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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Meisterkurses. Foto: Andreas Fink
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Meisterkurses. Foto: Andreas Fink
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Tastenzauber und musikalische Reife

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Meisterkurs mit Prof. Karl-Heinz Kämmerling in Alteglofsheim
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Am Ende einiger Meisterkurse, zu denen der Bayerische Tonkünstlerverband den Klavierpädagogen Prof. Karl-Heinz Kämmerling seit sechs Jahren in die Musikakademie Schloss Alteglofsheim holt, stand gelegentlich die ernüchternde Erkenntnis, dass offensichtlich dem Zeitgeist allzu viel geopfert wurde. Da dominierten die donnernden Vierfach-Oktaven der Tastenlöwen, gerieten Musikalität und interpretatorische Reife zu sehr ins Hintertreffen. Nicht so beim Januar-Kurs 2009. 

Hier traten neben Talenten auch Musiker auf, die bereits als Meister ihres Fachs gelten dürfen, wie die 27jährige gebürtige Russin Katja Huhn, Assistentin einer Klavierklasse an der Kölner Musikhochschule. Sie setzte mit der brillanten Wiedergabe von Franz Liszts halsbrecherischer „Rigoletto-Paraphrase” einen fulminanten Schlusspunkt. Am anderen Ende der Skala stand der erst sechsjährige Levi Julius Sochor, der im „Solfeggio” von Carl Philipp Emanuel Bach mit pedallosem Legato (er reicht noch nicht an die Pedale) ebenso verblüffte wie mit gekonntem Staccato und fein ausgearbeiteter Dynamik.

Es gab ein freudiges Wiedersehen mit dem jetzt 15jährigen Amadeus M. Wiesensee, der sich mit dem bekannten, ausgesprochen zügig, aber noch zu wenig agogisch gespielten Fantaisie-Impromptu cis-Moll op. posth. von Chopin nachdrücklich in Erinnerung brachte. Die Geschwister Kiveli (13) und Danae (17) Dörken, beide schon bühnenerfahren, zeigten bemerkenswerte pianistische Reife: Kiveli in Beethovens 32 Variationen über ein eigenes Thema c-Moll, eine Art Kompendium von Beet­hovens Œuvre für sein Instrument; Danae liegt das Lyrische, wie sie mit vier Klavierstücken aus Brahms’ op. 118 belegte. Der 16jährige Amerikaner David Ko hatte sich mit der Polonaise-Fantasie As-Dur op. 61 von Chopin ein introvertiertes Stück ausgesucht, an dem er mit viel Klangsinn und Temperament sein enormes Talent bewies. Dem 13jährigen Österreicher Aaron Pilsan gelang mit Mendelssohns Rondo capriccioso e-Moll op. 14 ein Kabinettstück: Der Rondo-Refrain, der Sommernachtstraum-Ouvertüre direkt abgelauscht, flog nur so vorüber, die Couplets sprühten vor Temperament.

Yui Yoshioka, 21jährige Japanerin, rückte die Variationen op. 35, die Johannes Brahms über die a-Moll-Caprice des Teufelsgeigers Paganini schrieb, in die Virtuosen-Ecke, ließ einige Male zu sehr ihre pianistische Pranke spüren und wartete mit zugespitztem Diskant auf. Mario Häring, der erst sechzehnjährig mit Beethovens 1. Klavierkonzert in der Berliner Philharmonie aufgetreten ist, gewann Bachs Toccata aus der e-Moll-Partita Nr. 6 BWV 830 zu wenig Profil ab; Mana Oguchi blieb im ersten Satz aus Schuberts Sonate G-Dur D 894 ebenso unaufregend wie die technisch ausgezeichnete, doch interpretatorisch wenig berührende Wiedergabe von fünf Etüden aus Chopins op. 25 durch die Koreanerin Da Hae Kim.

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