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Böhmer will Rechtschreibung auf Prüfstand stellen +++ Kompromiss der Sprachakademie soll «Rechtschreibfrieden» herstellen +++ KMK-Presseerklärung zur nochmaligen Vorlage des Kompromissvorschlags der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
Böhmer will Rechtschreibung auf Prüfstand stellenLeipzig (ddp). Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) plädiert dafür, die Übergangszeit für die Rechtschreibreform über den 1. August 2005 hinaus um ein Jahr zu verlängern. «In dieser Zeit sollten Fachleute beraten und danach sagen, welche Regeln der neuen Rechtschreibung übernommen werden sollten und welche nicht», sagte Böhmer der «Magdeburger Volksstimme» (Dienstagausgabe).
Einem Beschluss der Kultusminister-Konferenz zufolge soll die Rechtschreibreform am 1. August 2005 nach sechsjähriger Erprobungszeit in Schulen und Ämtern verbindlich gelten. Die Ministerpräsidenten der Länder wollen im Oktober beraten, ob sie an dem Zeitplan festhalten.
Böhmer sagte, in dem gewonnenen Jahr sollten Fachleute die Rechtschreibreform auf den Prüfstand stellen und Kompromiss-Vorschläge erarbeiten. Der Regierungschef betonte, er persönlich habe die Rechtschreibreform nie aufgegriffen. «Aber das kann natürlich nicht entscheidend sein. Man kann nicht locker sagen, nun machen wir wieder alles rückgängig», fügte er hinzu. Gleichwohl müssten die Fachleute «über einige der neuen Regeln tiefer nachdenken».
Kompromiss der Sprachakademie soll «Rechtschreibfrieden» herstellen
Berlin (ddp). Angesichts der «verfahrenen Debatte» um die Rechtschreibreform hat die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Montag erneut für eine Kompromisslösung plädiert. Akademie-Präsident Klaus Reichert sagte in Berlin, im Augenblick gebe es zwei starre Fronten, und es drohe eine Spaltung der deutschen Sprache. Mit ihrem bereits 2003 vorgelegten und jetzt wieder zur Diskussion gestellten Kompromiss wolle die Akademie diese Spaltung verhindern und dazu beitragen, dass wieder «Rechtschreibfrieden» einkehre.
Nach Ansicht der Akademiemitglieder gibt es derzeit sowohl für die Durchsetzung des neuen Regelwerks wie auch für die von der Akademie grundsätzlich befürworteten Rückkehr zu den alten Regeln «kaum eine Chance». Die aussichtsreichste Lösung sei deshalb die einer «begrenzten, reduzierten Reform». Der Akademievorschlag sehe die Übernahme von Teilen der neuen Regeln wie etwa der Eszett-Regelung vor. Er fordere aber auch die Erweiterung des Spielraums von Schreibnormen und die Rückkehr zur hergebrachten Rechtschreibung dort, «wo die neue fehlerhaft» ist.
Die Vorschläge der Akademie liegen unter dem Titel «Zur Reform der deutschen Rechtschreibung - Ein Kompromissvorschlag» im Wallstein Verlag Göttingen als Taschenbuch vor (ISBN 3-89244-655-5).
KMK-Presseerklärung zur nochmaligen Vorlage des Kompromissvorschlags der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat am 30.08.2004 in Berlin nochmals ihren seit über einem Jahr bekannten Vorschlag zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung vorgelegt und die umgehende Berufung eines Rats gefordert.
Vertreter der Kultusministerkonferenz hatten im Frühjahr des Jahres 2004 mit Vertretern der Akademie Gespräche u.a. über diesen Kompromissvorschlag geführt. Die Gespräche hatten gezeigt, dass die Vertreter der Akademie und der Zwischenstaatlichen Kommission sich in Teilen der Diagnose der Sprach- und Orthografieentwicklung einig sind. Sie haben aber auch gezeigt, dass hinsichtlich des Verständnisses von Genese und Struktur orthografischer Normen derzeit nicht überwindbare Gegensätze bestehen. Gleichwohl haben die Gespräche noch einmal zu Umformulierungen im Kapitel "Getrennt- und Zusammenschreibung" des von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Regelwerks geführt, die die Kritik von Mitgliedern der Akademie berücksichtigen.
Die Kultusministerkonferenz hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass sie die Einsetzung eines Rats für deutsche Rechtschreibung anstrebt, in dem auch Kritiker des derzeitigen Regelwerks mitarbeiten sollen. Der Rat soll die wichtigsten wissenschaftlich und praktisch an der Sprachentwicklung beteiligten Gruppen repräsentieren. Die Kultusministerkonferenz wird der Öffentlichkeit noch im September einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.
Quelle: http://www.kmk.org/aktuell/home1.htm