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Leipzig (ddp-lsc). Die Leipziger Buchmesse will sich stärker als bisher für Familien, Kinder und Jugendliche öffnen. Das Interesse für Literatur müsse bereits bei den Jüngsten geweckt werden, betonte Buchmesse-Direktor Oliver Zille.
Im Alter zwischen vier und sieben Jahren seien Kinder am einfachsten für das Medium Buch zu begeistern und man könne ihre natürliche Neugier nutzen. Interessierten sich Kinder bei der Einschulung noch nicht für Bücher, lasse sich kaum noch etwas ändern.Neben der Literatur spielt daher auf der am Donnerstag beginnenden Leipziger Buchmesse das Thema Leseförderung eine herausragende Rolle. Erstmals werde in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung auch ein bundesweiter Bildungskongress parallel zur Messe veranstaltet. Als Redner wird unter anderem der Wirtschafts-Nobelpreisträger James Heckman erwartet. Die Stiftung stellt zudem eine Studie zum volkswirtschaftlichen Nutzen frühkindlicher Bildung in Deutschland vor.
Zu der viertägigen Buchmesse präsentieren ab Donnerstag 2300 Aussteller aus 36 Ländern ihre Neuheiten des Literaturfrühlings. Die Zahl der Einzelstände hat sich nach Veranstalterangaben um 2,5 Prozent erhöht. Zu dem Literaturfestival «Leipzig liest», das parallel zur Buchmesse stattfindet, haben sich rund 1500 Autoren angekündigt. Darunter sind Prominente wie Martin Walser, Götz Aly, Elke Heidenreich, Clemens Meyer, Ken Follett, aber auch Jürgen Trittin, Eva Hermann und Alice Schwarzer. Stark gewachsen ist indes der Anteil der Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, rund 150 Veranstaltungen widmen sich dem Thema Bildung und Leseförderung.
Nach Einschätzung von Buchmesse-Chef Zille können Kindergärten und -tagesstätten einen großen Beitrag leisten, um Kinder für die Literatur zu begeistern. «Am wichtigsten aber sind die Eltern», betont Zille. Wenn Bücher kein «Teil der Hauskultur» seien, werde es sehr schwer, junge Menschen für Literatur zu begeistern. Literatur gehöre für ihn an den heimischen Küchentisch. Ideal wäre, wenn die Eltern zusammen mit Kindern über Bücher diskutierten und die Kleinsten dann auch aus ihrer eigenen Bücherwelt berichten könnten.
Dabei sei aber die Lust am Lesen kein Selbstzweck, erläuterte Zille. Das Verstehen von Texten sei vielmehr eine grundlegende Kulturtechnik, die für jede spätere Wissensaneignung unentbehrlich sei. Die Investition in die Kinder sei dabei die Aussichtsreichste. «Den erwachsenen Nicht-Leser bekomme ich nicht mehr umgepolt», sagte Zille.
Um mehr Familien auf die Buchmesse zu locken, werden in diesem Jahr die Betreuungsangebote ausgebaut. Erstmals werde es ein Familiencafé geben, in dem sich Kinder und Eltern gemeinsam erholen und sich mit Literatur beschäftigen können, kündigt Zille an. Zudem seien die Familien am Messe-Sonntag zu einem Literatur-Frühstück in die Glashalle auf dem Messegelände eingeladen.
Dass sich frühkindliche Bildung auch finanziell auszahlt, belegt die Studie der Bertelsmann Stiftung. Danach erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Kinder, nach der Grundschule aufs Gymnasium zu wechseln, wenn diese eine Kinderkrippe besucht hatten. Für Kinder aus benachteiligten Familien falle der Vorteil durch den Krippenbesuch noch größer aus. Und die gymnasiale Bildung wiederum rechnet sich später in barer Münze: Während ein Akademiker auf ein Lebenseinkommen von durchschnittlich 724 000 Euro hoffen kann, muss sich ein Hauptschüler mit 683 000 Euro begnügen.