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Spaßfaktoren beim Crossover

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Neuerscheinungen für Jazz-Rock-Pop-Cello
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Cello Basics 1, Gc1012; Talking Strings 1 und 2 (1 Vc), Gc1013/1014; Triomania (3 Vc), Gc1015. Edition Gabricelli (Vertrieb Ed. Peters)
Easy Jazz Duets (2 Vc), MCV1022; Jazzetüden (2 Vc), MCV1033; Jazzduette 1 und 2 (2 Vc), MCV1009/1010. Musikverlag Christofer Varner, www.musik varner.de

Die Zahl der Veröffentlichungen für Cello in den Stilbereichen Jazz, Rock und Pop ist noch übersichtlich – hier zweimal vier Hefte aus zwei Verlagen. Die beiden Kleinst-Unternehmen liegen nahe dem Nord- und dem Südpol der Republik – Edition Gabricelli in Flensburg, Musikverlag Christofer Varner in München. Meine Nachfrage bei beiden Verlagen nach Ergänzung von Akkordsymbolen und im Einzelfall von Playalongs wurde bereitwillig aufgenommen. Beide stellten ergänzenden Support auf ihrer Website in Aussicht, was den Nutzwert der Ausgaben erhöhen dürfte – der Internet-Auftritt von Gabricelli ist in Planung. Varner plant weitere Veröffentlichungen für Jazzstreicher in naher Zukunft. Der pädagogische Blickwinkel dieser Rezension soll den Spaßfaktor der Stücke für „unpädagogische” Situationen nicht in Frage stellen.

Der Cellist Gabriel Koeppen setzt mit den Neuerscheinungen seiner Edition Gabricelli die Reihe von gelungenen Veröffentlichungen für den Cellounterricht fort, wobei sich viele der Vortragsstücke in Talking Strings von der rein pädagogischen Konzeption lösen. Wie gewohnt gelingt ihm die Gratwanderung des geschmackvollen Umgangs mit den Klischees der jeweiligen Stile in Kombination mit der geschickten Umsetzung für das Cello und originellen musikalischen Details. Die Stücke sind für den Unterricht sehr geeignet, zumal sie grob nach Schwierigkeitsgrad geordnet sind.

Talking Strings 1 bietet mit 12 mittelschweren Solostücken eine Mischung aus „Klassik”, Jazz, Folk, Rock und Pop. Wie in Solostücken üblich wird die Harmonik oft durch Doppel- und Akkordgriffe sowie durch Gebrochene-Akkord-Melodik dargestellt. Neben Pizzicato mit der linken Hand und Gitarrenzupftechniken findet sich Lohnendes für Bogen und linke Hand. Effekte wie Flageolettpassagen, Percussion, Ghostnotes oder Verzerrer-Imitation bietet Talking Strings 2. Bewegen sich beide Bände vorwiegend in den Halslagen, so nutzt das letzte Hendrix-Tribute das Griffbrett bis zum „Schnee”. Eins der zehn mittelschweren bis schweren Stücke enthält Platz für improvisierte Fills, zu denen ein Anhang zahlreiche Anregungen liefert.

Triomania enthält zehn Trios von je ein bis zwei Partiturseiten. Es ist nicht die nahtlose Fortsetzung der sehr leichten „Easy Trios”. Die erste Stimme wandert durch die Halslagen (gelegentlich bis siebte Lage), die zweite Stimme bleibt vorwiegend in der ersten Lage mit gelegentlichen Ausflügen in eine Halslage. Das dritte Cello ist in der ersten Lage spielbar. Konstellationen mit drei unterschiedlich fortgeschrittenen Schülern oder auch zwei Schülern mit Lehrer sind denkbar. Wie auch die bisherigen Duos hat Koeppen seine neuen Trios stilistisch bunt gehalten und tadellos arrangiert. Anders als bei den „Hot Cello”-Ausgaben enthalten die Partituren keine Akkordsymbole. Cello Basics 1 bietet Tonleitern, Dreiklänge, Terzentonleitern, Bogen- und Fingerübungen. Die Zusammenstellung (1. Lage) mit Noten- und Aufgabenheft ist ein sinnvoller Einstieg in die genannten Themen.

Von Christofer Varner sind vier Hefte mit Celloduos erhältlich. Die zwei Bände Jazzduette sind Arrangements (Monk, Ellington, Bessie Smith u.a.) aus der gemeinsamen Konzerttätigkeit mit der Cellistin Johanna Varner. Die zweite Stimme ist cellistisch arrangiert, die erste in der Besetzung variabel: Cello, Posaune, Fagott (Viola auf Anfrage). Beide Bände mit je vier Duos, mittelschwer bis schwer, bringen hilfreiche Hintergrundinformationen. Die spezielle Situation, komplexe Harmonik in eine Duobesetzung mit gelegentlichen Doppelgriffen und Akkorden darzustellen, führt hier immer wieder zu Ergebnissen, die nicht einem auf Mainstream reduzierten Ideal verpflichtet sind, sondern bewusst individuelle klangliche Lösungen vertreten. Die Umsetzung der stilistischen Bandbreite von New Orleans und Rag bis Varners Monk-Hommage mit verschiedenen Klangeffekten macht die Sammlungen reizvoll. Unter pädagogischen Gesichtspunkten wurden die Hefte Easy Jazz Duetts und Jazzetüden konzipiert. Inspiriert durch vergleichbare Konzepte in der Jazzbläser-Literatur spielen die zwei Stimmen rhythmisch synchron. Ziel ist zunächst das Trainieren von Jazzphrasierung. Im Unterricht kann der Lehrer durch Mitspielen der zweiten Stimme den Schüler phrasierend mitziehen und erziehen. Um den Nutzwert nicht allein darauf zu beschränken, ist bei einer bevorstehenden Neuauflage die Ergänzung von Akkordsymbolen und Bass-Stimmen vorgesehen, so dass Bandarbeit mit etwa zwei Celli und Rhythmusgruppe möglich wird. Neben Swing-Stücken in verschiedenen Tempi finden sich Latin, Bossa, Funk, Calypso sowie Blues und Jazz-Walz in unterhaltsamen Arrangements in den Halslagen.

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