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Weltalphabetisierungstag - Vier Millionen Analphabeten im Land der Dichter und Denker +++ Enzensberger: Rechtschreibreform ist «ein Trümmerhaufen»


Weltalphabetisierungstag - Vier Millionen Analphabeten im Land der Dichter und Denker
Stuttgart (ots) - Fast ein Viertel der Weltbevölkerung kann nicht richtig lesen und schreiben, 113 Millionen Kinder besuchen nie eine Schule. Aber Analphabetismus ist nicht nur ein Problem in den Drittweltländern, sondern auch in Deutschland: Nach Schätzungen des Bundesverbands für Alphabetisierung gibt es in Deutschland vier Millionen Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können, also funktionale Analphabeten sind.
Am heutigen Weltalphabetisierungstag wurden zum zweiten Mal die Botschafter der Alphabetisierung für ihr Engagement bei der Alphabetisierung geehrt. Die diesjährigen Botschafter wurden vom Bundesverband bei einer Feierstunde im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz in Berlin ausgezeichnet. Geehrt wurden Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a. D., Philipp Haußmann, Geschäftsführer bei Klett, und Hanne Huntemann vom ZDF.
Für Haußmann ist die Alphabetisierung ein gesellschaftspolitisches Thema: "Wer nicht richtig lesen und schreiben kann, ist in unserer verschriftlichten Welt in seinem gesellschaftlichen und sozialen Leben stark eingeschränkt. Denken Sie z.B. an das Ausfüllen von Formularen, Reisen mit der Bahn oder auch die Nutzung des Internets." Klett unterstützt die Alphabetisierung in Deutschland seit über 15 Jahren, sowohl finanziell als auch mit Lehrmaterialien für die Alphabetisierungskurse der Volkshochschulen. "Als Verlag wissen wir, wie wichtig die Lese- und Schreibfähigkeit für die Menschen sind. Es wäre wünschenswert, dass man mehr als den momentan 20.000 Teilnehmern pro Jahr einen Platz in einem Alphabetisierungskurs anbieten könnte."

Enzensberger: Rechtschreibreform ist «ein Trümmerhaufen»
Hamburg (ddp). Im Streit um die Rechtschreibreform greift Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger die Kultusminister der Länder scharf an. Wenn sich sechzehn Kultusminister zusammenrotteten, dann sei «Gefahr im Verzuge», schreibt er in einem Gastbeitrag für die «Bild»-Zeitung (Mittwochausgabe). Sie bildeten sich dann nämlich ein, dass ihnen die «Lufthoheit über die deutsche Sprache zustünde». Dieser «Irrtum» habe sie dazu verleitet, eine Rechtschreibreform zusammenzubasteln, von der nun nach langem Hin und Her nur noch «ein Trümmerhaufen» übriggeblieben sei, kritisierte Enzensberger.
Der Autor betonte, die deutsche Sprache gehe die Kultusminister nichts an. Er forderte zugleich dazu auf, nicht über die Regeln zu schimpfen, sondern sie zu ignorieren.
Enzensberger ist wie Günter Grass, Thomas Hürlimann und Siegfried Lenz Ehrenmitglied im selbsternannten «Rat für deutsche Rechtschreibung», der im August in München gegründet wurde. Die Protestinitiative will nach eigenen Angaben dem Grundsatz Geltung verschaffen, «dass die Sprache dem Volk gehört, und die orthographische Selbstregulierung zurückgewinnen».