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In Berlin proben Jugendliche für das neue Tanzprojekt «Carmina Burana» der Berliner Philharmoniker
Berlin (ddp-bln). Kokett dreinblickende Mädchen reihen sich am Rand der Turnhalle des «Atriums» in Berlin-Reinickendorf auf. Dann wagen sich Jungs in Jogginghosen und bunten Shirts aus der Mitte heraus auf sie zu. Zunächst sind ihre Annäherungen zaghaft, schließlich zerren sie die Mädchen regelrecht an sich. Zu den Klängen von Carl Orffs Chor- und Orchesterwerk «Carmina Burana» beginnt damit eine wild getanzte Flirterei, die sich später in einen harmonischen Reigen auflösen wird. Geprobt wird das vierte Tanzprojekt der Berliner Philharmoniker.
Bekannt wurden die Tanz-Performances mit dem renommierten Orchester durch den Film «Rhythm is it». Er dokumentierte die Arbeit des Choreographen Royston Maldoom mit 250 Berliner Jugendlichen zu Igor Stravinskys «Le Sacre du Printemps». Für die «Carmina Burana» machte sich Maldoom mit Kollege Volker Eisenach erneut daran, mit Laien eine Choreographie einzustudieren.
«Das reicht noch lange nicht», ruft Eisenach den Jugendlichen während der Probe zu und fordert sie auf: «Macht viel mehr Unsinn, lasst die Sau raus!» Der nächste Durchlauf ist kraftvoller, chaotischer und energiegeladener. Die Jungen und Mädchen zwischen 15 und 20 Jahren aus verschiedenen Berliner Grund- und Oberschulen haben spürbar Freude bei der Sache.
«Es macht richtig Spaß», sagt Nadine. Die 18-Jährige machte schon einmal bei einem Projekt der «Faster-than-Light-Dance-Company» mit, die auch bei der «Carmina Burana» dabei ist. Nadines 17-jährigen Freund Christian reizt vor allem «das Sportliche, das Anstrengende».
Insgesamt treten über 200 Tänzerinnen und Tänzer bei der Inszenierung am 13. und 14. Mai in der Treptower «Arena» auf. Rund dreißig von ihnen sind Senioren, die anderen Jugendliche und Kinder. «Sie haben so eine unbändige Energie», sagt Eisenach. «Sie sind viel offener als Profitänzer und noch nicht so besetzt von Techniken», ergänzt Choreografie-Assistentin Anja Müller.
Beim Improvisieren robben die Jungen und Mädchen geschmeidig über den Boden oder tänzeln drehend durch die Halle. Selbst die spontanen Bewegungen wirken wie eine abgestimmte Massenszene. Viele der Tanzenden haben plötzlich eine ungeahnte Ausstrahlung. «Das war wunderschön, sehr konzentriert», lobt Müller.
«Ich betrachte sie nicht als Sorgenkinder von der Hauptschule oder als Gymnasiasten. Für mich sind sie Tänzerinnen und Tänzer», sagt Eisenach. Das Schwierigste sei jedoch, alle mit ihren unterschiedlichen Niveaus bis an ihre Grenzen zu fordern, aber nicht zu überfordern. «Wir wollen ihnen Rückgrat geben und ihr Selbstvertrauen stärken», sagt der Choreograf.
Den Jugendlichen würden mit der Musik und dem Tanzstil Erfahrungen geboten, die sie ohne das Projekt nie gewonnen hätten. Durch den Tanz erführen sie, "dass sie ihr Leben in andere Bahnen lenken können», sagt Eisenach.
Trotz Erschöpfung sind Nadine und Christian hochmotiviert. Und sehr zufrieden mit ihren Lehrern. «Die powern nicht nur, sondern machen auch Witze», sagt Nadine: «Die machen das richtig gut.»