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Auf der heutigen Pressekonferenz (9. Oktober) haben die Bildungssenatorin, die Kultursenatorin und der Wissenschaftssenator bekannt gegeben, dass im August 2008 ein sponsorengestütztes Projekt zur musikalischen Breitenförderung gestartet werden soll. Unter dem Motto "Jedem Kind ein Instrument - JeKi" soll irgendwann einmal jedes Hamburger Grundschulkind Gelegenheit zum Erlernen eines Musikinstruments bekommen.
Ein ähnliches Projekt wird in Nordrhein-Westfalen bereits seit längerer Zeit erprobt.Den AfS freut das sehr. Setzt er sich doch seit vielen Jahren für die Rechte der Kinder auf eine musikalische Bildung ein. Allerdings ist einiges nötig, damit das Projekt "JeKi" zu einem Leuchtturm wird. Ein Leuchtturm benötigt ein stabiles Fundament. Im Moment sieht das Projekt eher wie eine Hüpfburg aus: außen mächtig, innen heiße Luft.
1. Der Kauf von Instrumenten alleine macht noch kein gelungenes Projekt. Mit 600.000 € kann man etwa 700 Instrumente kaufen (etwa 3 pro Grundschule). Zugegeben, das ist schon ein Anfang, aber Hamburg steht vor ganz anderen Herausforderungen: noch nicht einmal die Grundversorgung der Grundschüler mit Musikunterricht ist gesichert. Die weitaus meisten erhalten bisher gar keinen Musikunterricht, da an den Grundschulen zu wenige ausgebildete Musiklehrer arbeiten. Ohne die Musiklehrer vor Ort ist keine kontinuierliche Betreuung der Instrumente und ihrer Spieler an den Schulen gegeben. Es bleibt bei der isolierten Maßnahme "Instrumentalunterricht", die sich leider schnell erledigt, denn ohne dass die Kinder ihr Instrument auch außerhalb des Instrumentalunterrichts im Klassenmusizieren benutzen, also ohne dass der Instrumentalunterricht in ein musikpädagogisches Konzept der Schulen eingebunden ist, verlieren die Kinder schnell die Lust. Erst die Musiklehrerin, der Musiklehrer vor Ort kann die Motivation sichern und so Kontinuität herstellen. Diese werden aber zu wenig ausgebildet, die ausgebildeten Musiklehrer werden - immer noch – zu selten eingestellt. Ohne die Betreuung durch Musiklehrer vor Ort in den Schulen bleibt der Leuchtturm eine Hüpfburg, das Projekt ein Wahlkampfgeplänkel.
2. Instrumentalspiel ist nur ein – wenn auch wesentlicher - Baustein des Musikunterrichts. Ohne Singen, Tanzen, Hören, ohne Konzertbesuche fehlen den Kindern wesentliche Erfahrungen. Auch dieser Aspekt muss Berücksichtigung finden.
3. Schön, dass so viele Instrumente angeschafft werden sollen. Es gibt die Instrumentallehrer aber nicht, die über die notwendigen Fähigkeiten und Methoden des Instrumentalunterrichts in den geplanten Gruppengrößen verfügen. Diese sind auch nur längerfristig zu erlernen. Es ist völlig unklar, wo in der Weise qualifizierte Instrumentallehrer in der benötigten Anzahl herkommen sollen, die für die Durchführung des Projekts notwendig ist. Ist die landesweite Umsetzung überhaupt wirklich geplant? In Kenntnis der Politik der vergangenen Jahre zweifeln wir daran. Es wäre sehr schade, wenn sich das Projekt "JeKi", das aus unserer Sicht eine echte Chance darstellen könnte, als Luftnummer der Vorwahlzeit herausstellte. Der angerichtete Schaden wäre bedeutend höher als der Kauf von 600 Instrumenten heute einen Nutzen darstellt. Es wäre zynisch den Kindern, den Wählern und auch den Mäzenen gegenüber, wenn es hier nur um den gewinn einiger Wählerstimmen ginge.
09. Oktober 2007
Arbeitskreis für Schulmusik e.V.
Landesbereich Schleswig-Holstein/Hamburg
Homepage: http://www.afs-musik.de