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Auszubildende ärgern sich über Aussagen der Münchner Gasteig-Chefin Welser
München (ddp-bay). Mit dem Projekt «Kultur für Azubis» will das Kulturzentrum Gasteig in München junge Menschen an die Hochkultur heranführen. Zugleich sorgt Gasteig-Geschäftsführerin Brigitte von Welser aber mit Äußerungen für Unmut bei Teilnehmern.
Innerhalb des Projekts organisieren derzeit 20 Auszubildende des Gasteigs und der BMW-Niederlassung in München Konzerte und Veranstaltungen für ein junges Publikum. Dadurch erhielten sie «bessere Voraussetzungen zur aktiven Teilnahme an Kunst und Kultur - jenen beiden Bildungsbereichen, die ihnen in ihrer bisherigen Biografie verschlossen beziehungsweise ihnen nicht möglich waren», heißt es in einer Pressemitteilung des Gasteigs. Jansen betont, er sei schon als Kind mit seiner Familie in Konzerte gegangen. Während seines Zivildienstes beim heilpädagogischen Centrum Augustinum habe er eng mit dem Münchner Haus der Kunst zusammengearbeitet, und gelegentlich greife er auch selbst zu Stift oder Pinsel und Papier. Auch sein Kollege, der 22-jährige Alexander Cappek, weist die elitäre Vorstellung zurück, dass Auszubildende keinen Zugang zu Kultur hätten. «Wir erleben fast jeden Abend klassische Konzerte», sagt Cappek, der ebenfalls beim Gasteig zum Veranstaltungstechniker ausgebildet wird. Zwar sage ihm nicht jedes Konzert zu, auf die Auftritte berühmter Solisten freue er sich jedoch immer besonders. Cappek ist Schlagzeuger und durchlief, bevor er zum Gasteig kam, eine Ausbildung zum Orgelbauer.
Welser verteidigt dennoch ihre Aussagen. Sie wisse, dass einige der beteiligten Azubis «das Sujet schon länger berührt hatten», sagt die Gasteig-Geschäftsführerin auf ddp-Anfrage. Auf diese habe sie sich aber nicht bezogen. Sie stehe weiter hinter ihrer Aussage, die Azubis beträten durch das Projekt «kulturelles Neuland». «Ich sehe daran nichts Despektierliches», sagt sie. Allgemein sei es ihrer Meinung nach eher die Ausnahme, dass Auszubildende über kulturelle Vorerfahrung verfügten: «Das Gros hält die Beschäftigung mit solchen Inhalten doch eher für die Sache von Omas oder vermögenden Leuten.»
Welser bezieht sich auf Studien, wonach die musischen Fächer an bayerischen Schulen zugunsten der Naturwissenschaften dramatisch zurückgestuft würden, der wenige Unterricht zudem oft ausfalle. Haupt- und Realschulen seien davon stärker betroffen als Gymnasien. Damit diese jungen Menschen nicht von Kunst und Kultur ausgeschlossen blieben, habe sie das Projekt «Kultur für Azubis» ins Leben gerufen.
Der 17-jährige BMW-Azubi Fabian Rudolf ärgert sich über das Vorurteil, nur Gymnasiasten fänden den Bezug zur Kultur. Man müsse den Begriff der Kultur ohnehin weiter fassen, findet er: «Das fängt bei klassischen Konzerten an und geht bis zur bayerischen Biergarten-Kultur.» Der Gasteig habe sich in seiner Mitteilung wohl auf eine bestimmte Vorstellung von «Hochkultur» bezogen, meint Jansen. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass es daneben noch einen weit auffächerbaren Begriff der Kultur gebe und auch Subkulturen ihre Existenzberechtigung hätten. Deshalb ist es den Auszubildenden wichtig, dass sich die von ihnen organisierten Kulturveranstaltungen vom üblichen Programm abheben.
Bei der Kunstausstellung, die ab 19. Juni rund drei Wochen lang im Foyer der Philharmonie Gasteig zu sehen ist, wollen sie etwa mit Licht- und Soundeffekten arbeiten, über Monitore sollen Interviews mit den Künstlern abgespielt werden. Auch eine Reihe von klassischen Konzerten, die ebenfalls für den Sommer angesetzt sind, sollen sich vom üblichen Kulturangebot absetzen. Bei der Konzertreihe solle sich idealerweise Klassik mit Elektronik verbinden und von der technischen Seite viel mit Licht gearbeitet werden. So wollen die Organisatoren vor allem ein junges Publikum erreichen. «Die Zuhörer sollen bei uns eine Überraschung erleben», sagen sie - und unterstreichen damit ihre Auffassung, dass Kultur mehr ist als Oper, Ballett und klassische Musik.