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Uraufführungen 2011/04

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Stockhausens tönendes Hochamt
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Posthume Uraufführungen haben etwas Bedenkliches, denn hätte der Verstorbene sein Werk wirklich in dieser Form zur Aufführung freigegeben? Wäre er oder sie durch die Interpreten, die Einstudierung sowie den Ort und Rahmen der Uraufführung nicht vielleicht zu Änderungen veranlasst worden? Solche Zweifel waren letztes Jahr bei der Kölner Gesamturaufführung sämtlicher 21 vollendeten Stücke von Karlheinz Stockhausens letztem unvollständig gebliebenem Zyklus „Klang“ über die 24 Stunden des Tages durchaus angebracht. Dagegen wurden sämtliche sechs Szenen von Stockhausens 2003 vollendeter Oper „Sonntag“ noch unter den wachsamen Ohren und Augen des Meisters konzertant uraufgeführt.

Die Musik des krönenden Schlusssteins seines megalomanen Opernzyklus „Licht“ über die sieben Wochen- und Schöpfungstage darf also als autorisiert gelten. Doch scheiterten bisher alle hochfliegenden Pläne, das Riesenwerk auch szenisch herauszubringen, in Bonn, Dresden, Essen und dem Ruhrgebiet. Nun erfolgt endlich am 9. und 10. April im Kölner Staatenhaus die szenische Gesamturaufführung des I. und II. Teils dieses tönenden Hochamtes zum Lobpreis des Allmächtigen. Als Solisten agieren langjährige Stockhausen-Interpreten sowie die Cappella Amsterdam, der Kölner Opernchor und das auf Orchesterstärke erweiterte Ensemble musikFabrik. Die musikalische Leitung obliegt Peter Rundel und die Klangregie übernimmt Kathinka Pasveer. So scheint eine Kontinuität von Stockhausens Interpretationsidealen garantiert. Die Regie übernimmt Carlus Padrissa, der mit der spanischen Theatertruppe La Fura dels Baus bereits 2008 in Wien und Köln eine Inszenierung von „Michaels Reise um die Erde“ aus dem „Donnerstag“ geliefert hatte, der im Jahr nach Stockhausens Tod ein doppeltes Kunststück gelang. Sie machte sich frei von den oft altbacken und muffig wirkenden Vorstellungen des Meisters, wie Kostüme, Requisiten und Bühne auszusehen und sich die Musiker zu bewegen hätten, und entwickelte stattdessen eigene Bilder, Farben, Atmosphären und Räume für den ebenso katholischen wie anthropologischen und eklektizistischen weltanschaulichen Gehalt des Werks. Nun darf man gespannt sein auf Padrissas Inszenierung des keinem Geringeren als Gott gewidmeten „Sonntag“.

Wohl ohne kosmologische Dimension, doch möglicherweise von nicht geringerem Absolutheitsanspruch sind andere Uraufführungen: in diametralem Gegensatz zu Stockhausens mythologischem Welttheater gibt es auffallend viele Streichquartette. Den Anfang machen am 3. April die „Epigrams“ für Streichquartett von Miroslav Srnka beim Festival Printemps des Arts Monte Carlo. Am 16. April folgt die Premiere des 3. Streichquartetts „Mobile“ von David Philip Hefti in der Basler Kirche St. Peter. Und Christian Ofenbauers 4. Streichquartettsatz wird erstmals am 19. April beim Osterfestival in Hall in Tirol gespielt. Komponist des Monats ist – neben dem verklärten Lichtbringer aus Kürten bei Köln – mit gleich drei Uraufführungen Herbert Willi. Beim PalmKlang-Festival im Salzburger Schloss Winklhof erklingen von ihm zwischen dem 14. und 17. April erstmals zwei Solostücke für Klarinette und Flöte sowie eine „Intrada für zwölf Blechbläser“.

Weitere Uraufführungen
07.04.: Brian Ferneyhough, Klaus K. Hübler, neue Werke, musica viva im Gasteig München
07.–10.04.: Jamilia Jazylbekova, Myunghoon Park, Karin Haußmann u.a., neue Werke im Forum neuer Musik des Deutschlandfunks Köln
10.04.: Charlotte Seither, The long dis­tance from zero to one, Medienbunker Hamburg
11.04.: Piotr Skweres und Michael Pub­lig, neue Werke, Musikverein Wien
15.04.: Burkhard Friedrich, no significant change, opera stabile Hamburg
19.04.: Elmar Lampson, 3. Symphonie, Laeiszhalle Hamburg
25.04.: Enjott Schneider, Oratorium Resurrexit et ascendit, St. Pantaleon Köln
29.04.: Kurt Schwertsik, Eisberg nach Sizilien, Studio des Nationaltheaters Mannheim
30.04.: Michael Quell, Wolfgang Motz, Gerald Eckert, neue Werke für das Ensemble Aventure, Elisabeth Schneider-Stiftung Freiburg

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