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Gigaton von Pearl Jam.
Gigaton von Pearl Jam.
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Sieben Jahre sind genug

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Neuveröffentlichungen der Popindustrie, vorgestellt von Sven Ferchow
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Die neuen Sachen von Brian Fallon, Bonfire, Die Happy, The Strokes und Pearl Jam.

Das Warten hat also nun ein Ende. Pearl Jam stellen nach sieben Jahren Albumpause ihr Werk „Gigaton“ vor. Ob sich das Warten gelohnt hat? Nicht nach dem ersten Hördurchgang. Allerdings lohnt sich das zweite, dritte und vierte Hören. Denn „Gigaton“ ist ein mutiges, aufrichtiges und fast schon anachronistisches Album geworden. Das liegt zum einen an der Phrasierung. Nicht Eddie Vedder und sein charmanter wie zorniger Gesang stehen im Mittelpunkt. Vielmehr sind es die beiden Gitarren von Stone Gossard und Mike McCready, die sich gegen die Rhythmus-Abteilung von Matt Cameron (Schlagzeug) und Jeff Ament (Bass) um die Deutungshoheit in den Songs raufen. Das sorgt für Knistern und Überraschungen in astreinen Grungesongs wie „Who Ever Said, Superblood Wolfmoon, Quick Escape,  Seven O’Clock oder Alright“. Was der Band, die sich schon lange nicht mehr an Alben messen lassen muss, mit „Gigaton“ gelingt, ist eine Rückkehr zum Grunge der 90er. Der sich durchaus bei Vorbildern der Band (The Who, Bruce Springsteen) bedient, aber diese Rückkehr ziemlich lässig und unaufgesetzt arrangiert. Man merkt es einfach nicht. Und dürfte man mehr von einer Platte der Grunge-Dinos erwarten? Sicher nicht. (Monkeywrench)

Wie schmal der Grat zwischen „echt geiler Mucke“ und „uninspiriertem Quark“ sein kann, beweisen The Strokes auf ihrem neuen Album „The New Abnormal“. So ganz wird man sich selbst nicht einig. Ist das jetzt alternative Musik? Ist das tanzbar? Ist das Lakonische der Strokes immer noch hip oder nervt manche mantraartig vorgenudelte Belanglosigkeit einfach nur noch. Dass das Album ein Erfolg wird, scheint unvermeidbar. Denn die Strokes verändern nicht viel. Gut, Rick Rubin hat „The New Abnormal“ produziert. Aber sonst? „Bad Decisions“ und „Eternal Summer“ sind Kracher. Zweifellos. Dafür dudeln andere Songs wie „The Adults Are Talking“ oder „At the Door“ relativ unfallfrei dahin. Man muss die Strokes wirklich mögen, um dieses Album zu mögen. Neueinsteiger sind hier falsch. (RCA Records)

Die heimische Band Die Happy zimmert sich mit „Guess What“ ein sehr ordentliches, wenn nicht gutes Comeback- Album zusammen. War länger ruhig um die Band, „Guess What“ kann das ändern. Herausragend auf jeden Fall: das Songwriting. Starke Melodien, überraschende Wendungen und keine gitarrenlastige Überproduktion. Die Gitarren sind zwar wichtig, drücken auch relativ schön nach vorne, doch Sängerin Marta Jandová bremst alles wunderbar sanft und mit Nachdruck ein. Was bleibt? Ein verblüfftes, freudestrahlendes und heraus gebrülltes „Wow“! (Bullet Records)

Tja, was soll man zu Bonfire, den Ingolstädter Hard Rock Helden noch sagen? Unzerstörbar, unerschütterlich und stets aufrecht versorgen sie uns seit Jahrzehnten mit grundsolidem Hard Rock. Natürlich. Jeder Versuch in ähnliche Sphären wie die Scorpions oder Bon Jovi aufzusteigen, hat nicht ganz geklappt. Aber gut, es geht auch eine Nummer kleiner. In diesen Zeiten ist nichts besser als eine Prise Verlässlichkeit. Die gibt es mit „Fistful of Fire“ ziemlich kompromisslos. Quietschende Gitarrensoli, gebrüllte Refrains im Backgroundchor, eine sensationell-klassische Hard Rock-Ballade namens „When an Old Man Cries“ und endlich wieder mal ein Intro, das eine Platte einleitet. Genau das will man von Bonfire hören. Nichts Anderes. Weiter so, nicht nachlassen! (AFM Records)

Was für ein bildschönes Album von Brian Fallon. Der Singer, Sänger und Songwriter schaffte seinen Durchbruch einst als Frontmann der Band The Gaslight Anthem. Die pausieren aber irgendwie schon ein paar Jahre. Deswegen veröffentlicht Brian Fallon Soloalben. „Local Honey“, das aktuelle Album, wurde atemberaubend schön. Ohne Zweifel, wir hören hier schon distinguierte Popmusik. Aber immer mit handgreiflichem Songwriter-Timbre. Fallon erzählt fabelhafte Geschichten in Moll. Spart an Instrumentierung und schafft dem Song Platz. Heraus kommen dabei herzzerreißende Stücke, die man eventuell nicht allein und in einer Krise hören sollte. Denn das Suchtpotential besteht darin, dass Fallon die Songs ziemlich genial und aussichtslos in der Luft hängen lässt. Man muss sich keine Sorgen machen. Es gibt keinen Ausweg. Irgendwie cool. Aber ist das fair? Durchaus. (Lesser Known Records)

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