit war die wohl wichtigste Quelle für unterschiedliche Fassungen, nachträgliche Verbesserungen aus dem praktischen Umgang mit den Werken inklusive späterer Instrumentations-Retuschen für immer zerstört. Das ohnehin recht unübersichtliche Feld der Werkveröffentlichungen, bei denen nicht immer feststand, welcher Teil der Strauß-Familie das jeweilige Werk komponiert hatte (mehrere Werke entstanden auch in Zusammenarbeit wie etwa die berühmte „Pizzicato-Polka“), wurde noch weiter durch eine Unzahl von Ausgaben anderer Verlage für die unterschiedlichsten Besetzungen vom Salontrio bis hin zur Militärmusik verwirrt.

Immerhin hatte sich die österreichische Musikwissenschaft schon bald nach dem Tode von Johann Strauß Sohn um eine Aufarbeitung des Bestandes bemüht. Viktor Keldorfer (1873–1959) besorgte in den Denkmälern der Tonkunst in Österreich sowie in sorgfältig redigierten Taschenpartitur-Ausgaben die Veröffentlichung von besonders bekannten Werken. Als weitere wichtige Ausgabe ist schließlich „Die Fledermaus“ (Zürich 1968) von Hans Swarowsky zu erwähnen, die weitgehend modernen Editionsmethoden entspricht. Daneben sind weiterhin alte mit zahlreichen Fehlern behaftete Ausgaben in praktischem Gebrauch. Der Verbreitung, Veröffentlichung und Aufführung der Werke der Strauß-Dynastie widmet sich heute ein über die Welt gebreitetes Netz von Strauß-Gesellschaften, Vereinen und Klangkörpern, das durch ständige Neu-gründungen immer dichter wird.

Hier seien die Johann-Strauß-Gesellschaft Wien (gegründet 1936), und das Wiener Institut für Strauß-Forschung herausgegriffen. Folgende Ziele werden verfolgt: eine neue Strauss-
Gesamtausgabe, der Aufbau einer Johann Strauß Datenbank und die Herausgabe sämtlicher Briefe und Dokumente von Johann Strauß Sohn bei Schneider in Tutzing. Eine Gesamtaufnahme seiner Werke auf 52 CDs wurde bereits 1997 abgeschlossen.

Die in Doblingers Reihe „Diletto Musicale“ in Zusammenarbeit mit dem Wiener Institut für Strauß-Forschung erschienene Werkgruppe (siehe oben) vereinigt sinnvoll wissenschaftliche Aufbereitung (Vorwort deutsch/englisch, Revisionsbericht) mit Praxisbezogenheit. Eine erfreuliche Zutat stellen die reproduzierten Titelblätter der Erstausgaben dar, die den Glanz der Strauß-Epoche atmen. Die beiden Polkas „Louischen“ und „Im Krapfenwaldl“ (letztere ursprünglich „Im Pawlowsk-Walde“ tituliert), innerhalb der Johann Strauß Gesamtausgabe von der Johann-Strauß-Gesellschaft Wien betreut und in Kooperation von Doblinger und Universal-Edition publiziert, sind noch von dem Strauß-Pionier Fritz Racek herausgegeben,
der 1965 mit der Leitung der Johann Strauß Gesamtausgabe betraut wurde. Hier fällt an den Partituren die Auseinanderlegung der einzelnen Blechbläserstimmen ins Auge, ein Aufwand, der angesichts der eher schlichten Stimmbewegungen entbehrlich ist und lediglich das Rastral verkleinert. Ein detaillierter Editionsbericht ist durch einen Artikel „Zur Edition“ ersetzt. Ansonsten ist diese Ausgabe in Ausstattung und Qualität mit der vorigen identisch. Die Ausgaben der „Champagner-Polka“ und des „Allianz-Marsch“ verantwortet die Strauß Edition Wien in Zusammenarbeit mit dem Bärenreiter-Verlag und der Johann Strauß-Gesellschaft Wien. Diese Reihe, unter der Patronanz der Wiener Philharmoniker stehend, hebt sich nicht nur durch die Aufzählung prominenter Förderer von den anderen Ausgaben ab. Ein Vorwort (Monika Fink, Walter Pass) behandelt die Geschichte der Werkentstehung. Statt der historischen Titelblätter erscheinen allerdings Faksimiles von Abschriften fremder Hand, was wohl nur dem flüchtigen Beschauer den Eindruck von Authentizität zu vermitteln vermag; die eingehenden Revisionsberichte versöhnen jedoch wieder. Mit den in der Doblinger-Reihe „Wiener Melange“ veröf-fentlichten Stücken beschreitet der Verlag den historisch vorgezeichneten Weg der Strauß-Bearbeitung weiter, wobei diese Ausgabe dem „Ensemble Wien“ verpflichtet ist, das in der angegebenen Besetzung (2 Violinen, Viola und Kontrabass) spielt. Der im Nachwort von Peter Totzauer vertretenen Ansicht, der Kontrabass wäre in der Strauß-Aera wegen seiner größeren Klangstärke dem Violoncello als Bassinstrument vorgezogen worden, könnte eine wesentlich schlichtere Begründung entgegengesetzt werden: Die kleinen Ensembles spielten in dieser Epoche im Stehen auf – da hätte ein sitzender Cellist nur gestört.

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